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Blutlied -1-

Blutlied -1-

Titel: Blutlied -1- Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vanessa Farmer
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zureden, würde dich überreden, endlich der Wahrheit ins Gesicht zu sehen. Du bist ein Bruder, einer, dem die Nacht gehört. Mit jedem Tag, jeder Woche, die du dich dagegen auflehnst, frisst dich die Qual immer mehr. Stattdessen würde sie dir sagen: Genieße zu sein, was du nun bist! Lebe den Traum der Menschen, lebe die Unsterblichkeit. Die Kraft, die du besitzt, die übermenschliche Aufnahmefähigkeit, die Sinne, die dir geschenkt wurden. Und falls du zu Beginn noch damit haderst, Menschen das Leben zu nehmen, ihr Blut zu trinken – nähre dich an Verbrechern, am Abschaum und gewöhne dich an das schwarze Licht, dem du folgen solltest.« Er atmete tief ein und aus. »Deine Caroline wäre klüger gewesen!«
    »Warum gerade ich?«
    »Weil es die Weissagung so will. Albert Asbury, der Besitzer dieses Hauses, war einer von uns. Er starb durch die Hand eines Jägers. Er hatte keine Zeit, sein neues Leben zu genießen. Er hinterließ dieses Haus, seinen Reichtum seiner Nichte, die den Fehler beging, sich mir in den Weg zu stellen. Albert Asbury war ein Großmeister. Er war Besitzer des Großen Buches . Er war es, der uns in Sitzungen, die nicht hier, sondern bei den Steinen von Stonehenge stattfanden, vorlas, dass eines Tages jener käme, der unsere Welt verändert. Er schilderte uns, wie er aussehe, wer er sei und er machte deutlich, wann und wo es geschehen sollte. Seit Alberts Tod wartete ich hier. Beobachtete und wartete. Wartete auf ... dich! Das Buch hatte dich geweissagt!«
    »Carolines Onkel starb durch einen Jäger?«
    »Mit einem Pflock im Herzen.«
    »Wo ist dieser Jäger jetzt?«
    »Unauffindbar!«
    »Welche Position hast du nach Alberts Tod, Regus?«
    »Ich bin der neue Großmeister. Albert hätte es so gewollt.«
    Der Fensterladen schlug, kaltes Vollmondlicht warf harte Schatten.
    »Ich werde an deiner Seite sein, Frederic, eine Unendlichkeit lang. Ich werde dann, wenn der Zeitpunkt gekommen ist, wenn du endlich reif genug bist, mit dir das Ritual der Öffnung exerzieren. Danach wirst du unsere Welt verändern.«
    Es war eiskalt im Zimmer. Frederic hatte das Frieren verlernt. Mit einem Sprung war er bei Regus. Ihre Nasen berührten sich fast. Ihre Blicke bohrten sich ineinander. Der Vampir lächelte und seine Fangzähne glühten weiß. Er stieß ein atavistisches Knurren aus. Frederic spürte die Gefahr, die von diesem Wesen ausging. Noch war Regus viel stärker als er, konnte ihn, falls notwendig, mit einem Schlag töten.
    So wie er vermutlich Albert getötet hatte?
    »Du hast mir meine Frau genommen, du elende Kreatur ...«, flüsterte Frederic. Über seinen Rücken fuhren heiße Finger, in seinem Mund regte es sich und hinter seinen Augen loderten Feuer. »Egal, was dieses Buch über mich sagt, unwichtig, für was ich herhalten muss – eines Tages wirst du dafür bezahlen.«
    Er wird mir nichts tun! Dafür bin ich zu wichtig für ihn!
    »Eines Tages, mein Junge, wirst du endgültig zu uns gehören«, gab der Vampir seelenruhig zurück. »Dann wird deine Kraft größer sein, als du es dir vorstellen kannst. Du wirst endgültig den Schritt auf unsere Seite getan haben. Dann wird sich die Weissagung erfüllen. Und du wirst diese Menschenfrau ein für allemal vergessen!«
    »Niemals!«, stieß Frederic hervor. »Niemals!«
    Der Vampir lächelte milde. »Je mehr Menschlichkeit noch in dir ist, desto stärker wird später der Genuss der Stärke deine Eitelkeit befriedigen. Irgendwann wirst du Ihnen überlegen sein, ein Gott.«
    »Und wenn es niemals so wird?«
    »Es wird, Frederic, es wird! Manch einer benötigt eine besonders lange Lehrzeit, andere lernen schneller. Du wirst Alles sein, denn du bist wie ich – bist ein Vampir!«
    »Weil es das Buch so will?«
    »Ja!«
    »Und was werde ich verändern? Was sagt das Buch darüber?«
    »Alles zu seiner Zeit ...«
    Geschwindigkeit hatte für Frederic keinen Belang mehr. Blitzartige Bewegungen nahm er auf, wie andere eine Zeitlupe empfinden mussten. Dennoch erstaunte es ihn, wie schnell Regus sich davonmachte. Er sprang auf die Fensterbank, spreizte die Arme, verringerte und verkleinerte und wurde zu einem Raben, der mit weiten Schwingen in den Vollmond flog.
    Frederic schreckte aus seinen Erinnerungen hoch.
    »Haben Sie gehört, was ich gesagt habe, Sir?«, fragte Ludwig.
    »Das wir Regus finden müssen?«
    »Ja, Sir. Wir warten schon so lange auf ihn, wir verharren in Melancholie. Das muss ein Ende haben. Nur wenn wir handeln, werden wir das Rätsel lösen

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