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Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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vom Treck entfernt aus dem Sattel geschwungen, im Schatten ihres Pferds ins lange Gras gehockt und ließ es plätschern, die Zügel zwischen die Zähne geklemmt und die Hosen um die Knöchel, so dass ihr blasser Hintern von der Seite gut zu sehen war.
    »Unfassbar«, murmelte jemand.
    Sie zog sich die Hosen wieder hoch, winkte freundlich und schloss dann ihren Gürtel, ließ die Zügel aus dem Mund in die Hände fallen und war schon wieder im Sattel. Die ganze Sache hatte nur einen winzigen Augenblick gedauert, und sie hatte es genau dann und genau so gemacht, wie sie wollte. Luline Buckhorm betrachtete mit finsterem Gesicht den Kreis, den sie mit den anderen Frauen bildete, züchtig nach außen blickend, damit sich diese ganzen Huren abwechselnd über den Eimer hocken konnten. »Gibt’s irgendeinen Grund, weswegen wir es nicht auch so machen können?«, fragte sie mit gedämpfter Stimme.
    Lady Ingelstad bedachte sie mit einem grimmigen, eisernen Blick. »Aber ganz gewiss!« Sie sahen Scheu Süd nach, die nun weiterritt und Süß etwas zurief, bei dem es irgendwie darum ging, dass die Lücken zwischen den einzelnen Wagen zu groß waren. »Obwohl es mir im Augenblick nicht einfällt.«
    Ein heller Schrei, der nach ihrer ältesten Tochter klang, ließ Luline das Herz bis zum Hals schlagen. Sie machte einen langen, panikerfüllten Satz in die Richtung, aus der er erklungen war, sah dann aber, dass die Kinder wieder nur auf dem Kutschbock rangelten, kreischten und lachten.
    »Machen Sie sich keine Sorgen«, sagte Lady Ingelstad und tätschelte ihr die Hand, als sie wieder in den Kreis zurücktrat. »Es ist alles gut.«
    »Hier draußen gibt es so viele Gefahren.« Luline holte tief Luft und versuchte, ihr Herzklopfen zu beruhigen. »Es könnte so viel schiefgehen.« Manchmal hasste sie ihre Familie, und dann wieder war die Liebe, die sie für sie empfand, wie ein bohrender Schmerz in ihr. Wahrscheinlich war das ein Rätsel, für das es keine Lösung gab.
    »Sie sind dran«, sagte Lady Ingelstad.
    »Ja.« Luline zog sich die Röcke hoch, während sich der Kreis um sie schloss. Verdammt, war es schon jemals so aufwendig gewesen, einfach nur zu pinkeln?
    Der berühmte Iosiv Lestek grunzte und presste, und schließlich fielen doch noch ein paar Tropfen in die Dose. »Ja … ja …« Aber dann ruckelte der Wagen, die Pfannen und Kisten klapperten, er ließ seinen Schwanz los, um sich am Geländer festzuhalten, und als er sich wieder aufgerichtet hatte, war der Quell der Freude wieder versiegt.
    »Wieso nur gibt es Geißeln wie das Alter, die den Menschen quälen?«, brummte er und zitierte damit die letzte Zeile aus Der Abgang des Bettlers . Oh, die Stille, in die hinein er diese Worte auf der Höhe seiner Schaffenskraft gesprochen hatte! Und welcher Applaus war ihm danach entgegengebrandet! Enormer Beifall. Und jetzt? Er hatte sich bereits wie in der Wildnis gefühlt, als sein Ensemble eine Tournee durch die midderländische Provinz absolviert hatte, und dabei nicht annähernd geahnt, wie die echte Wildnis aussah. Er spähte hinaus über das endlose Grasland. Eine große Ruine kam ins Bild, vergessene Überbleibsel des Alten Kaiserreichs, schon zahllose Jahre aufgegeben. Umgestürzte Säulen, grasbewachsene Mauern. Es gab viele davon in diesem Teil Fernlands, ihr Ruhm verblasst, ihre Geschichte vergessen, ihre Trümmer kaum noch von Interesse. Relikte einer lange vergangenen Zeit. Genau wie er selbst.
    Er erinnerte sich mit überwältigender Nostalgie an eine Zeit in seinem Leben, da er noch ganze Eimer hatte vollpissen können. Da es noch aus ihm herausschoss wie aus einer Handpumpe, ohne dass er überhaupt darüber nachdachte, bevor er wieder auf die Bühne zurückeilte, um sich im Schimmer der süß riechenden Öllampen zu sonnen, dem Publikum weitere Seufzer zu entlocken, den fieberheißen Applaus zu genießen. Und dann die beiden hässlichen kleinen Trolle, der Stückeschreiber und sein Agent, die ihn drängten, noch eine Saison zu bleiben, die bettelten, um ihn herumscharwenzelten und ihm immer mehr boten, während er sie keiner Antwort würdigte, sondern vielmehr mit seinem Pulver beschäftigt war. Man hatte ihn in den Agriont eingeladen, um vor Seiner Erhabenen Majestät und dem gesamten Geschlossenen Rat auf die Bühne zu treten! Er hatte vor dem Ersten der Magi den Ersten der Magi gespielt – wie viele Schauspieler konnten das von sich sagen? Er hatte auf einem Parkett aus schmeichlerischen Kritikern,

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