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Blutland - Von der Leidenschaft gerufen

Blutland - Von der Leidenschaft gerufen

Titel: Blutland - Von der Leidenschaft gerufen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Delilah S. Dawson
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Hause bringen. Es muss schon anständig aussehen.«
    »Was muss anständig aussehen? Und was glaubst du, wo du mich hinbringst?«, fragte ich, aber er ließ schon den Mantel von seinen Schultern gleiten und hielt ihn mir hin.
    »Nur zu«, sagte er. Dann grinste er wie ein Wolf und zeigte seine Zähne. »Er beißt nicht.«
    Dass ich nackt war, bereitete mir nicht übermäßig Sorgen, doch wenn er wollte, dass ich seinen Mantel trug, sollte es mir recht sein. Die Luft war kühl und feucht, und ich hatte Gänsehaut an den Armen. Also schlüpfte ich in den Mantel, und er knöpfte ihn mir bis zum Hals hinauf zu. Als er den obersten Knopf schloss, direkt unter meinem Kinn, trafen sich unsere Blicke, und ich wurde rot und schaute zu Boden. Viel zu intensiv, sein Blick. Er war nur ein wenig größer als ich, langgliedrig, aber muskulös, wie ich durch den offenen Hemdkragen sehen konnte.
    Ich war es nicht gewohnt, etwas eng um meinen Hals zu haben und wollte den obersten Knopf wieder öffnen.
    »Darfst du nicht«, sagte er und hinderte mich mit seiner behandschuhten Hand daran. »Das ist der wichtigste.«
    »Sag mir nicht, was ich zu tun habe«, grollte ich, als er meine Hand erneut zur Seite schob. »Was ist das hier – England im Viktorianischen Zeitalter? Niemand knöpft irgendwas bis zum Hals hinauf zu, solange es nicht gerade schneit«, beschwerte ich mich. Aber den Knopf ließ ich trotzdem mal geschlossen.
    »Viktorianisches Zeitalter?«, fragte er. »Nie davon gehört. Aber ein entblößter Hals ist gefährlich hier. Genauer gesagt, jegliche entblößte Haut. Bei jedem anderen als mir wärst du höchstwahrscheinlich schon tot.«
    Er bot mir seinen Arm, und mangels anderer Optionen akzeptierte ich. Sein schwarzer Mantel war abgenutzt, aber dick und sah schön aus. So wie er geschneidert war, fühlte ich mich kurvenreich und schön darin, auch wenn ich sonst nichts anhatte. Sein eigenes Hemd flatterte im leichten Wind, und die scharlachrote Weste betonte seine blasse Haut.
    Wir gingen los, und ich atmete den Duft seines Mantels ein. Er roch angenehm, nach Beeren und Wein, und nach etwas Grünem mit einer scharfen Note. Mir wurde leicht schwindlig, als ich das Aroma in mich aufnahm.
    Er beobachtete mich und schmunzelte.
    »Weißt du, wie ein Mann eine Wölfin zähmt?«, fragte er mich.
    »Nein«, antwortete ich.
    »Man nimmt ein Kleidungsstück, das man eine Zeitlang getragen hat und wirft es in den Käfig oder die Höhle, wo sie schläft. Dieses erste Kleidungsstück zerfetzt sie, bis nichts mehr davon übrig ist. Auf dem zweiten dann kaut sie nur ein wenig herum. Sie schnuppert daran, atmet den Duft ein, so wie du gerade. Dann das dritte Kleidungsstück. Sie fängt an, es mit sich herumzuschleppen, sie liebt es, sie schläft damit. Und dann hast du sie unter deinem Zauber. Sie hat sich an deinen Duft gewöhnt und will ihn um sich haben. Sie wird dir überallhin folgen.«
    »Nennst du mich eine Wölfin?«, fragte ich.
    »Nennst du mich einen Mann?«, fragte er zurück.
    »Was solltest du denn sonst sein?«
    Daraufhin warf er mir ein verruchtes Lächeln zu, das eine Reihe spitzer Zähne sehen ließ. Ich zuckte kurz zusammen, dann schüttelte ich den Schreck ab.
    »Ich habe keine Angst«, erklärte ich. »Das hier ist mein Traum. Nichts kann mir Schaden zufügen.«
    »Ein Traum?«, fragte er und zog eine Augenbraue hoch. »Du denkst, das hier ist ein Traum?«
    »Ich weiß, dass es einer ist«, sagte ich kühl.
    Er grinste. »Liebchen, du könntest mich gar nicht heraufbeschwören, wenn du es versuchtest«, gab er zurück.
    Dem finsteren Blick, den ich ihm daraufhin zuwarf, hielt er stand, und so standen wir da, und funkelten uns an, in einem mentalen Kräftemessen.
    Plötzlich lenkte mich eine Bewegung ab, und ich schaute nach unten. Ein kleines braunes Kaninchen lugte schüchtern aus dem Unterholz. Es hoppelte auf uns zu und hielt an, hoppelte noch ein wenig näher, hielt wieder an, bis es uns beinahe erreicht hatte.
    »Hast du das auch hergeträumt?«, fragte er.
    »Das Kaninchen? Ja sicher, ich denke schon«, gab ich zurück. »Das ist ein ganz süßes Ding. Soll wahrscheinlich meine Liebenswürdigkeit repräsentieren, oder meine Unschuld. Irgendwas in der Art.«
    Das Kaninchen schnupperte an meinem Fuß, mit zuckendem Näschen und strahlenden Augen. Ich lächelte.
    Und dann biss es zu. Scharfe Reißzähne bohrten sich in meinen nackten Knöchel.
    Ich schrie auf und trat automatisch zu. Kreischend flog es kopfüber

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