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Blutleer

Blutleer

Titel: Blutleer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Kaffke
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Hirschfelds Wohnung.«
    Sie versuchte ein Grinsen zu unterdrücken, als sie das Aufleuchten in seinen Augen sah.
    Die Luft in Hirschfelds Wohnung war stickig, Barbara öffnete ein Fenster. Klasen und sie waren bei der Durchsuchung nicht dabei gewesen, sie sahen die Räume zum ersten Mal. Es war die typische Wohnung eines älteren Junggesellen: völlig aus der Mode gekommene Möbel, kaum Dekorationsgegenstände, sah man von einigen Sexpostern aus den Siebzigern ab, die sorgsam eingerahmt im Schlafzimmer über dem Bett hingen.
    »Wo sollen wir hier anfangen?«, fragte Klasen entmutigt.
    »Ich habe eine Idee.« Barbara lief in den Hausflur und klingelte eine Treppe tiefer. Sie hatte Glück. Ellen Zeiss war zu Hause.
    Sie war erstaunt, Barbara zu sehen. »Mit Ihnen habe ich gar nicht gerechnet, nun, wo er tot ist.«
    »Frau Zeiss, wir brauchen Ihre Hilfe. Wir suchen etwas, etwas, das wir bei der großen Hausdurchsuchung nach seiner Festnahme nicht gefunden haben.«
    »Wie kann ich denn da helfen?« Ellen Zeiss sah sie groß an.
    »Haben Sie mal seine Wohnung geputzt?«
    Sie nickte. »Ganz zu Anfang, als wir uns kennen lernten. Später wollte er nicht mehr, dass ich in seine Wohnung kam.« Sie dachte nach. »Beim ersten Mal war ich vier Nachmittage beschäftigt. Es sah furchtbar aus. Vermüllt, überall dreckige Wäsche. Ich meine, er war ein Mann, dem sieht man ja ein bisschen Unordnung nach, aber das!«
    »Haben Sie alles geputzt und aufgeräumt? Jede Ecke?«
    »Sicher.« Ellen Zeiss stockte plötzlich. »Das heißt. Nein, im Schlafzimmer habe ich nichts gemacht. Als ich die Schmutzwäsche einsammelte, hat er mich rauskomplimentiert. Wie gesagt, das war zu Anfang, da war er noch höflich. Später hätte er mich sicher angeschrien. Ich durfte es nie wieder betreten.«
    »Vielen Dank, Sie haben mir sehr geholfen.« Barbara verabschiedete sich und ging wieder hinauf, wo Jost Klasen auf sie wartete.
    »Wir fangen im Schlafzimmer an.« Sie erklärte ihm, warum sie da etwas vermutete, und sie begannen, das Zimmer zu durchsuchen. Sie versuchten es mit ein paar offensichtlichen Verstecken: unter den Matratzen des Doppelbettes, unter der Wäsche. Klasen zog sogar die Nachtischschublade heraus, um nachzusehen, ob etwas darunter klebte. Aber sie fanden nichts, und Barbara war sich auch sicher, dass die Kollegen bei der ersten Durchsuchung an solchen Stellen sehr genau nachgesehen hatten.
    »Nichts«, sagte Jost Klasen. Die Freude über den unverhofften Außeneinsatz war verflogen.
    »Lassen Sie uns mal genau überlegen«, meinte Barbara und setzte sich auf das Bett, dessen Laken halb heruntergerissen waren, Kissen und Decken türmten sich am Fußende. »Er ist ein Spanner. Wenn er einer Frau oder einem Pärchen zusieht, erregt ihn das. Er hat Fotos davon gemacht, und wenn er die Fotos ansieht, dann erregt ihn das aufs Neue.«
    Sie nahm die Füße hoch und setzte sich an die Seite, wo Hirschfeld geschlafen hatte. Dort stand das einzige Nachttischchen, direkt daneben ein altersschwacher Kleiderschrank. Barbara sah genau hin und sprang auf. »Klasen, helfen Sie mir mal.«
    Gemeinsam rückten sie den Schrank vor. Sofort hörten sie, wie etwas herunterfiel, das sich als schwere, große Briefumschläge entpuppte. Barbara öffnete den obersten. Die Fotos zeigten eine schemenhafte, nackte Frau, durch ein Fenster fotografiert. Ähnliche Motive fanden sich bei den anderen. Dreiundzwanzig Umschläge hatte Hirschfeld hinter den Schrank gesteckt, den neuesten mit den frischesten Erinnerungen immer nach vorn, damit er ihn leichter herausziehen konnte. Trotzdem war Barbara enttäuscht. Sie hatte gehofft, dass er auch andere »Erinnerungsfotos« geschossen habe: Fotos von den Morden.
    Klasen steckte den letzten Satz Fotos zurück in die Tüte. »Er hat diese Schweinereien tatsächlich ganz normal im Laden entwickeln lassen«, meinte er angewidert. Dann schaute er noch mal hinter den Schrank, um zu sehen, ob sie nichts vergessen hätten. »Frau Hielmann-Pross!«, rief er plötzlich. »Wir müssen den Schrank weiter abrücken!«
    Sie taten es, und dann sah Barbara, was er entdeckt hatte: Da war noch eine Tüte, sie war auf die Rückwand geklebt. Klasen löste sie ab und sah hinein. Es waren nur Negative. »Da ist kaum etwas drauf zu erkennen«, meinte er enttäuscht. »Die müssen nachts aufgenommen worden sein.«
    »Wir lassen sie entwickeln.« Barbaras Herz klopfte. Waren das die Fotos, nach denen sie gesucht hatte? Fotos von den Morden? Oder

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