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Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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Kinder mit ihrem Gejammer, ihren Empfindlichkeiten und ihren endlosen, anstrengenden, erdrückenden Bedürfnissen. Wann halten wir an? Wann essen wir? Wann sind wir in Knick? Ihre Ungeduld war umso schwerer zu ertragen, da es ihr selbst nicht anders ging. Sie alle wünschten sich sehnlichst irgendetwas herbei, das die gleichförmige, langsame Endlosigkeit ihrer Reise unterbrochen hätte. Es war inzwischen schon längst Herbst, aber abgesehen davon, dass der Wind einen noch eisigeren Biss hatte als zuvor, woran konnte man hier draußen überhaupt die Zeit ablesen? Es war alles so endlos flach und eben, und trotzdem hatte sie das Gefühl, sich einen Berg hinauf zu mühen, der mit jedem Tag, der sich vorbeischleppte, steiler wurde.
    Sie hörte, wie Lady Ingelstad ihre Röcke fallen ließ, und merkte, wie sie sich neben sie drängte. Das Fernland war ein großer Gleichmacher. Eine Frau, die sie in der Zivilisation nicht einmal von hinten angesehen hätte, deren Mann zwar ein Narr war, aber trotzdem im Offenen Rat der Union gesessen hatte, hockte sich nun hier mit ihr zum Pinkeln hin. Sisbett Pet nahm nun ihren Platz in der Mitte des Kreises ein, hockte sich geschützt vor neugierigen Augen über den Eimer. Die Kleine war höchstens sechzehn und frisch verheiratet, ganz offensichtlich noch immer sehr verliebt; und sie redete immer, als sei ihr Ehemann die Antwort auf alle Fragen. Das gute Kind. Sie würde auch schon noch dahinterkommen.
    Luline entdeckte, dass dieser schleimige Häcke zu ihnen herüberspähte, als er auf seinem verlausten Maultier an ihnen vorüberritt, und sie blickte streng zurück und drängte sich enger an Lady Ingelstads Schulter, stemmte die Hände in die Hüften und machte sich groß, oder zumindest so groß wie möglich, damit er auf keinen Fall mehr zu sehen bekam als ihre Missbilligung. Dann schlenderte Raynault heran, schob sich zwischen Häcke und die Frauen und brachte ein stockendes Gespräch in Gang.
    »Ein guter Kerl, Ihr Ehemann«, bemerkte Lady Ingelstad anerkennend. »Man kann sich immer darauf verlassen, dass er alles tut, um den Anstand zu wahren.«
    »Ja, das kann man«, sagte Luline und versuchte, dabei so stolz zu klingen, wie sich das für eine Frau gehörte.
    Manchmal hasste sie ihren Mann, dem enervierend gleichgültig zu sein schien, wie sehr sie sich abmühen musste, und dessen Vorstellungen davon, was Frauen- und was Männerarbeit war, das Leben auch nicht leichter machten. Einen Zaunpfahl einzuschlagen und sich dann zu betrinken, das war harte Knochenarbeit, aber den ganzen Tag eine Horde Kinder zu hüten, das war reiner Spaß, für den man dankbar sein musste. Sie hob den Kopf und sah hoch oben am Himmel einige weiße Vögel, die in einer großen Pfeilformation wohin auch immer flogen, und sie wünschte, sie könnte sich ihnen anschließen. Wie viele Schritte mochte sie inzwischen neben diesem Wagen hergelaufen sein?
    Ihr hatte es in Hormring gefallen. Sie hatten nette Freunde gehabt und ein Haus, das sie nach langen Jahren endlich genau so hinbekommen hatte, wie sie es immer hatte haben wollen. Aber es hatte sie nie jemand nach ihrem Traum gefragt, o nein, es wurde von ihr erwartet, dass sie ihre guten Stühle und die gute Feuerstelle ihres Hauses einfach so verkaufte, um seinen Träumen hinterherzulaufen. Sie sah ihm nach, wie er zur Spitze des Trecks trottete und an Majud gewandt auf etwas zeigte. Große Männer, die über ihre großen Träume diskutierten.
    War ihm denn nie der Gedanke gekommen, dass sie vielleicht auch gern reiten wollte, den frischen Wind spüren und dem weiten Land entgegenlächeln, dass sie gern Vieh mit dem Seil eingefangen, über den geplanten Weg gesprochen und sich bei Versammlungen zu Wort gemeldet hätte, während er neben dem quietschenden Wagen herschlurfte, die vollgekackten Windeln ihres Jüngsten wechselte und die drei Nächstjüngeren anfuhr, mit dem Geschrei aufzuhören, während ihm alle ein oder zwei Stunden die Brustwarzen wund gebissen wurden und man von ihm erwartete, dass er abends das Essen fertig hatte und dann die ehelichen Pflichten erfüllte, egal wie wund geritten oder müde man war?
    Eine närrische Frage. Die würde ihm nie einfallen. Und wenn sie ihr einfiel, was oft der Fall war, dann gab es immer etwas, das ihr die Zunge lähmte, als ob sie stotterte, und dann zuckte sie nur die Achseln und verstummte missgelaunt.
    »Nun schau sich einer das an«, raunte Lady Ingelstad. Scheu Süd hatte sich kaum ein Dutzend Schritte

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