Blutlinien - Koeln Krimi
Bitte tun Sie alles, um den Mörder so schnell wie möglich zu finden.«
Als Maline und Chiara auf dem Weg ins Präsidium waren, rief Tom an.
»Wir haben die Analyse des Projektils, das in Lous Fall sichergestellt wurde. Es passt zu der Waffe, mit der vorgestern auf die beiden Männer am Friesenplatz geschossen wurde.«
* * *
Mir präsentiert sich ein neues Opfer. Das ist ein Novum. Bis auf meine Tante habe ich bisher nur mir unbekannte Menschen beseitigt. Dahinter steckt durchaus System, damit erschwere ich der Polizei die Arbeit. Deshalb verkneife ich mir in der Regel naheliegende Gelegenheiten. Aber diese Person stört mich ganz gehörig, der Geist lässt sich nicht mehr in die Flasche drücken.
Ich entwickele Pläne, ganze Szenarien entstehen in meinem Hirn, verfolgen mich bis unter die Dusche.
Meine Idee und ich rauchen gemeinsam die erste Zigarette am Morgen, lehnen uns aus dem Fenster und schauen auf die Straße. Ich könnte diese Person hier und jetzt abstechen, so einen Hass habe ich!
Aber ich muss mich gedulden. Im nahen Umfeld zu töten erfordert ein höchstes Maß an Vorsicht. In der Zwischenzeit darf ich keinen Verdacht erregen, und das ist alles andere als einfach. Es liegt mir nicht, mich zu verdrehen, mich anzupassen, auf Knopfdruck lieb und nett zu sein. Natürlich steht mir meine Gesinnung nicht auf der Stirn geschrieben, und selbstverständlich gehe ich damit nicht hausieren. Ich tauche unter, lebe als Wolf unter Schafen und kontrolliere mich ständig. Gelegentlich schlagen meine Ansichten jedoch durch, da genügen schon kleinste Aufreger. Aber eigentlich habe ich mich im Griff. Noch.
Früher bin ich schon mal zu Versammlungen gegangen. In jeder größeren Stadt gibt es Orte, an denen sich Gleichgesinnte in die Augen schauen können. Dort ist es möglich, sich gehen zu lassen, jeder zeigt sich, wie er wirklich tickt. In der Regel halte ich mich aber von solchen Veranstaltungen fern. Persönliche Kontakte brauche ich nicht. Ich bin ein Einzelgänger.
Nur manchmal lasse ich mich anstecken, marschiere mit, setze meine Unterschrift unter Forderungen, bezeuge mein Nein demokratisch, zum Beispiel wenn die Gleichstellung mal wieder heiß diskutiert wird. Für große Kundgebungen reise ich gelegentlich zu Anti-Demos, auch ins benachbarte Ausland. Hier stehe ich in der ersten Reihe und schlage den Demonstrierenden Parolen ins Gesicht. Anonym, verkleidet, ich darf kein Risiko eingehen.
Es gibt mir Auftrieb, zu sehen, wie viele wir sind und wer meine Werte teilt. Alte, aber auch immer mehr Junge, Familien, Menschen aus jeder Gesellschaftsschicht. Wir sind keine Randerscheinung, treten immer mehr in die Mitte, erheben uns weltweit.
Aber im Großen und Ganzen gehen mir die Aktionen der Unradikalen nicht weit genug. Auch deshalb mache ich mein eigenes Ding, bin mir aber der Zustimmung der breiten Masse sicher.
Manchmal dürstet es mich nach Anerkennung. Dann juckt es mich in den Fingern, dann will ich mich zeigen und bewundernde Blicke genießen. Aber die Zeit ist noch nicht reif. Meine Eitelkeit knechte ich im Dienst für die gute Sache. Und wie gesagt, im nahen Umfeld zu morden erfordert Disziplin. Ich darf keine Gefährdung der gesamten Operation riskieren. Und bevor ich diese persönliche Sache erledige, stehen noch andere Feldzüge auf meiner Liste.
Köln-Nippes, Gustav-Nachtigal-Straße
»Entweder zieht der Luftfilter nicht, oder es ist der Auspuff.« Clemens schob die Zigarette in den Mundwinkel und begann damit, die Verkleidung des Rollers abzubauen. »Lass uns zuerst nach dem Filter sehen.«
Wilson riss sich zusammen, am liebsten wäre er ins Haus gegangen, er hatte Bock auf ein ordentliches Grillsandwich. Leider war Clemens nicht zu stoppen, irgendwie nahm er die Sache mit der Wartung der Maschine tierisch ernst. »Ein Motor braucht regelmäßig Pflege!« – mein Gott, als ob es nichts Wichtigeres gäbe. Zugegeben, er hatte Lous Freund tagelang damit in den Ohren gelegen. Seine Karre zog einfach nicht richtig, und Clemens kannte sich mit Motoren aus. Da konnte er eine Menge Geld sparen, und außerdem verbrachte er gern Zeit mit ihm. Der Typ hatte einen coolen Job, brachte immer einen witzigen Spruch und verhielt sich kumpelmäßig, gar nicht wie andere Erwachsene, die Wilson kannte. Und obwohl Lou im Krankenhaus lag und ihm doch wahrscheinlich der Kopf schwirrte, nahm er sich Zeit für das Zweirad.«
»Was ist mit der Vespa für Frieda? Hast du sie ersteigert?«
»Klar, für
Weitere Kostenlose Bücher