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Blutklingen

Blutklingen

Titel: Blutklingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Abercrombie
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Gesichtstuch. Aber er wusste auch, dass sein Leben von diesen Dingen abhing, so wie das eines Kletterers von dem Seil, das ihn sicherte. Es gab jede Menge spektakuläre Möglichkeiten, in Fernland zu Tode zu kommen – man konnte von einem Geist die Haut abgezogen bekommen, vom Blitz getroffen oder von einer Flut weggerissen werden. Aber die meisten Tode waren viel weniger aufregend. Ein durchgehendes Pferd im Treck konnte einen umbringen. Oder ein gerissener Sattelgurt. Eine Schlange unter dem nackten Fuß. Er hatte gewusst, dass es hart werden würde. Alle hatten das gesagt, den Kopf geschüttelt und missbilligende Geräusche gemacht, als sei er verrückt. Aber es ist ein Unterschied, ob man etwas gesagt bekommt oder ob man es wirklich erlebt. Die Arbeit, die harte Plackerei und das stets feindliche Wetter. Entweder man schmorte in der Sonne oder weichte im Regen durch, aber immer war man dem Wind ausgesetzt, der scharf über die Große Ebene fegte.
    Manchmal sah er in die strafende Leere hinaus, die vor ihnen lag, und fragte sich: Hatte je zuvor schon einmal jemand an dieser Stelle gestanden? Der Gedanke machte ihn ganz benommen. Wie weit waren sie gekommen? Wie weit war es noch? Was würde geschehen, wenn Süß von einer seiner dreitätigen Kundschafterritte nicht zurückkam? Konnten sie auch ohne ihn ihren Weg durch dieses Meer von Gras finden?
    Er musste jedoch fest entschlossen wirken, gut gelaunt und stark. Wie Lamm. Verstohlen blickte er zu dem großen Nordmann hinüber, der abgestiegen war, um Lord Ingelstads Wagen aus einer Furche zu wuchten. Buckhorm konnte sich nicht vorstellen, dass er und all seine Söhne zusammen das schwere Gerät hätten bewegen können, aber Lamm zog den Karren wortlos aus dem Dreck. Dabei war er mindestens zehn Jahre älter als Buckhorm selbst, aber er schien geradezu aus Stein gemeißelt zu sein, wurde nie müde und beschwerte sich nie. Die Leute sahen zu Buckhorm auf, und er musste ihnen ein Beispiel geben – wenn er eine Schwäche zeigte, dann ließen sich vielleicht auch alle anderen gehen, und was würde dann geschehen? Würden sie umkehren? Er warf einen Blick über die Schulter, und obwohl die Landschaft in jeder Richtung gleich aussah, kam es ihm so vor, als ob dort, hinter ihm, das Versagen lauerte.
    Dabei entdeckte er auch seine Frau, die sich mit einigen der anderen Frauen vom Treck löste, um sich irgendwo zu erleichtern. Er hatte das Gefühl, dass sie nicht glücklich war, und das war für ihn eine schwere Last und überdies verwirrend. Schließlich war es ja nicht so gewesen, dass sie sich seinetwegen auf diese Reise gemacht hatten, oder? Er war in Hormring durchaus zufrieden gewesen, aber ein Mann war nun einmal verpflichtet, hart dafür zu arbeiten, dass es seiner Frau und den Kindern an nichts fehlte, um ihnen eine bessere Zukunft zu ermöglichen, und die lag seiner Meinung nach im Westen. Er wusste nicht, was er hätte tun können, um Luline glücklich zu machen. Immerhin erfüllte er jeden Abend seine ehelichen Pflichten, egal, wie wund geritten oder müde er war, oder etwa nicht?
    Manchmal hätte er sie am liebsten gefragt: Was willst du? Die Frage lag ihm auf seiner ungeschickten Zunge, aber immer dann, wenn er sie stellen wollte, verhedderte er sich in seinem verdammten Stottern und brachte sie wieder nicht heraus. Er wäre gern einmal abgestiegen und ein Stück mit ihr spazieren gegangen, um ein bisschen zu reden, so wie früher, aber wer hätte dann das Vieh weitergetrieben? Tempel? Buckhorm stieß bei dem Gedanken ein freudloses Lachen aus und sah zu dem Treiber hinüber. Das war einer dieser Kerle, die glaubten, die Welt schulde ihnen einen möglichst leichten Ritt. Einer von denen, die von einer Katastrophe zur nächsten flattern, hübsch wie ein Schmetterling, und die es anderen überlassen, ihren Dreck wegzumachen. Er kümmerte sich nicht einmal um die Aufgabe, für die er bezahlt wurde, sondern alberte auf seinem Maultier mit Scheu Süd herum. Buckhorm schüttelte den Kopf, als er sich das ungleiche Paar ansah. Von ihnen beiden war sie ganz klar der bessere Mann.
    Luline Buckhorm nahm ihren Platz im Kreis ein, den Blick beflissen nach außen gerichtet. Ihr Wagen war stehen geblieben, wie das immer geschah, wenn sie nicht zur Stelle war, um ihn mit reiner Willenskraft weiter voran zu treiben, und drei ihrer älteren Kinder stritten sich um die Zügel, so dass ihr albernes Geschrei weit über die grasbewachsene Ebene schallte.
    Manchmal hasste sie ihre

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