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Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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Dachboden, in dem zertrümmerte Möbel lagen, eine Matratze, aus der das Stroh herausquoll, aber er entdeckte kein Lebenszeichen. Vorsichtig schob er einige Glutnester beiseite und stemmte sich hoch, zog seinen Säbel, dessen Metall in der Nacht schimmerte, furchtlos, rechtschaffen, göttlich. Dann schlich er langsam voran, behielt die Treppe im Auge, in der die schwarzen Schatten lauerten. Von unten hörte er ein Geräusch, ein gleichmäßiges Wumm, Wumm, Wumm .
    Er beugte sich vorn aus dem Fenster und sah seine drei Männer dort unten zusammengedrängt stehen. Mit einem Zischen machte er sie auf sich aufmerksam, und der Vorderste trat die Tür auf und sprang ins Haus. Jubair dirigierte die beiden anderen zur Treppe. Dann spürte er, dass unter seinem Stiefel etwas nachgab, als er sich umdrehte. Eine Hand. Er bückte sich und zog einen Balken beiseite.
    »Conthus ist hier!«, rief er.
    »Lebt er?«, ertönte Lorsens schrilles Blöken.
    »Er ist tot.«
    »Verdammt noch eins!«
    Jubair hob auf, was von dem Rebellen noch übrig war, und stieß den Leichnam über die demolierten Überreste der Mauer, wo er über den Schnee rollte, der dort vor dem Gebäude zusammengeweht war, und dann blutig und zerschlagen liegen blieb, die Tätowierungen von einem Dutzend Wunden zerrissen. Jubair dachte an die Parabel vom stolzen Mann. Gottes Gericht kommt über die Großen wie über die Kleinen, alle gleichermaßen machtlos im Angesicht des Allmächtigen, unvermeidlich und unumstößlich, und so war es, so war es. Nun war da nur noch der Nordmann, und wie furchterregend er auch sein mochte, Gott hatte auch über ihn schon ein Urteil gefällt …
    Ein Schrei zerriss die Nacht, dann ertönten von unten ein Krachen, Brüllen und Stöhnen und ein Knirschen von Metall, dann ein seltsames, abgehacktes Lachen und wieder ein Schrei. Jubair schritt hinüber zur Treppe. Nun kam ein Heulen, so schrecklich wie die sündigen Toten, die der Hölle ausgeliefert waren, und verebbte dann blubbernd. Jubairs Säbelspitze wies ihm den Weg. Furchtlos, rechtschaffen … Er zögerte und fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Wer Angst fühlte, war ohne Glauben. Es ist dem Menschen nicht gegeben, Gottes Pläne zu verstehen. Er kann nur den Platz akzeptieren, der ihm darin zukommt.
    Und so biss er die Zähne zusammen und schlich die Stufen hinunter.
    Unten war es finster wie in der Hölle, das Licht fiel in Strahlen aus flackerndem Rot, Orange, Gelb durch die Löcher in der Vorderwand und warf seltsame Schatten. Finster wie die Hölle war es, und es stank nach Tod, und der Gestank war so stark, dass er beinahe wie etwas Körperliches wirkte. Jubair hielt immer wieder mal den Atem an, als er hinabstieg, eine knarrende Stufe nach der anderen, während sich seine Augen nach und nach an die Dunkelheit gewöhnten.
    Was würde sich ihm offenbaren?
    Die ledernen Vorhänge, die den Raum geteilt hatten, hingen zerrissen und bespritzt mit schwarzen Flecken da, bewegten sich ein wenig, als ob der Wind hineinfasste, obwohl hier alles still war. Sein Stiefel stieß am Ende der Treppe gegen etwas, und er sah hinunter. Ein abgetrennter Arm. Stirnrunzelnd folgte sein Blick der schimmernden Spur zu einem schwarzen Etwas, Fleisch, das verstümmelt, zermalmt und unmenschlich zugerichtet worden war, zerhackt und in unheiligen Formationen wieder verdreht, die Eingeweide herausgerissen, neu angeordnet und in schimmernden Ringeln auseinandergezogen.
    In der Mitte stand ein Tisch, und auf dem Tisch lag ein Stapel Köpfe, und als das Licht der Flammen draußen zuckte, sahen sie Jubair an, mit Augen, die ihn schrecklich leer, abstoßend verrückt, seltsam fragend, zornig anklagend anblickten.
    »Gott …«, sagte er. Jubair hatte im Namen des Allmächtigen einiges an Gemetzel angerichtet, und dennoch, so etwas hatte er noch nie gesehen. Das stand in keiner Schrift, außer vielleicht im verbotenen siebten der sieben Bücher, das versiegelt im Tabernakel des großen Tempels von Schaffa lag und in dem jene Dinge aufgeführt worden waren, die Glustrod aus der Hölle mitgebracht hatte.
    »Gott …«, murmelte er. Und abgehacktes Gelächter blubberte aus den Schatten, die Häute bewegten sich und rasselten an den Ringen, an denen sie aufgehängt waren. Jubair sprang vor, stach zu, schlug in die Dunkelheit, erwischte nichts außer den flatternden Lederstücken, die Klinge verhedderte sich darin, er rutschte auf Eingeweiden und Blut aus, stürzte, erhob sich wieder, drehte sich um die

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