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Blutleer

Blutleer

Titel: Blutleer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Kaffke
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Jakubian.
    Barbara sah ihn ratlos an. »Und ich möchte nicht unbedingt ein Taxi bis Rheinhausen nehmen.«
    »Und bis Kaiserswerth?«
    Sie schüttelte heftig den Kopf. »Auf keinen Fall.«
    »Dann also zu mir.«
    Für einen Moment schoss Barbara der Gedanke an ein Hotel durch den Kopf, aber dann wischte sie ihn weg. Sie waren schließlich zwei erwachsene Menschen.
    Am Carlsplatz fanden sie ein Taxi, das sie zu seiner Wohnung in Derendorf brachte. Dass er sie als »Loch« bezeichnet hatte, war noch geschmeichelt. Hier hatte der Vermieter sämtliche Sperrmüllmöbel abgestellt, derer er habhaft werden konnte.
    Barbara sah das neunzig Zentimer breite Einzelbett zweifelnd an, während Jakubian in einem klapprigen Schrank nach einer Decke suchte und schließlich fand. »Für dich ist die Couch groß genug.«
    »Wie konntest das hier nur mieten!« Barbara war fassungslos.
    »Trinken wir sie schön!«, sagte er nur, fischte in der Kochnische nach einem Korkenzieher und öffnete eine der Flaschen, die er aus dem
Vini Divini
mitgebracht hatte.
    Er holte zwei Wassergläser und goss ein. Als er sich auf die Couch setzte, gab sie heftig nach.
    »Ich hatte einfach die Nase voll von Hotels.«
    Sie stießen mit den randvollen Wassergläsern an. Barbara musste kichern, als sie ein wenig verschüttete, dann trank sie schnell, um weitere Pannen zu verhindern.
    Jakubian runzelte plötzlich ganz ernst die Stirn. Er stellte das Glas auf den Kachelcouchtisch. »Weißt du, was ich schon den ganzen Abend tun möchte?«
    »Nein.«
    Er nahm Barbara das Glas aus der Hand und stellte es ebenfalls weg. »Ich möchte dich küssen. Und das werde ich jetzt auch tun.«
    Barbaras Kopf funktionierte inzwischen so schwerfällig, dass sie gar nicht reagieren konnte, aber im nächsten Augenblick fand sie, dass das auch gar nicht nötig war. Er hatte sie in seine Arme genommen, und nun küssten sie sich lange, sehr lange. Das war kein kleiner, unverbindlicher Kuss, kein Versuch, das war Leidenschaft, wie Barbara sie selten erlebt hatte. Als er endete, schnappte sie nach Luft.
    »Tut mir Leid«, sagte er.
    »Das war schön.«
    »Ja?«
    »Ja.«
    Sie kuschelte sich an ihn. Er beugte sich noch mal vor, um ihre Gläser zu nehmen, dann saßen sie gemeinsam auf diesem Albtraum von Couch, er den Arm um sie gelegt und tranken langsam Schluck für Schluck ihren Wein.
    »Das schmeckt nach mehr«, sagte Barbara, und langsam merkte sie, wie ihre Sprache verwischte. »Nein, nicht noch mehr Wein.«
    Sie drängte sich enger an ihn, er küsste ihr Haar und ihr Gesicht, und irgendwann war er wieder an ihrem Mund angelangt. Doch er machte nicht weiter. Er hielt sie und sagte leise: »Wir sind beide betrunken, Barbara.«
    Er hatte Recht. Dies alles würde nicht geschehen, wenn sie nüchtern wären. Barbara spürte seinen Widerstand wie eine Ernüchterung, und alles in ihr wehrte sich dagegen.
    Sie wollte diesen Moment festhalten, aber er machte sich los. »Ich sage nicht, dass ich nicht auch Lust hätte auf dich. Aber so will ich das nicht. Ich will später nichts bereuen müssen.«
    Barbara atmete tief durch. Verwirrt registrierte sie, dass sich in ihre Enttäuschung auch eine Spur Erleichterung mischte.
    Sie saßen noch eine Weile dicht nebeneinander auf der Couch. Die Gläser rührten sie nicht mehr an.
    »Um zehn muss ich bei Petermann antanzen«, sagte er nach einer Weile.
    Sie nickte heftiger, als sie beabsichtigt hatte. »Ich werde das Phantombild zur Soko bringen und alles veranlassen. Vergleich mit den Eisenbahnfotos usw.«
    »Den Namen kannte der Zuhälter nicht?«
    Das Kopfschütteln funktionierte irgendwie nicht. »Er sagte aber, bei einer Gegenüberstellung würde er den Mann erkennen.«
    Jakubian schüttelte plötzlich den Kopf.
    »Was ist denn?«, fragte Barbara.
    »Nicht zu fassen. Gerade haben wir uns geküsst, und jetzt reden wir über unseren Fall.«
    Sie zuckte die Schultern. »Ich finde das ganz normal.«
    »Ich auch. Und das macht mir Angst.« Er stand auf. Der Moment war endgültig vorbei. »Ich leg mich hin. Wir haben noch knappe vier Stunden, um ein wenig zu schlafen.«
    Barbara schob sich ein Sofakissen unter den Kopf und deckte sich mit der Decke zu. »Gute Nacht«, sagte sie leise.
    »Gute Nacht.«
    Sie hätte sich gewünscht, er würde sich nochmals herunterbeugen und ihr einen Kuss geben, aber er stieg bereits in sein Bett. Es dauerte noch Weile, bis sie einschlief, dauernd fragte sie sich, was da heute Abend passiert war. Sie wusste keine

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