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Blutleer

Blutleer

Titel: Blutleer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Kaffke
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hatte Lutz Kramer kurzzeitig das Regiment übernommen. Er hatte die eintreffenden Zeugen in drei Gruppen eingeteilt: Diejenigen, die auf der linken Seite des Busses gestanden hatten, hatten vermutlich das wenigste mitbekommen, diejenigen, die das Geschehen frontal miterlebt hatten und dann die leider doch recht große Gruppe, die rechts vom Bus mitten drin gewesen waren.
    Drei Ü-Wagen standen auf dem Hof des Präsidiums. Die Fernsehleute hatten angeboten, alles Videomaterial auf den Geräten der Ü-Wagen zu sichten, da die technische Ausstattung des Präsidiums nicht ausreichte.
    »Wir können Ihnen direkt Kopien der Bänder ziehen«, hatte einer der Techniker vorgeschlagen. Mit ihm kletterte Barbara in den Kleinbus, der mit Übertragungstechnik vollgestopft war. Er nahm ein VHS-Leerband und legte es ein. »Oder wollen Sie lieber eine DVD? Das ist natürlich eine bessere Qualität.«
    Barbara schüttelte den Kopf. »Das können wir immer noch machen, wenn sich die Aufnahmen als relevant erweisen.«
    Es hatte sieben Kameras vor Ort gegeben. ARD, ZDF, RTL und ProSieben/SAT1 sowie drei freie Kameramänner. Es war erstaunlich, dass die großen Sender fast alle falsch gestanden hatten, während die »Videogeier« instinktiv den richtigen Standort gewählt hatten. Ihre Bilder waren die aussagekräftigsten, möglicherweise war auf ihnen auch der Helfershelfer zu finden.
    Der letzte der drei, ein kleiner, schmuddeliger Typ mit Bauchansatz kam missmutig herein, die Kamera in der Hand. »Dieser große Tollpatsch hat mir meine Suzie kaputtgemacht«, maulte er. »Das wird teuer für euch!«
    Barbara vermutete, dass er zu wenig Geld für eine Reparatur hatte. Es dauerte einen Moment, bis er das Band aus der Kamera geholt hatte, weil das Fach klemmte. Er gab es dem Techniker. Während der einlegte und zurückspulte, fragte Barbara: »Wie heißen Sie?«
    »Gonzo.« Er grinste.
    »Und mit vollem Namen, Herr Gonzo?«
    »Heinrich Gonschorek.«
    »Danke.« Sie trug es auf dem improvisierten Formular ein. »Wo wohnen Sie?«
    »In Essen.« Gonschorek gab freiwillig seine Adresse an.
    »Für welchen Sender arbeiten Sie?«
    Der Techniker des WDR schnaubte. »Fragen Sie ihn lieber, für wen nicht!«
    »Ich bin freier Kameramann.« Es war dem verächtlichen Blick Gonschoreks anzusehen, wie sehr ihn die Arroganz des Festangestellten nervte. »Verkauft wird an den Meistbietenden.«
    Gonschoreks Material war spektakulär. Während einige einfach aufs Tor gehalten und gehofft hatten, dass der Bus schon irgendwie an ihnen vorbeifahren würde, hatte Gonschorek mehrere Male die Position gewechselt und dabei immer wieder die Szene abgeschwenkt. Jakubian war zu sehen, wie er sich den Weg durch die Menge bahnte. Barbara musste schmunzeln, denn sie neben dem Riesen, das war schon ein witziger Anblick.
    Nun kam der Moment, als sich das Tor öffnete. Man sah eine kurze Einstellung von einem Uniformierten, der entnervt aufgab, die Umstehenden zurückzuhalten, aber gleich einen Schwenk auf den langsam rollenden Bus und einen Zoom auf Hirschfelds Gesicht hinter dem vergitterten Fenster. Da das Licht günstig stand, gab es keine Spiegelung. Hirschfelds Gesichtsausdruck, soweit hinter dem Gitter auszumachen, zeigt große Zufriedenheit, fast Stolz. Dann kam einer von denjenigen, die den Bus bedrängten, vor Gonschoreks Kamera, und Barbara konnte sehen, wie er sich kurz bückte. Der Bus rollte weiter.
    »Halten Sie mal an und fahren Sie zurück«, sagte sie zum Techniker. Bild für Bild wiederholten sie die Stelle. Es waren keine deutlichen Bilder, trotzdem konnte man den Mann ganz gut erkennen.
    »Können Sie hiervon einen Ausdruck machen?«, fragte Barbara.
    »Das nicht, aber die Passage auf DVD brennen. Das können Sie im Präsidium sicher ausdrucken.«
    »Dann machen Sie mal.« Der Techniker begann, und Barbara wandte sich an Gonschorek. »Sie kommen doch sicher viel rum?«
    »Und wenn?«
    »Haben Sie den Typen schon mal gesehen?«
    Gonschorek schüttelte den Kopf. »Das war irgendein Zeitungsfuzzi. Fotograf oder so. Der hing da schon vor dem Gefängnis herum, seit durchgesickert war, dass Hirschfeld verlegt wird.«
    »Gutes Stichwort«, meinte Barbara. »Wie haben Sie eigentlich davon erfahren?«
    »Hab ich vergessen.« Er grinste trocken. »Irgendwo aufgeschnappt, nehm ich mal an.«
    Barbara sah ihn streng an. »Oder Polizeifunk abgehört? Sollen sich die Kollegen mal in Ihrem Wagen nach einem Funkscanner umsehen?«
    Er seufzte. »Ich weiß es von

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