Blutleer
was sie Hirschfeld noch hatte fragen wollen, sie hatte es sich auf einem Zettel notiert, der irgendwo im Arbeitszimmer der Villa liegen musste. Das Handy war nicht bei der Leiche gefunden worden, man hatte vermutet, dass der Mörder es mitgenommen habe. Aber in Hirschfelds Wohnung lag es auch nicht.
Jakubian raste über die A 40, die um diese Tageszeit noch nicht völlig verstopft war. Knappe fünfzehn Minuten nach dem Anruf parkten sie den Wagen an der Straße und kletterten über das Gelände. Barbara hoffte, ihre weichen, bequemen Schuhe würden das aushalten.
Ganz so unpräzise war Hirschfeld bei der Ortsangabe doch nicht gewesen. Der Tatort, an dem das Spurenermittlungsteam gerade arbeitete, lag tatsächlich ziemlich genau in der Mitte zwischen dem Herborn-Tatort und dem S-Bahnhof. Barbara und Jakubian mussten einen Bogen schlagen, denn direkt vor ihnen wurden gerade Reifenspuren gesichert. Der Kombi von Hirschfelds Freund Heiner Grundeisen war von Erhard bereits gründlich untersucht worden. Man hatte genügend Spuren von Julia darin entdeckt. Auch in der Nähe von Julias Fundort im Hafen hatte man Abdrücke seiner Reifen entdeckt.
Max kam gerade vom Kombi des Teams zurück mit ein paar Fotos in der Hand. Er begrüßte Barbara und Jakubian und hielt dann die Fotos an die Reifenspur. »Derselbe Wagen, ganz eindeutig.« Er deutete auf eine Stelle, an der sich ein Stein in das Profil gedrückt haben musste, was die Spur unverwechselbar machte.
»Sie wollten uns etwas Bestimmtes zeigen, Herr Erhard.«
Max nickte. »Das ist ein ziemlicher Hammer. Ich habe ja schon gehört, dass Hirschfeld möglicherweise nicht unser Mann war. Und jetzt können wir es vielleicht auch beweisen. Kommt mit.«
Er brachte sie an eine Stelle, die mit Markierungen übersät war. Hier lag jede Menge rostiges Metall herum, nur ein absoluter Fachmann hatte entdecken können, dass es sich bei der rotbraunen Verfärbung des Bodens nicht um Rost, sondern um Blut handelte. »Vorsicht«, sagte Erhard. »Da sind Fußspuren, die wir noch sichern müssen.«
»Hirschfelds oder auch andere?«, fragte Jakubian. Barbara spürte, dass er erregt war. Erhards Ankündigung hatte beiden Hoffnung gemacht, die Staatsanwaltschaft doch noch überzeugen zu können, dass nicht Hirschfeld der Mörder war.
»Als Julia ermordet wurde, muss es geregnet haben. Hier war alles aufgeweicht und matschig. So wie das Blut verteilt ist, ist es in die Pfützen gelaufen.«
Für einen Moment fröstelte es Barbara. Sie stellte sich die Szene bildlich vor. Ein Mann, der die bewusstlose Julia im Regen über den Platz zerrte. »Gibt es Schleifspuren?«, fragte sie.
Erhard deutete in Richtung S-Bahnhof, den man gerade noch erkennen konnte. »Da vorn. Wir hoffen, dort auch noch vernünftige Fußspuren zu finden. Aber das wollte ich euch gar nicht zeigen. Wir haben es noch nicht eingetütet, weil wir eine andere Kamera nehmen mussten, die erste hat gestreikt. Und als Sie sagten, dass Sie auf dem Weg sind, habe ich es noch liegen lassen.« Max machte einen vorsichtigen Schritt neben den größten Blutfleck. »Da! Sehen Sie genau hin.«
Barbara und Jakubian beugten sich vor zu der Markierung 25, auf die Max Erhard gedeutet hatte. Es war ein winziges Stück Metall, gerade mal einen Zentimeter im Quadrat. Aber quadratisch war es nicht, eher dreieckig, mit einer abgerundeten Seite und einer Spitze.
»Eine Messerspitze«, murmelte Jakubian fasziniert. Er richtete sich auf. »Glauben Sie, dass Sie noch einen Fingerabdruck darauf finden?«
»Zwei, hoffe ich. Allerdings wären sie eher von Hirschfeld.« Erhard grinste, wurde dann aber wieder ernst. »Sie hat wochenlang hier draußen gelegen, kann sein, dass wir gar nichts finden außer Blut, wenn wir Glück haben.«
»Moment mal.« Barbara war verwirrt. »Hirschfelds Messer ist abgebrochen, nicht wahr?«
»Ja«, sagte Jakubian. Auf seinem Gesicht sah Barbara so etwas wie Jagdfieber aufblitzen. Er hatte Hoffnung geschöpft. »Die Spitze von Hirschfelds Messer steckte in Julias Kopf.«
»Und sie passte auch eindeutig zu dem Messer aus seiner Wohnung«, ergänzte Max.
»Dann ist das hier eine andere Messerspitze, die von einem anderen Messer abgebrochen ist.« Barbara dämmerte es langsam. »Und Hirschfeld hat sie aus Julias Kopf gezogen, um sein eigenes Messer abzubrechen und die Spitze dann in die Wunde zu stecken.« Sie dachte kurz nach und war dann ernüchtert. »Und wenn Hirschfeld zwei Messer hatte?«
»Dann hätte er sie
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