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Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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zur anderen Seite, nahm den Jagdbogen. Keine Zeit, den Köcher umzuschnüren, er schob ihn sich einfach in den Gürtel.
    Er holte hart und knisternd Luft, unterdrückte den nächsten Hustenanfall und legte einen Pfeil auf die Sehne, spannte den Bogen, und in einem Rutsch schob er die Bogenspitze hinter den Fensterladen, riss ihn auf, sprang auf, lehnte sich aus dem Fenster und ließ die Luft langsam durch die gespitzten Lippen entweichen.
    Männer krochen durch die Schatten vor dem Sockel der hinteren Mauer. Einer sah hoch, mit großen Augen in seinem runden Gesicht, und Savian schoss ihm keine zwei Schritt entfernt durch den Mund. Schnell nockte er den nächsten Pfeil ein. Ein Pfeil flog an ihm vorüber, streifte sein Haar. Er spannte den Bogen, ruhig und gelassen. Dann sah er das Licht, das sich auf der Pfeilspitze des anderen Schützen brach, der gerade dasselbe tat. Schoss ihn in die Brust. Legte wieder einen Pfeil auf. Sah einen Mann vorüberlaufen. Traf auch ihn und sah, wie er sich im Schnee zusammenkrümmte. Knirschende Schritte, als der letzte Gegner die Flucht ergriff. Savian zielte und schoss ihm in den Rücken, und der andere kroch davon und wimmerte und hustete, und Savian nockte den nächsten Pfeil ein und schoss noch einmal auf ihn, stieß die Läden mit dem Ellenbogen wieder zu und atmete ein.
    Ihn packte ein Hustenanfall, und er lehnte sich erschauernd gegen die Wand. Von unten hörte er wildes Gebrüll, das Klappern von Metall, Fluchen, Krachen, Reißen, Kämpfen.
    Er stolperte zum vorderen Fenster, legte einen Pfeil auf, sah zwei Männer auf die Tür zulaufen, schoss einem ins Gesicht, und der stürzte zu Boden. Der andere kam stolpernd zum Stehen und duckte sich dann seitlich weg. Pfeile blitzten im Feuerschein und schlugen klappernd gegen die Vorderfront des Hauses, als Savian beiseiteglitt.
    Mit einem Knacken brachen die Läden des rückwärtigen Fensters auf und offenbarten ein viereckiges Stück Nachthimmel. Savian sah eine Hand auf dem Fensterbrett, ließ den Bogen fallen und riss den Streitkolben an sich, tat einen flachen, kurzen Schlag, um nicht gegen die Dachbalken zu stoßen, und traf damit einen behelmten Kopf, der sich gerade über den Sims schob, sodass dessen Besitzer taumelnd in die Nacht fiel.
    Er wirbelte herum, als sich eine schwarze Gestalt am nächsten Fenster zeigte und ein Mann mit einem Messer zwischen den Zähnen auf den Dachboden kletterte. Savian sprang auf ihn zu, aber der Stiel des Streitkolbens prallte von seiner Schulter ab, und sie rangen und kämpften, knurrten einander an. Savian spürte einen brennenden Schmerz im Bauch, fiel gegen die Wand, der andere stürzte auf ihn, und er tastete nach dem Messer in seinem Gürtel. Eine Seite des Söldnergesichts war vom Feuerschein erhellt, und Savian stach danach, zerfetzte es, eine schwarze Masse hing von seinem Kopf, als er davonstolperte und blindlings um sich schlug. Savian rappelte sich mühsam auf und stürzte sich auf ihn, riss ihn zu Boden und stach und hustete und stach, bis der andere sich nicht mehr bewegte, kniete über ihm, und jedes Husten zerrte an der Wunde in seinem Bauch.
    Von unten drang nun ein blubbernder Schrei, und Savian hörte, wie jemand »Nein! Nein! Nein!« kreischte, wimmernd und verzweifelt, und er hörte Lamm knurren: »O doch, du Arschloch!« Zwei schwere Schläge, dann lange Stille.
    Lamm stieß eine Art Stöhnen aus, dann ertönte ein neuerliches Krachen, als ob etwas umgestoßen wurde.
    »Alles klar bei dir?«, rief Savian, und seine eigene Stimme klang gepresst und seltsam.
    »Noch atme ich!«, war nun Lamm zu hören, noch seltsamer. »Und du?«
    »Hab eine Schramme abbekommen.« Savian löste die Hand von seinem tätowierten Bauch, und darunter trat schimmerndes Blut hervor. Viel Blut.
    Er wünschte sich, noch ein letztes Mal mit Corlin reden zu können. Um ihr all das zu sagen, was man immer denkt, aber dann doch nicht ausspricht, weil es so schwer in Worte zu fassen ist, und weil man ja auch noch jede Menge Zeit hat. Wie stolz er auf das war, was sie geworden war. Wie stolz ihre Mutter gewesen wäre. Dass sie den Kampf weiterführen sollte. Er verzog das Gesicht. Vielleicht auch, dass sie den Kampf aufgab, denn schließlich hatte man nur ein Leben, und wollte man später wirklich zurückblicken und nichts als Blut an den eigenen Händen sehen?
    Aber es war zu spät, um ihr etwas zu sagen. Er hatte seinen Weg gewählt, und hier endete er. Insgesamt gesehen hatte er sich gar nicht

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