Blutleer
ich atmen kann, sage ich es dir.«
»Entschuldigung.« Er stand äußerst leichtfüßig auf und reichte ihr die Hand. »Ich hoffe, ich habe dich nicht zusätzlich verletzt.«
»Ich werde ein paar Prellungen haben, alles halb so wild.« Sie rieb sich den Arm und sah zu Heyer hinüber, der bereits per Handy die Verfolgung des oder der Attentäter organisierte. Einen zweiten Verstärkungstrupp, der eigentlich ebenfalls die Abfahrt des Gefangenen hatte sichern sollen, hatte er bereits zu den Ausgängen des Bankgebäudes geschickt, um diese zu sichern.
Jakubian steckte seinen Kopf in den Bus. Hirschfeld hatte es voll erwischt. Die Geschosse hatten mit Leichtigkeit Scheibe und Gitter des Wagens durchschlagen. Eins war in seinen Kopf eingedrungen und hatte ihm den Hinterkopf regelrecht zerfetzt und über den hinteren Bereich des Busses verteilt. Jakubian blickte sich um. »Wie sieht’s hier aus?«
»Ich bin in Ordnung«, sagte der Fahrer. »Aber der Kollege ist wohl verletzt.«
Um Hirschfelds direkten Bewacher kümmerten sich jetzt Kollegen als Ersthelfer. Er hatte eine blutende Wunde am Arm. Doch das meiste Blut, dass seine gesamte rechte Körperhälfte bedeckte, musste von Hirschfeld stammen.
Von überall her tönten Polizeisirenen. Ein übereifriger Kameramann filmte gerade über Jakubians Schulter Hirschfelds Leiche. Jakubian richtete sich auf und riss dabei – scheinbar versehentlich – dem Mann die Kamera aus der Hand, die auf den Boden fiel. »Oh, Verzeihung«, sagte er bedauernd und erntete einen giftigen Blick.
Da er über die meisten hinwegsehen konnte, sah er, dass nun genug Verstärkung eingetroffen war, um die gesamte Meute zu umstellen. »Meine Damen und Herren, Sie alle sind vorläufig festgenommen und werden uns zur Feststellung Ihrer Personalien auf das Präsidium begleiten. Sämtliche Bild-und Tonträger, Kameras etc. sind beschlagnahmt, da sie Beweismaterial darstellen.«
Protest brach aus, doch in der relativ engen Straße vor dem Gefängnis konnte keiner verschwinden. Ohnehin ging es den Reportern eher um ihre Filme und Bilder und darum, wie rechtzeitig sie in ihren Redaktionen und Sendern sein konnten. Barbara wusste, dass sie sich kaum Hoffnungen machen konnten, den Helfershelfer des Schützen noch zu fassen, der den Krähenfuß vor dem Rad des Busses platziert hatte. In dem Chaos kurz vor und auch nach den Schüssen hatte der sicher Zeit genug gehabt zu entkommen. Aber es bestand die Möglichkeit, dass auf dem Videomaterial irgendetwas zu entdecken war.
Der linke Arm, auf den sie gefallen war, als Jakubian sie umgerissen hatte, tat höllisch weh. Etwas abseits des Geschehens schob sie ihren Ärmel hoch und sah eine Abschürfung, die auch ein wenig blutete. Inzwischen waren auch mehrere Krankenwagen eingetroffen. Sie überlegte, ob sie sich dort versorgen lassen sollte, doch dann zog sie den Ärmel wieder herunter und ging zu Heyer und Jakubian, die mithalfen, die Anwesenden in die rasch herbeigeholten Mannschaftsbusse zu verfrachten, die sie ins Polizeipräsidium brachten. Jakubian wollte die Straße so schnell wie möglich räumen, damit die Kriminaltechniker arbeiten konnten. Als eine halbe Stunde später Max Erhard mit seinen Leuten eintraf, waren nur noch Barbara, Heyer und Jakubian dort und einige Uniformierte, die die Straße weiterhin absperrten.
Die drei fuhren gemeinsam zurück ins Polizeipräsidium.
»Das war’s dann mit dem Fall Hirschfeld«, seufzte Jakubian. »Und es passt mir gar nicht, jetzt nach seinem Mörder suchen zu müssen.«
»Das müssen Profis gewesen sein«, meinte Sven. »Die Vorbereitung mit dem Krähenfuß. Und in das Sparkassengebäude gelangt man auch nicht ohne weiteres. Das war ein unglaublich guter Schütze, und die Geschosse müssen präpariert gewesen sein, damit es Hirschfeld derart den Kopf wegreißt.«
Barbara sprach aus, was alle drei dachten. »Das einzige Motiv dürfte wohl Rache sein. Also müssen wir im Umfeld der Opfer suchen.« Sie blickte zu Jakubian. »Und das bedeutet nicht, dass die Arbeit an den Mordfällen so schnell abgeschlossen ist.« Sie deutete auf den Aktenstapel.
Er nickte. »Hilfst du mit, das Material der Medienleute zu sichten? Ich habe die komplette Soko ins Präsidium bestellt, die waren nicht gerade glücklich, denn heute sollte ihr erster freier Tag seit langem sein. Aber die Redaktionen machen schon Druck, weil wir ihre Leute und ihr Material festhalten, daher brauchen wir jeden.«
»Ja, sicher.«
Im Präsidium
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