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Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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schlecht gemacht. Ein paar gute Dinge, ein paar schlechte, ein paar, auf die man stolz sein, und ein paar, für die man sich schämen konnte, wie bei den meisten Menschen. Er kroch hustend zu den vorderen Fenstern, nahm einen der Flachbögen und versuchte, mit seinen klebrigen Händen die Spannschnur zu fassen. Verdammte Finger. Die hatten einfach nicht mehr dieselbe Kraft wie früher.
    Er stand neben dem Fenster, unten bewegten sich noch immer Männer, die Hütte, die er mit der Lampe angezündet hatte, stand inzwischen in hellen Flammen, und er brüllte in die Nacht hinaus: »Ist das alles, was euch einfällt?«
    »Zu eurem Pech«, schallte Coscas Stimme zurück, »nein!«
    Etwas funkelte und zischte in der Dunkelheit, und dann gab es einen Blitz, der alles taghell erleuchtete.
    Es war ein Lärm gleich der Stimme Gottes, wie es in den Schriften hieß, der die Stadt der anmaßenden Nemai mit dem Hauch eines Flüsterns dem Erdboden gleichmachte. Jubair löste die Hände von den Ohren, und trotzdem klingelte noch immer alles. Dann sah er mit zusammengekniffenen Augen zu dem Fort hinüber, als sich der erstickende Qualm allmählich lichtete.
    An dem Gebäude war großer Schaden entstanden. Die Wände des unteren Stockwerks waren mit fingerdicken, faustgroßen und kopfgroßen Löchern durchsiebt. Das obere Geschoss hatte sich von der Welt verabschiedet, die gesplitterten Planken rauchten teilweise noch, an einer Ecke hingen noch drei geborstene Balken aneinander und erinnerten zumindest ein wenig daran, welche Form das Haus zuvor gehabt hatte. Dann ertönte ein Knirschen, und das halbe Dach stürzte ein; kaputte Schindeln schlitterten zu Boden.
    »Beeindruckend«, sagte Brachio.
    »Der geharnischte Blitz«, raunte Jubair und betrachtete mit gerunzelter Stirn das Messingrohr. Es war von der Wucht der Explosion fast von seinem Träger gerissen worden und saß nun etwas schief in seiner Halterung, und noch immer stieg Rauch aus seiner geschwärzten Mündung. »Eine solche Kraft sollte allein Gott besitzen.«
    Er fühlte Coscas Hand auf seiner Schulter. »Und dennoch leiht Er sie uns bisweilen, damit wir Sein Werk vollbringen. Nehmen Sie ein paar Männer und suchen Sie diese beiden alten Arschlöcher.«
    »Ich will Conthus lebend!«, schnarrte Lorsen.
    »Wenn möglich.« Der Alte beugte sich zu Jubair und flüsterte: »Aber tot ist genauso gut.«
    Jubair nickte. Er war schon vor langen Jahren zu dem Schluss gekommen, dass Gott manchmal durch den Mund Nicomo Coscas sprach. Ein unwahrscheinlicher Prophet, hätte man meinen können – ein verräterischer, gesetzloser, versoffener Rosig, der in seinem ganzen langen Leben noch kein einziges Gebet gesprochen hatte –, aber seit dem ersten Augenblick, da Jubair ihn in der Schlacht erlebt hatte und merkte, dass er keine Angst kannte, hatte er in ihm einen Splitter des Göttlichen wahrgenommen. Ganz sicher wanderte er in Gottes Schatten, wie der Prophet Khalul, der einst, allein von seinem Glauben beschützt, durch einen Pfeilhagel gegangen war, ohne einen Kratzer davonzutragen, und so den Imperator der Gurkhisen dazu zwang, sein Versprechen einzuhalten und sich dem Allmächtigen demütig zu Füßen zu werfen.
    »Ihr drei«, sagte er und deutete mit dem Finger auf einige seiner Männer, »auf mein Zeichen stürmt ihr die Tür. Ihr drei, ihr kommt mit mir mit.«
    Einer von ihnen, ein Nordmann, schüttelte den Kopf, die Augen entsetzt geweitet wie zwei Vollmonde. »Das ist … er «, flüsterte er.
    »Er?«
    »Der … der …« Und in sprachlosem Schweigen knickte er den Mittelfinger der linken Hand ein, dass er eine Lücke ließ.
    Jubair schnaubte. »Dann bleibst du eben hier, du Narr.« Er spazierte zur Seite des Gebäudes, durch Schatten und noch tiefere Schatten, und sie kümmerten ihn nicht, denn er trug das Licht Gottes in sich. Seine Männer spähten in das Gebäude, atmeten keuchend, hatten Angst. Sie hielten die Welt für einen komplizierten Ort voller Gefahren. Sie taten Jubair leid. Die Welt war einfach. Die einzige Gefahr lag darin, Gottes Absichten im Wege zu stehen.
    Auf dem Schnee hinter dem Gebäude lagen überall Bruchstücke von Bauholz, Mauersteinen und Staub. Und außerdem mehrere von Pfeilen getroffene Männer, von denen einer an die Wand gelehnt dasaß und leise gurgelte, die Hand um einen Pfeil gelegt, der in seinem Mund steckte. Jubair verschwendete keinen weiteren Blick an sie und kletterte ruhig an der Hauswand empor. Er blickte in den zerstörten

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