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Blutkrieg

Blutkrieg

Titel: Blutkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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plätscherte,
als sie sich genüsslich darin räkelte, noch einmal untertauchte
und mit einem einzelnen, eleganten Schwimmzug zur anderen
Seite des kleinen Kessels gelangte. Hier legte sie die Hände auf
dem Rand des Kessels übereinander, stützte das Kinn ab und
lächelte zu ihm hoch. »Aber sie waren nicht unseretwegen hier.
Sie haben etwas gesucht, und sie hatten Waffen.«
»Was haben sie gesucht?«
Liftrasil deutete ein Schulterzucken an. »Das weiß ich nicht.
Sie haben es nicht gesagt«, antwortete sie. »Suchen Männer, die
eine so beschwerliche Reise auf sich nehmen, nicht immer nach
irgendwelchen Schätzen?«
»Und?«, fragte Andrej. »Haben sie sie gefunden?«
»Wer weiß?« Liftrasil stieg aus dem Wasserbecken. Grauer
Dampf umhüllte sie wie eine kostbare, filigrane Robe aus
Spinnfäden, und der Anblick war fast mehr, als Andrej ertragen
konnte.
»Sie haben es uns nicht gesagt. Aber von mir haben sie
jedenfalls nicht das bekommen, was sie wollten – wenn es das
ist, was du wissen willst. Mein Bruder und ich konnten ihnen
entkommen. Wir haben uns versteckt und abgewartet, bis sie
wieder fort waren. Deshalb hat Lif euch zuerst auch gefürchtet.
Er ist noch ein Kind.«
Sie machte einen einzelnen Schritt, mit dem sie aus den
Dampfschwaden heraustrat, und Andrej stockte der Atem. »Ich
bin es nicht mehr, Andrej. Und jetzt sag mir: Was suchst du?«
Andrej war nicht in der Lage zu antworten. Er konnte sie nur
weiter anstarren. Wie hatte er jemals glauben können, einer
Erscheinung gegenüberzustehen, die nicht wirklich war? Sie war
so real, wie es nur sein konnte, und von einer Schönheit, die
beinahe schmerzhaft anzuschauen war.
»Ist es das, was du willst, Andrej?«, hauchte Liftrasil. »Sind es
nicht am Ende immer die einfachen Dinge, die wir wirklich
wollen? Eine Mahlzeit? Sicherheit? Oder einfach nur Wärme?
Dann komm zu mir. Ich wärme dich.«
Was sollte er tun? Seine innere Stimme sagte ihm, dass hier
irgendetwas nicht so war, wie es sein sollte. Irgendetwas war
schrecklich falsch. Aber dieser Gedanke hatte keine Bedeutung
mehr. Sein Gefühl war stärker. Er wollte sie. Jetzt.
Liftrasil kam mit einer gleitenden Bewegung auf ihn zu.
Grünes Licht umschmeichelte ihre Gestalt, explodierte in ihrem
goldfarbenen Haar, und ihre Augen waren so tief und schwarz
wie der Abgrund, aus dem die Welten entstanden waren.
Schwarz. Etwas war wichtig an dieser Farbe. Er spürte, er
hatte etwas vergessen. Aber es spielte keine Rolle. Da waren nur
noch sie und er, und was immer vorher war und was immer
hinterher geschehen mochte, spielte keine Rolle mehr, nicht
einmal mehr die Frage, ob es ein Hinterher gab.
»Komm«, hauchte sie noch einmal. »Ich wärme dich.«
Andrej rührte sich nicht. Er konnte es nicht. Jeder Muskel
seines Körpers war angespannt und loderte vor Verlangen, und
Liftrasil kam noch näher, schlang die Arme um seinen Nacken
und stellte sich auf die Zehenspitzen, um ihn zu küssen.
Andrej! Hilf mir!
Die Stimme verklang in dem Orkan explodierender Gefühle,
der in Andrej tobte. Liftrasils Lippen waren süß, unbeschreiblich
verlockend, ihre Hände, die über seinen Nacken und seinen
Rücken glitten, setzten jeden einzelnen Nerv in seinem Leib in
Flammen … und sie waren kalt.
Andrej! Hilf mir! Hilf mir!
Nicht nur ihre Hände waren kalt. Auch die Lippen, die sanft
über seinen Mund und sein Gesicht glitten, seinen Hals und
seine Augen liebkosten, waren frostig, und plötzlich spürte er
auch, wie eisig ihre Hände waren, und hart auf seinem Nacken,
seinem Rücken, Hände, die seinen Leib und seine Schenkel
liebkosten … gleichzeitig.
Die Wirklichkeit zerbrach und wurde wieder zu sich selbst.
    Plötzlich waren die samtweichen Lippen verschwunden, und an
ihrer Stelle gruben sich grausame, scharf gebogene Fänge in
seinen Hals und suchten nach seinem Blut. Statt der
samtweichen Hände waren da viele – zu viele – chitinharte
Klauen, die seine Haut zerrissen und sich gierig in sein Fleisch
wühlten, nach seinem Blut, seinem Leben gruben und jedes
bisschen Wärme aus ihm herausrissen …
    Andrej schrie angeekelt auf, warf sich herum und schlug
blindlings zu. Seine Faust traf auf etwas Hartes und Glattes, das
mit einem hellen Laut zersplitterte. Ein grässlicher Schmerz
explodierte in seinem Hals, und er spürte, wie warmes Blut aus
seiner aufgerissenen Halsschlagader sprudelte. Blind vor
Schmerz schlug er noch einmal und mit noch größerer Kraft zu
und

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