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Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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Dahinter stand der Tavernenwirt, oder, wie man angesichts der Umstände wohl eher sagen musste, der Schweinestallwirt, und wischte ein paar Becher aus.
    Der schmale, niedrige Raum war alles andere als voll, was angesichts des schlechten Wetters draußen kein gutes Zeichen war. Zwei Frauen waren unter einer Gruppe von fünf Leuten, die Scheu für Händler hielt, allerdings nicht für besonders wohlhabende; sie saßen an dem am weitesten von ihr entfernten Tisch über ein paar Suppenteller gebeugt. Ein knochiger Mann hockte an einem anderen, mit nicht mehr Gesellschaft als einem Becher und einem müden Blick. Den Blick kannte sie aus dem schwarzfleckigen Spiegel, den sie früher besessen hatte, und daher vermutete sie, dass es sich um einen Bauern handelte. Am Tisch daneben hatte sich ein Kerl in einem Pelzumhang hingefläzt, der so groß war, dass er darin zu ertrinken schien. Oben sah ein grauer Haarschopf heraus, gekrönt von einem Hut, in dessen Band ein paar speckige Federn steckten, und auf der Holzplatte vor ihm stand eine halb leere Flasche. Gegenüber saß so aufrecht wie ein Richter bei einer Verhandlung eine alte Geisterfrau mit einer gebrochenen und dann schief zusammengewachsenen Nase, die sich das graue Haar mit etwas zusammengebunden hatte, das wie eine alte kaiserliche Flagge aussah, und deren Gesicht von so tiefen Falten durchzogen wurde, dass man darin ein paar Teller zum Trocknen hätte aufstellen können. Wenn man noch Teller gehabt hätte und die nicht zusammen mit dem schwarzfleckigen Spiegel und allen anderen Besitztümern in Rauch aufgegangen wären.
    Scheus Augen krochen zu den letzten Mitgliedern der lustigen Truppe – so zögernd, als hätte sie am liebsten so getan, als seien sie gar nicht da. Aber das waren sie. Drei Männer, eng zusammengerückt. Sie sahen aus wie Unionisten, soweit man überhaupt sagen konnte, woher irgendwelche Leute stammten, wenn sie eine Zeitlang dem Dreck und dem Wetter Nahelands ausgesetzt gewesen waren. Zwei waren jung, einer mit verzotteltem rotem Haar, der immer wieder seltsam zuckte, als hätte er eine Fliege auf dem Rücken. Der andere hatte ein hübsch geschnittenes Gesicht, soweit Scheu das sagen konnte, da sie seitlich von ihm stand, und er trug einen Schaffellmantel, der von einem ausgefallenen, metallbeschlagenen Gürtel zusammengehalten wurde. Der dritte war älter, trug einen Bart und einen hohen, wettergegerbten Hut, den er sich ein bisschen schief aufgesetzt hatte, als ob er eine Menge von sich hielt. Was schließlich die meisten Männer taten, meist umgekehrt proportional zu dem, was sie wirklich taugten.
    Er hatte einen Säbel – Scheu sah die abgestoßene Messingspitze der Scheide durch den Schlitz in seinem Mantel ragen. Der Hübsche hatte eine Axt und ein schweres Messer im Gürtel stecken, außerdem ein aufgerolltes Seil. Rotschopf saß mit dem Rücken zu ihr, deswegen konnte sie ihn nicht genau in Augenschein nehmen, aber er hatte mit Sicherheit auch eine oder zwei Klingen zu bieten.
    Sie konnte kaum glauben, wie gewöhnlich sie waren. Wie unauffällig, dreckig und alltäglich, ganz wie die tausend anderen Herumtreiber, die sie durch Handelsguth hatte kommen sehen. Sie sah den Hübschen die Hand zurückziehen und den Daumen in den ausgefallenen Gürtel schieben, während seine Finger gerade ausgestreckt nach unten zeigten. Wie man das eben so tat, wenn man nach einem langen Ritt am Tresen lehnte. Nur hatte sein Ritt an ihrem abgebrannten Hof vorbeigeführt, mitten durch ihre zerstörten Hoffnungen, und er hatte ihren Bruder und ihre Schwester in wer weiß was für eine Dunkelheit verschleppt.
    Sie biss die Zähne zusammen und glitt in den Raum, hielt sich in den Schatten, zwar ohne sich direkt zu verbergen, aber doch um Unauffälligkeit bemüht. Das war nicht allzu schwer, weil Lamm genau das Gegenteil tat, ganz entgegen seiner sonstigen Gewohnheit. Er schlenderte zum anderen Ende des Tresens und beugte sich dann vor, die Fäuste auf das raue Holz gestützt.
    »Ihr begrüßt uns ja mit tollem Wetter«, sagte er zu dem Tavernenwirt, zog den Hut vom Kopf und schüttelte mit großer Geste das Wasser ab, sodass jeder, der halbwegs bei Verstand war, zu ihm herübersah. Nur die tief liegenden Augen der alten Geisterfrau folgten Scheu, als sie an der Wand entlanghuschte, doch dagegen konnte sie nichts tun.
    »Ist bisschen feucht draußen, was?«, erwiderte der Wirt.
    »Wenn das noch ein bisschen schlimmer wird, dann kannst du dir was dazuverdienen,

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