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Blutland - Von der Leidenschaft gerufen

Blutland - Von der Leidenschaft gerufen

Titel: Blutland - Von der Leidenschaft gerufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delilah S. Dawson
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Hals, unter mein Hemd. Ich kam mir ein wenig albern vor.
    Nun, da das Geheimnis des Medaillons gelüftet war, sickerte das wirkliche Leben zurück in meine Gedanken. Nach dem heutigen Abend mit Nana war ich beunruhigter denn je. Wenn ihre Schmerzen stärker geworden waren und sie es mir nicht sagen wollte, erzählte sie es dann ihrem Arzt? Wurde der Krebs schlimmer, oder waren die Medikamente der Chemo das Problem? Und noch schlimmer – wo wäre sie jetzt, wenn ich nicht direkt aus Alabama zurückgekommen wäre? Manchmal glaubte ich, ich war das Einzige, was sie noch am Leben hielt.
    Ich konnte schon immer schnell einschlafen, und meine Träume brachten mir oft die Lösungen für meine Probleme. Ich hoffte, heute Nacht würde ich die Antworten finden, die ich brauchte.

3.
    M ir war kalt, und ich griff nach meiner Decke. Doch da war nichts.
    Shirt und Hosen waren auch nicht da.
    Ebenso wie mein Bett.
    Nun, das war merkwürdig.
    Ich öffnete die Augen und stemmte mich von dem kalten Stein hoch. Ich war vollkommen nackt. Abgesehen von dem Medaillon, das noch immer um meinen Hals hing. Aber es war nicht länger fleckig von Alter und Schmutz. Es war perfekt und glänzte, und das strahlende Gold schimmerte im bläulichen Licht des frühen Morgens. Um mich war es totenstill.
    Einen Moment lang spürte ich Panik. Ich hielt die Arme vor meiner Brust verschränkt und suchte mit den Augen den ungewöhnlich stillen Wald um mich herum ab. Die Steinplatte befand sich auf einer nebligen Lichtung, umgeben von einem gespenstischen Ring aus Birken. Ein paar Vögel fingen zu zwitschern an und durchbrachen damit die Stille. Aber irgendwie hörte sich ihr Gesang falsch an.
    Und dann lachte ich über mich selbst:
    Natürlich – ich träumte.
    Nur wieder einer von meinen verrückten Klarträumen.
    Schon mein ganzes Leben lang hatte ich Träume, die realistisch, farbenfroh und mit sämtlichen Sinneseindrücken ausgestattet waren, und an Momente wie diesen hier war ich ziemlich gewöhnt. In meinen Träumen ließ ich all die Selbstzweifel und Sorgen hinter mir, die mich die letzten Jahre über verfolgt hatten. Hier war ich nichts weiter als die reine, unverfälschte Tish – das Ich, das ich sein wollte. Ich genoss es, dass es keine Konsequenzen für irgendwas gab. In meinen Träumen war ich frei. Und, jawohl, regelmäßig nackt.
    Keine große Sache. Ich konnte alles tun, was ich wollte.
    Zeit, die Welt zu entdecken .
    Ich hopste von der Steinplatte und wischte kurz über meine Traum-Kehrseite. Langsam drehte ich mich einmal im Kreis herum und suchte nach einem Weg, dem ich folgen konnte, irgendein Zeichen, wohin der Traum mich führen würde.
    Ich erschrak, als ich ihn dort entdeckte, an eine der Birken gelehnt. Nur Sekunden zuvor war ich allein gewesen, da war ich mir sicher, und plötzlich war er da, wie durch Magie.
    Es war der Mann aus dem Medaillon. Er hatte dasselbe unverschämte, verwegene und wissende Lächeln, dasselbe widerspenstige Haar. Ein Bein hatte er angewinkelt, mit der Sohle des zugehörigen hohen schwarzen Stiefels gegen den Baum gestellt, und seine Arme waren über der Brust verschränkt, sodass sein schwarzer Mantel sich an den Schultern spannte.
    »Du bist hier«, sagte er schlicht.
    »Kenne ich dich?« Die Frage kam mir überheblicher über die Lippen als beabsichtigt.
    »Noch nicht, aber bald«, antwortete er, stieß sich von dem Baum ab und kam auf mich zu. »Immerhin trägst du mein Medaillon. Und ich habe auf dich gewartet.«
    Er hatte einen leicht britischen Akzent, genau wie ich es erwartet hätte.
    »In meiner Vorstellung hattest du mehr an«, sagte er.
    »Und in meiner Vorstellung hörtest du am Schlüsselbein auf«, gab ich zurück.
    Daraufhin warf er den Kopf in den Nacken und lachte, ein Lachen voll so wilder Freude, dass es schon verstörend war. In der realen Welt lachte niemand so, weil jedermann viel zu gehemmt dafür war und sich Gedanken machte, was die Leute sagen würden. Ich selbst hatte schon lange, lange Zeit nicht mehr so gelacht.
    »Dann komm mit, Liebes, und lass dir etwas anziehen«, meinte er und begann, seinen Mantel aufzuknöpfen.
    »Normalerweise rede ich nicht mit Fremden«, sagte ich, die Arme immer noch verschränkt.
    »Und ich laufe normalerweise nicht mit einem nackten Wildfang durch die Gegend«, gab er zurück. »Aber wenn du hier zu lange unbedeckt herumstehst, dann wird dich irgendetwas finden, das sogar noch gefährlicher ist als ich. Außerdem kann ich dich so nicht mit nach

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