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Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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sie anguckten, sahen sie nur die Hure. Sie fragte sich, ob irgendjemand vom Trupp ihren Namen kannte. Man brachte ihr weniger Gefühl entgegen als dem Vieh, und ihren Wert schätzte man vermutlich sogar noch geringer ein. Was hätten ihre Eltern wohl davon gehalten, dass ihr Mädchen eine Hure geworden war? Aber mit ihrem Tod hatten sie ihren Einfluss aus der Hand gegeben, und so, wie es aussah, hatte auch Sallit selbst nicht mehr viel Einfluss auf ihr Leben. Aber wahrscheinlich gab es Schlimmeres, sagte sie sich.
    »Ist auch nur eine Art, sich seinen Lebensunterhalt zu verdienen. So muss man die Sache sehen. Du bist jung, Schätzchen. Du hast noch Zeit zu arbeiten.« Eine läufige Hündin rannte neben dem Treck her, und ein Rudel Hunde aller Formen und Größen, ein Dutzend oder mehr, folgte ihr hoffnungsvoll. »Das ist nun mal der Gang der Dinge«, sagte Goldi, die ihnen hinterhersah. »Wenn du dich anstrengst, kannst du reich werden. Reich genug, um dich irgendwann bequem zur Ruhe zu setzen jedenfalls. Das ist der Traum.«
    »Ist er das?« Für Sallit klang das nach einem ziemlich armseligen Traum. Sich damit zufriedenzugeben, dass man nicht das Schlimmste erdulden musste.
    »Zugegeben, hier ist jetzt nicht besonders viel los, aber wenn wir nach Knick kommen, dann wirst du schon sehen, wie das Geld reinrauscht. Lanklan versteht sein Geschäft, da musst du dir keine Sorgen machen.«
    Alle wollten sie nach Knick. Gleich nach dem Aufwachen sprachen sie als Erstes über die Route, wollten von Süß wissen, wie viele Meilen sie schon zurückgelegt hatten und wie viele noch vor ihnen lagen, und sie strichen diese Meilen innerlich ab wie die Tage einer harten Gefängnisstrafe. Aber Sallit fürchtete sich vor diesem Ort. Manchmal redete Lanklan davon, wie viele einsame Männer es dort gab, und seine Augen glänzten, und er sagte, sie würde dann fünfzig Freier am Tag haben, als ob das etwas sei, worauf man sich freuen konnte. Für Sallit klang es wie die Hölle. Manchmal mochte sie Lanklan nicht sehr, aber Goldi sagte, für einen Luden sei er ziemlich anständig.
    Najis’ Stöhnen erreichte allmählich seinen Höhepunkt und war nicht mehr zu überhören.
    »Wie weit ist es denn wohl noch?«, fragte Sallit, die versuchte, sich mit ein bisschen Reden davon abzulenken.
    Goldi sah mit gerunzelter Stirn zum Horizont. »Noch jede Menge Erde und jede Menge Flüsse.«
    »Das hast du schon vor Wochen gesagt.«
    »Und da hat es genauso gestimmt wie jetzt. Mach dir keine Sorgen, Schätzchen. Dab Süß wird uns schon hinführen.«
    Sallit hoffte inständig, er täte das nicht. Sie hoffte vielmehr, der alte Pfadfinder würde sie im Kreis führen, wieder zurück nach Neu-Keln, und dort würden ihre Mutter und ihr Vater vor der Tür des alten Hauses stehen und sie mit einem Lächeln begrüßen. Mehr wollte sie gar nicht. Aber sie waren am Schauer gestorben, und hier draußen im großen Nichts war kein Platz für Träume. Sie holte tief Luft, massierte sich den Schmerz aus der Nase, damit sie nicht etwa weinen musste. Das wäre den anderen gegenüber nicht fair gewesen. Ihr half es ja auch nicht, wenn sie heulten, oder?
    »Der gute alte Dab Süß.« Goldi schnalzte mit den Zügeln und mit der Zunge, um die Ochsen anzutreiben. »Angeblich hat er sich noch nie in seinem Leben verirrt.«
    »Also haben wir uns nicht verirrt«, sagte Weinender Fels.
    Süß löste den Blick von dem Reiter, der auf sie zukam, und sah mit zusammengekniffenen Augen zu ihr hoch. Sie saß auf einer der verfallenen Mauern, die untergehende Sonne im Rücken, und ließ ein Bein locker hinunterbaumeln. Zur Abwechslung hatte sie sich die alte Fahne vom Kopf gewickelt und ließ ihr Haar lang herabhängen, silbern, noch mit einigen goldenen Fäden durchzogen. »Wann hast du je erlebt, dass ich mich verirrt habe?«
    »Wann immer ich nicht da war, um dir den rechten Weg zu zeigen?«
    Er quittierte diese Bemerkung mit einem traurigen Grinsen. Auf dieser Reise hatte er sich nur ein paarmal davonstehlen müssen, um in einer klaren Nacht mit seinem Astrolabium ihre genaue Position zu bestimmen. Er hatte das hübsche Spielzeug bei einem Kartenspiel mit einem Kapitän gewonnen, und es hatte sich über die Jahre als ausgesprochen nützlich erwiesen. Manchmal war es hier draußen auf der Großen Ebene gar nicht so viel anders als auf hoher See. Es gab nichts außer dem Himmel und dem Horizont und der ständig maulenden Fracht. Ein Mann brauchte ein paar Tricks, um die eigene

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