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Blutland - Von der Leidenschaft gerufen

Blutland - Von der Leidenschaft gerufen

Titel: Blutland - Von der Leidenschaft gerufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delilah S. Dawson
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mich, ob auch sie nach Fleisch gierten. Das Gras raschelte. Irgendwo in der Nähe der Wohnwägen begann jemand Flöte zu spielen, und ihr gespenstisches Trillern schwebte zu uns herüber.
    »Es spielt keine Rolle, welcher Teil meines Lebens der Traum ist, oder wer von uns hier wen träumt. Mein Herz gehört mir, und ich habe nicht das Bedürfnis, es zu verschenken«, erklärte ich schließlich.
    Ich kam mir vor, als stünde ich an einem Abgrund, und ich musste Stellung beziehen. Ich hatte mir geschworen, mir nie wieder von einem Mann vorschreiben zu lassen, was ich zu tun hatte, und sei es nur, dass ich seine Liebe erwidern sollte.
    »Was auch immer du glaubst, was ich letztendlich für dich empfinden könnte, jetzt erst mal hältst du dich zurück.«
    »Ich befolge nicht gerne Befehle«, sagte er leise.
    »Ich auch nicht«, gab ich zurück.

5.
    D as Lied der Flöte tanzte zwischen uns auf und ab und brach das gespannte Schweigen. Ich sah zu, wie er das kleine Grasgeflecht wieder zerschnipselte und im Wind davonflattern ließ.
    »Sieht so aus, als seien wir in einer Sackgasse«, meinte er.
    »Und was jetzt?«
    Er ließ die letzten Grashalme zu Boden fallen und betrachtete eingehend die grünen Flecken an seinen Handschuhen. Dann schüttelte er sich wie ein Hund, und als sein Blick wieder meinem begegnete, war die durchdringende Macht, mit der er mich vorher angestarrt hatte, einer Maske aus greller, fieberhafter Energie gewichen. Er sprang auf die Füße, vollführte einige seltsame kleine Tanzschritte, und streckte dann mit überschwänglicher Geste die Hand aus, in der ein Blumenstrauß erschien. Als ich die Hand ausstreckte, um ihn anzunehmen, verschwanden die Blumen plötzlich, und eine kleine Konfettiwolke platzte aus seinem Ärmel und rieselte auf mich herab.
    Ich klatschte langsam und sarkastisch in die Hände, aber gleichzeitig konnte ich nicht anders, als ihn anzugrinsen.
    »Wir gehen jetzt zu Criminys Uhrwerk-Wanderzirkus«, erklärte er. »Dort suchen wir dir etwas zum Anziehen, geben dir etwas zu essen und stellen dich allen vor. Die Mannschaft besteht etwa zur Hälfte aus Bludvolk und Pinkies, sodass du dich wie zu Hause fühlen wirst. Und bei uns herrscht strenge Ordnung.«
    Mit einem schiefen Lächeln hielt er mir seinen Arm hin. »Bei uns ist dein Blut sicher.«
    Ich fühlte mich aber nicht sicher, weder körperlich, noch in Bezug auf mein Herz. Was zog mich nur so zu diesem seltsamen nicht-menschlichen Mann hin? Schon beim Öffnen des Medaillons hatte ich seine Anziehungskraft gespürt, aber da hielt ich das noch für romantische Fantasien, die unrealistische Sehnsucht nach etwas Edlem und Schönem aus längst vergangener Zeit. Ich dachte, es wäre dieselbe Art harmloser Sehnsucht wie für Jane Austens Mr Darcy. Aber jetzt und hier, als ich neben ihm herging und seinen Duft roch, erkannte ich das Gefühl als das, was es war. Anziehung. Und Leidenschaft. Und vielleicht auch Furcht – die aufregende Variante davon.
    Allerdings hatte er recht. Es gab keinen Ort, an den ich sonst gehen, niemanden, an den ich mich wenden konnte. Ich merkte, dass ich anfing, mich auf diese Welt namens Sang einzulassen, sei es nun Traumwelt oder alternative Dimension. Vielleicht hatte ich ja eine Kopfverletzung und lag zu Hause in meinem Badezimmer in einer Blutlache, während Nana eine verzweifelte Nachricht nach der anderen auf meiner Mailbox hinterließ.
    Der Gedanke ließ mich schaudern, und er drehte sich zu mir und sah mich forschend an.
    »Alles in Ordnung, Liebes? Wieso die Gänsehaut?«
    Ich versuchte, es mit Humor zu nehmen. »Ihr habt Gänse hier? Oder sind das dann Bludgänse?«
    »Vögel, die Blut trinken?«, meinte er lachend. »Haben sie denn Zähne, da wo du herkommst? Denn hier haben sie nur lästige kleine Schnäbel. Ich vermute, sie könnten dich damit schon zu Tode picken, wenn du nur lange genug stillhältst.«
    Wir hatten den Wagenzug wieder erreicht, und ich wappnete mich innerlich für noch mehr Verwirrendes. Alles wirkte leicht neben der Spur, und ich war dabei, mich an einen fremdartigen Ort zu begeben, mit fremden Menschen und Leuten, die mein Blut trinken wollten. Noch immer bewegte sich nichts außer einigen Rauchfäden im leichten Wind; es war unheimlich. Ich sah dasselbe Äffchen mit demselben Fez wieder, immer noch absolut regungslos auf dem Werkstattwagen sitzend. Ich fand es faszinierend, dass irgendein Tier überhaupt so lange stillsitzen konnte.
    »Was ist mit dem Affen los?«, fragte

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