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Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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wenn du eine Fähre über die Straße anbietest.«
    Der Wirt betrachtete seine Gäste ohne allzu große Begeisterung. »Ich hätte nichts gegen ein Geschäft, das ein bisschen was abwirft. Dauernd höre ich, dass Leute durch Naheland ziehen, aber hier tauchen jedenfalls kaum welche auf. Willst du was trinken?«
    Lamm zog seine Handschuhe aus und warf sie achtlos auf den Tresen.
    »Ich nehm ein Bier.«
    Der Wirt griff nach einem der Metallbecher, die er mit dem Lappen blank geputzt hatte.
    »Den nicht.« Lamm deutete auf einen großen Tonkrug, ein altmodisches Ding, das auf einem der Regale Staub ansetzte. »Ich mag Sachen, die sich gut anfassen.«
    »Reden wir jetzt von Krügen oder von Weibern?«, fragte der Wirt, als er sich nach dem Gewünschten reckte.
    »Vielleicht ja von beidem?« Lamm grinste. Wie konnte er jetzt nur lächeln? Scheus Augen zuckten hinüber zu den drei Männern am anderen Ende des Tresens, die still über ihre Becher gebeugt dasaßen.
    »Woher kommst du denn?«, fragte der Wirt.
    »Von Osten.« Lamm schüttelte den durchweichten Mantel ab. »Genauer gesagt, von Nordost, aus der Nähe von Handelsguth.«
    Einer der drei, der mit dem roten Haar, sah zu Lamm herüber, schniefte und guckte weg.
    »Das ist ja eine ganz schöne Strecke. Dürften an die hundert Meilen sein.«
    »Vielleicht sogar mehr, so wie ich gefahren bin, noch dazu auf einem Scheiß-Ochsenkarren. Mein alter Arsch fühlt sich an wie Hackfleisch.«
    »Nun ja, falls du weiter nach Westen willst, würde ich mir das an deiner Stelle noch mal überlegen. Jede Menge Leute rennen dahin und sind gierig nach Gold. Ich hab gehört, sie hätten die Geister wieder aufgestachelt.«
    »Tatsächlich?«
    »Das ist wirklich so, mein Freund«, stieß der Mann in dem Pelzmantel hervor, der seinen Kopf vorstreckte wie eine Schildkröte, die aus ihrem Panzer lugt. Er hatte die tiefste, grollendste Stimme, die Scheu je gehört hatte, und ihr waren schon viele raue Töne zu Ohren gekommen. »Die sind aufgescheucht bis hinauf nach Fernland, als hätte man in einen Ameisenhügel getreten. Jetzt rotten sie sich hitzig zusammen und sind auf der Jagd nach Ohren, genau wie in alten Zeiten. Nach dem, was ich gehört habe, hat sogar Sangied wieder sein Schwert gezogen.«
    »Sangied?« Der Wirt bewegte den Kopf, als ob ihm der Kragen zu eng sei.
    »Der Kaiser der Großen Ebene höchstselbst.« Scheu hatte den Eindruck, als ob der alte Drecksack großen Spaß daran hatte, diese Gruselgeschichten zu verbreiten. »Seine Geister haben eine ganze Gruppe von Goldsuchern massakriert, die in den staubigen Gegenden unterwegs waren. Vielleicht dreißig Männer. Haben ihnen die Ohren und Nasen abgeschnitten, und ich würd mich nicht wundern, wenn sie auch noch ihre Schwänze mitgenommen hätten.«
    »Was zur Hölle machen sie damit?«, fragte der Bauer, der die alte Geisterfrau anstarrte und sich schüttelte. Sie sagte nichts. Rührte sich nicht einmal.
    »Wenn du fest entschlossen bist, nach Westen zu gehen, dann würde ich einen Haufen Leute mitnehmen und darauf achten, dass die jede Menge Humor und vor allem jede Menge Stahl dabei haben. Das würde ich.« Damit versank der Alte wieder in seinem Pelz.
    »Ein guter Rat.« Lamm hob den großen Krug und nahm einen langen Schluck. Scheu schluckte im Geiste mit und hatte plötzlich wahnsinnig gern selbst ein Bier gehabt. Aber zur Hölle, sie wollte hier raus. Raus, oder die Sache hinter sich bringen. Aber irgendwie zeigte Lamm jetzt genauso viel Geduld wie beim Pflügen. »Eigentlich weiß ich noch gar nicht so genau, wo ich eigentlich hinwill.«
    »Was hat dich denn hergeführt?«, fragte der Wirt.
    Lamm hatte bereits seine feuchten Hemdsärmel ein wenig aufgerollt, und die dicken Muskeln seiner grau behaarten Unterarme spielten. »Bin ein paar Männern gefolgt.«
    Der Rotschopf sah wieder herüber, und ein Zucken lief über seine Schultern bis hoch zu seinem Gesicht. Dieses Mal sah er nicht wieder weg. Scheu ließ das Messer aus ihrem Ärmel gleiten, versteckt hinter ihrem Arm, die Finger heiß und klebrig am Griff.
    »Wieso denn das?«, fragte der Wirt.
    »Die haben meinen Hof niedergebrannt. Meine Kinder verschleppt. Einen Freund aufgehängt.« Lamm erzählte das, als müsste man diese Taten nicht weiter kommentieren; dann hob er den Krug.
    Im Raum war es plötzlich so still geworden, dass man ihn schlucken hören konnte. Einer der Händler hatte sich umgewandt, um zum Tresen zu sehen, und seine Stirn war sorgenvoll

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