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Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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verscheuchte eine Fliege, und dann bückte er sich, als habe er sich gerade erst an etwas erinnert, ebenso steif nach seinem Schwert, bevor er von der Veranda stieg.
    »Was liegt an, Danard?«, fragte er mit einer verschleimten, krächzenden Stimme.
    »Die zwei haben wir im Wirtshaus erwischt«, sagte der Knochige.
    »Erwischt?«, fragte Tempel. »Wir sind reingekommen und haben euch angesprochen.«
    »Klappe halten«, schnauzte der Knochige.
    »Halt doch selber die Klappe«, sagte Sufeen.
    Scheel vollführte eine Mischung aus Kotzen und Räuspern und schluckte das, was er dabei zutage gefördert hatte, sofort wieder runter. »Schauen wir doch mal, ob wir nicht eine gute Aufteilung aus Zuvielreden und Garnichtreden hinbekommen. Ich bin Scheel. Ich spreche für die Rebellen in dieser Gegend.«
    »Für alle vier?«, fragte Tempel.
    »Es gab mehr.« Scheel sah eher traurig als wütend aus. Überhaupt wirkte er ganz und gar ausgelaugt, und das legte zumindest ein wenig die Hoffnung nahe, dass er zum Aufgeben bereit sein würde.
    »Ich heiße Sufeen, und ich bin gekommen, um euch zu warnen …«
    »Offenbar sind wir umzingelt«, erklärte Danard abfällig. »Und wenn wir uns der Inquisition ergeben, dann steht Averstock vielleicht noch einen Tag länger.«
    Scheel richtete seine verwässerten grauen Augen auf Tempel. »Du musst zugeben, dass diese Geschichte etwas weit hergeholt klingt.«
    Leicht oder schwer, es spielte keine Rolle, welchem krummen Pfad sie hierher gefolgt waren, jetzt gab es nur noch einen Weg hinaus, und der lag darin, diesen Mann davon zu überzeugen, dass sie die Wahrheit gesagt hatten. Tempel fixierte ihn mit seinem ehrlichsten Blick. Den, mit dem er Kahdia überzeugt hatte, dass er nicht wieder stehlen würde, mit dem er seine Frau überzeugt hatte, dass alles wieder gut werden würde, mit dem er Cosca davon überzeugt hatte, dass er ihm trauen konnte. Hatten sie ihm nicht alle geglaubt?
    »Mein Freund sagt die Wahrheit.« Er sprach langsam, vorsichtig, als ob nur sie beide hier seien. »Kommt mit uns, und dann können wir einige Leben retten.«
    »Er lügt.« Der Knochige stieß Tempel mit dem Knauf von Sufeens Säbel in die Seite. »Da oben ist niemand.«
    »Wieso sollten wir hierherkommen, um zu lügen?« Tempel ignorierte die Stöße und hielt die Augen weiter auf das erschöpfte Gesicht des Alten gerichtet. »Welchen Vorteil hätten wir dadurch?«
    »Wieso solltet ihr das überhaupt tun?«, fragte Scheel.
    Tempel hielt kurz inne, den Mund halb offen. Wieso sagte er nicht die Wahrheit? Das war zumindest einmal etwas Neues. »Es hing uns zum Hals raus, das nicht zu machen.«
    »Hm.« Offenbar hatte er damit einen wunden Punkt berührt. Die Hand des Alten entfernte sich vom Schwertgriff. Er ergab sich noch nicht. Bis dahin war noch ein weiter Weg, aber es war ein erster Schritt. »Falls ihr wirklich die Wahrheit sagt und wir aufgeben, was geschieht dann?«
    Zu viel Wahrheit ist immer ein Fehler. Tempel blieb bei der Offenherzigkeit. »Die Einwohner von Averstock werden verschont, das verspreche ich euch.«
    Der Alte räusperte sich wieder. Gott, seine Lungen hörten sich wahrlich schlimm an. Konnte es sein, dass er ihnen allmählich Glauben schenkte? War es möglich, dass es wirklich klappte? Dass sie nicht nur den Tag überleben, sondern vielleicht sogar noch ein paar Leben retten würden? Dass er etwas tat, das Kahdia stolz gemacht hätte? Der Gedanke gab Tempel selbst ein Gefühl von Stolz, wenn auch nur kurz. Er wagte ein kleines Lächeln. Wann hatte er das letzte Mal Stolz empfunden? Hatte er das überhaupt schon jemals getan?
    Scheel öffnete den Mund und wollte etwas sagen, wollte nachgeben, sich ergeben … und hielt dann inne, um mit gerunzelter Stirn über Tempels Schulter zu blicken.
    Der Wind trug ganz leise Geräusche zu ihnen heran. Hufschlag. Hufschlag von Pferden. Tempel folgte dem Blick des alten Rebellen und sah vom grasbewachsenen Rand des Tals einen Reiter in vollem Galopp herunterpreschen. Auch Scheel sah ihn und legte die Stirn verwirrt in Falten. Noch mehr Reiter folgten dem ersten, strömten den Hang herunter, bald ein Dutzend, bald noch mehr.
    »Nein«, raunte Tempel.
    »Tempel!«, zischte Sufeen.
    Scheels Augen weiteten sich. »Ihr Arschlöcher!«
    Tempel hob die Hand. »Nein!«
    Er hörte ein Schnaufen nahe an seinem Ohr, und als Tempel sich umwandte, um Sufeen zu sagen, dass dies wohl kaum der richtige Moment sei, sah er seinen Freund und Danard, die in einer wilden

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