Blutmale
wir den Coupon eines Gehaltsschecks gefunden. Sie hat drüben im Naturwissenschaftlichen Museum gearbeitet. Wir wissen nicht, als was, aber nach dem Haus und den Möbeln zu urteilen« - Jane warf einen Blick in Richtung Esszimmer - »hat sie nicht gerade zu den Großverdienern gehört.«
Sie hörten Stimmen, knarrende Schritte - die Kriminaltechniker waren da. Sofort richtete Jane sich kerzengerade auf, um den Neuankömmlingen wenigstens äußerlich mit ihrer gewohnten Selbstsicherheit entgegenzutreten. Die furchtlose Detective Rizzoli, die sie alle kannten.
»Hallo, Jungs«, sagte sie, als Frost mit zwei Männern der Spurensicherung die Küche betrat. »Eine schöne Bescherung, was?«
»Mein Gott«, murmelte einer der beiden. »Wo ist denn der Rest des Opfers?«
»Über mehrere Räume verteilt. Vielleicht fangt ihr am besten im …« Sie verstummte und spannte schlagartig alle Muskeln an.
Das Telefon auf dem Küchentresen klingelte.
Frost stand am nächsten dran. »Was denkst du?«, fragte er und sah Rizzoli an.
»Geh ran.«
Vorsichtig nahm Frost mit seiner behandschuhten Hand den Hörer ab. »Hallo? Hallo?« Nach einigen Sekunden hängte er ihn wieder ein. »Aufgelegt.«
»Was sagt die Anruferkennung?«
Frost drückte auf den Knopf, um sich die Liste der eingegangenen Anrufe anzeigen zu lassen. »Es ist eine Bostoner Nummer.«
Jane zog ihr Handy aus der Tasche und sah sich die Nummer auf dem Display an. »Ich versuche mal zurückzurufen«, sagte sie und wählte. Schweigend stand sie da und lauschte. »Es geht niemand ran.«
»Ich will mal nachsehen, ob diese Nummer schon ein mal angerufen wurde«, sagte Frost. Er tippte sich durch die Liste der eingegangenen Anrufe und der gewählten Nummern. »Okay, hier haben wir den Notruf. Das war um 0:10 Uhr.«
»Unser Täter, der auf sein Werk aufmerksam machen wollte.«
»Und dann ist da noch ein Anruf, kurz vor dem Notruf. Eine Nummer in Cambridge.« Er blickte auf. »0:05 Uhr.«
»Hat unser Täter zweimal von diesem Apparat aus angerufen?«
» Wenn es der Täter war.«
Jane starrte das Telefon an. »Denken wir doch mal scharf nach. Er steht hier in der Küche. Er hat sie gerade umgebracht und zerstückelt. Hat ihr die Hand abgeschnitten, den Arm. Und ihren Kopf hier auf dem Boden platziert. Wieso sollte er da jemanden anrufen? Um mit seiner Tat zu prahlen? Und wen kann er angerufen haben?«
»Finde es heraus«, sagte Maura.
Wieder benutzte Jane ihr Handy; diesmal, um die Nummer in Cambridge anzurufen. »Es läutet. Okay, jetzt schaltet sich der AB ein.« Sie hielt inne, und ihr Blick schnellte zu Maura. »Du wirst nicht glauben, wem diese Nummer gehört.«
»Wem?«
Jane legte auf und wählte die Nummer erneut. Sie reichte Maura das Handy.
Maura hörte es viermal klingeln. Dann sprang der Anrufbeantworter an, und eine Bandansage lief ab. Sie erkannte die Stimme sofort, und es überlief sie eiskalt.
Sie haben den Anschluss von Dr. Joyce P. O'Donnell er reicht. Ich würde sehr gerne hören, was Sie mir zu sagen ha ben, also hinterlassen Sie doch bitte eine Nachricht, und ich werde Sie so bald wie möglich zurückrufen.
Maura brach die Verbindung ab und starrte Jane an, die genauso perplex schien wie sie selbst. »Wieso sollte der Täter Joyce O'Donnell anrufen?«
»Ich glaub's nicht«, sagte Frost. »Das ist ihre Nummer?
»Wer ist denn die Frau?«, fragte einer der Kriminaltechniker.
Jane sah ihn an. »Joyce O'Donnell«, antwortete sie, »ist ein Vampir.«
4
So hatte Jane sich den Weihnachtsmorgen nicht vorgestellt.
Sie saß mit Frost in ihrem Subaru, der auf der Brattle Street parkte, und starrte die große weiße Villa im Kolonialstil an. Bei Janes letztem Besuch war es Sommer gewesen, und ihr war aufgefallen, wie makellos gepflegt der Vorgarten war. Jetzt, als sie Haus und Garten in einer anderen Jahreszeit sah, war sie aufs Neue beeindruckt von den geschmackvollen Details - vom schiefergrauen Anstrich der Fenster- und Türrahmen bis hin zu dem imposanten Weihnachtskranz an der Haustür. Das schmiedeeiserne Garten tor war mit Kiefernzweigen und roten Bändern geschmückt, und durch das Wohnzim merfens ter erspähte sie einen mit glitzerndem Schmuck behängten Christbaum. Das war eine Überraschung - dass selbst Blutsauger Weihnachten feierten.
»Wenn du ein Problem damit hast«, sagte Frost, »kann ich auch mit ihr reden.«
»Denkst du, ich werde damit nicht fertig?«
»Ich meine ja bloß - das muss dir doch ganz schön
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