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Blutleer

Blutleer

Titel: Blutleer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Kaffke
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wahr?«
    »Wir haben es bei Hirschfeld mit dem klassischen, planenden Mörder zu tun. Die Auswahl mag zufällig sein. Aber zumindest Julia und die kleine Fatma hat er eine Weile beobachtet, bevor er zuschlug. Er hat Waffen mitgenommen. Er hat offensichtlich sogar geplant, sie alle auf verschiedene Art umzubringen. Und er will geschnappt werden, bekommt das aber nicht hin?«
    »Ich behalte das im Hinterkopf, Barbara. Aber jetzt habe ich erst mal andere Sorgen. Und du hast wahrscheinlich doch keine Woche mehr Zeit für Hirschfeld. Jetzt, wo die Verlegung durchgesickert ist.«
    Barbara nickte. »Hirschfeld muss raus aus dem Duisburger Knast. Er hatte eine kleine Prügelei im Gefängnis. Mit einem Justizbeamten namens Ulf Maier. Seine Tochter ging mit Julia zur Schule.«
    »Und du meinst, dieser Ulf Maier könnte die undichte Stelle sein?«
    Barbara zuckte die Schultern: »Das wäre logisch, oder?«
    »Wir werden ihn uns vorknöpfen. Ist Hirschfeld verletzt?«
    »Ein dickes Veilchen.«
    Jakubian seufzte und nahm die Hände vor den Kopf. »Auch das noch. Die Presse belagert das Gefängnis, und er ist offensichtlich misshandelt worden!«
    »Angesichts der Tatsache, dass die Öffentlichkeit ihn am liebsten lynchen würde, wird das wohl nicht allzu viel Empörung hervorrufen.«
    »Aber Fragen, Barbara. Viele Fragen.« Er seufzte. »Manchmal verfluche ich den Tag, an dem ich mich entschlossen habe, Karriere zu machen.«
    »Nur Karriere funktioniert eben nicht.«
    Er sah ihr direkt in die Augen. »Leider gibt es derzeit nichts anderes.«
    Barbara schoss durch den Kopf, dass es ihr selbst vielleicht bald ähnlich gehen würde. Der Gedanke, wieder so allein zu sein wie in der Zeit vor Thomas, als Nähe für sie fast nicht erträglich war, machte ihr Angst. »Mach ein paar Dinge, die du gerne tust, Ruben. Mich hat der Job schon einmal depressiv gemacht, ich weiß, wovon ich rede.«
    »Ich auch. Aber die meisten Dinge, die ich mag, tue ich nicht gern allein.« Bei jedem anderen hätte dieser Satz anzüglich geklungen. Bei Jakubian klang er nur nach Resignation und Einsamkeit. Er lachte plötzlich. »Schluss mit dem Trübsalblasen. Du hast auch eine Menge Arbeit vor dir, Barbara, denn die Staatsanwaltschaft hat festgelegt, dass Hirschfeld Donnerstag nach Bedburg-Hau verlegt wird. Sie wollen die Sache beschleunigen. Und du musst ihn zumindest noch zu den Details bei Julia und Fatma befragen.«
    »Gut.« Sie nahm ihre Tasche. »Geh ins Lehmbruck-Museum, Ruben. Es ist sehr schön und ganz in der Nähe. Ich war mal mit Thomas da.«
    »Dein Mann heißt Thomas?«
    Sie nickte.
    »Und? Läuft es wieder besser?«
    Unwillkürlich verglich Barbara die Art, wie er sie jetzt ansah mit der von Thomas. Thomas war immer sachlich, wenn es um solche intimen Fragen ging, auch wenn Barbara gelernt hatte, dass das nichts über seine emotionale Beteiligung aussagte. Jakubians Blick war warm, freundlich und wirklich besorgt. »Wir wollen uns Hilfe holen. Aber die Probleme sind groß.« Und eines davon ist ein Püppchen mit Rehaugen namens Katharina, dachte sie.
    »Viel Glück«, sagte Jakubian leise.
    Für heute gab es nichts mehr zu tun für sie, aber es war erst kurz nach vier, und sie wollte nicht zu früh zu Hause sein. Thomas sollte seine Chance bekommen, Katharina rechtzeitig vor ihrer Heimkehr aus dem Haus zu schaffen. Als sie gedankenverloren in ihre Jackentasche griff, bemerkte sie, dass sie wohl schon längere Zeit den Schlüssel der Pempelforter Wohnung mit sich herumtrug. Sie erinnerte sich, dass Thomas am Anfang des Semesters häufig seine Studenten in der Villa zu Besuch gehabt hatte, und weil Barbara in Ruhe eine Studie fertigstellen wollte, war sie dorthin gefahren, um zu arbeiten. Kurzentschlossen fuhr sie jetzt zur Sternstraße.
    Eigentlich hatte sich nur wenig verändert, seit Thomas und sie vor vier Jahren in die Villa nach Kaiserswerth gezogen waren. Damals ging es Thomas gesundheitlich so schlecht, dass er die Treppen zum ersten Stock nicht mehr schaffte. Ein paar Möbel und Bilder hatten sie mitgenommen und natürlich die meisten Bücher, aber die Küche und das Wohnzimmer waren fast unverändert, auch Thomas’ Arbeitszimmer war bis auf gelichtete Regale das alte, selbst sein Computer war dort geblieben. Anfangs hatte Barbara weder Zeit noch Kraft gehabt, die Wohnung auszuräumen. Sie hingen beide an ihr. Die Pempelforter Wohnung war so etwas wie ein Monument, der Beginn ihrer Liebe.
    Als Thomas nach der Herztransplantation wieder

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