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Blutmond - Wilsberg trifft Pia Petry - Kriminalroman

Blutmond - Wilsberg trifft Pia Petry - Kriminalroman

Titel: Blutmond - Wilsberg trifft Pia Petry - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Grafit
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Singles, haben das Gleiche studiert und sind beide als Privatschnüffler unterwegs. Doch wie ich das Leben kenne, sind das zu viele Gemeinsamkeiten für ein Happy End.
     
    Frierend warte ich vor dem Eingang meines Hotels, halte den Mantel über meinem üppigen Dekolletee zusammen und spiele ein böses Spiel. Wilsberg, der direkt vor mir steht, hat eindeutig zu viel Bier getrunken. Nicht dass er besoffen wäre, doch der Alkohol hat ihn in eine sentimentale Stimmung versetzt, die ihn anlehnungsbedürftig und unvorsichtig macht.
    »Wollen Sie wirklich schon gehen?«, fragt er.
    »Nein«, sage ich, »ich wollte noch ein Stündchen hier herumstehen und darauf warten, dass meine Füße festfrieren.«
    Er legt seine Hände auf meine Hüften. Ich spüre die Berührung deutlich durch die dünne Latexhose. Er geht zum Angriff über und ich sollte mir langsam eine Strategie überlegen.
    »Interessiert Sie SM nur theoretisch oder auch praktisch?«, frage ich.
    »Ach, ich könnte mir schon vorstellen, Sie mal übers Knie zu legen.«
    Jetzt wird er auch noch witzig. »Da verwechseln Sie etwas«, entgegne ich. »Wenn überhaupt, dann werde ich Sie übers Knie legen.«
    Er schüttelt den Kopf. »So kommen wir nicht zusammen. Allerdings weiß ich auch nicht, was zwei Sadisten machen, die sich füreinander interessieren?«
    »Vielleicht suchen sie sich ja einen Dritten, den sie zusammen verhauen können?«, schlage ich vor.
    »Ich will keinen Dritten.«
    »Dann vielleicht eine Dritte?«
    »Ich will auch keine Dritte«, antwortet er und zieht mich behutsam an sich. Sein Mund kommt gefährlich näher. Und der Geruch nach Sandelholz steigt mir wieder in die Nase. Zusammen mit dem Alkohol, der durch meinen Blutkreislauf zirkuliert, verfehlt er seine Wirkung nicht. Kurz fühle ich mich außer Gefecht gesetzt. Doch dann schiebe ich die Romantik beiseite. Meine Bösartigkeit gewinnt die Oberhand. Wilsberg hat die Augen geschlossen, den Kopf leicht zur Seite geneigt.
    Tja, mein Lieber, denke ich, wir haben noch eine Rechnung offen. Und das scheint mir genau der richtige Moment zu sein, um sie zu begleichen. »Gehört Küssen zu Ihren Recherchemethoden, Herr D-e-t-e-k-t-i-v?«, frage ich leise.
    Erst passiert nichts. Dann reißt Wilsberg die Augen auf und starrt mich an, als hätte ich ihm gerade einen Schwinger in den Solarplexus versetzt. Ich kann mir ein bösartiges Lächeln nicht verkneifen, zwinkere ihm zu und gehe zum Hoteleingang. Dort drehe ich mich noch einmal um. »Schlafen Sie schön, Sherlock Holmes.«
    Beschwingt und selig vor mich hin grinsend, laufe ich durch die Drehtür, immer noch das Bild des völlig verdutzten Wilsberg vor Augen. Ich liebe es, wenn die Jungs k. o. gehen.

10
     
    Wilsberg hat Illusionen
     
     
    Am nächsten Morgen hatten sich die Wolken verzogen und die Sonne brannte vom Himmel. Um zehn Uhr, also zu der Zeit, als ich aufstand, zeigte das Thermometer auf meinem Balkon bereits fünfundzwanzig Grad im Schatten an. Ich beschloss, auswärts zu frühstücken. Normalerweise bin ich morgens weder unternehmungslustig noch kommunikativ, es sei denn, ich werde durch einen Fall dazu gezwungen. Aber mir war danach, eine Ausnahme zu machen. Schon die zweite innerhalb der letzten zwölf Stunden. Mit einer Verdächtigen zu flirten widerspricht den eisernen Regeln der Detektivarbeit, denn Gefühle sind bekanntlich die natürlichen Feinde eines objektiv urteilenden Verstandes. Andererseits war Pia Petry nicht wirklich eine Verdächtige. Sie war in die Geschichte hineingeschlittert, mit dem Opfer und dem möglichen Täter befreundet. Und sie bewegte sich ziemlich unbefangen in einer Szene, die ich vielleicht nur deshalb für gefährlich hielt, weil sie mir so fremd war. Oder trogen mich da schon meine Gefühle?
    Ich ging zum Café Röstfrisch, zwei Querstraßen von meiner Wohnung entfernt, und setzte mich unter einen bunten Sonnenschirm. Während ich einen Milchkaffee schlürfte und ein Schokoladencroissant kaute, schaute ich den Studentinnen zu, die nur mit dem Notwendigsten bekleidet auf ihren Hollandrädern vorbeifuhren.
    Eigentlich, dachte ich, lässt sich das Leben ertragen. Dabei wusste ich, auch wenn ich es mir nicht offen eingestand, dass es weder das schöne Wetter noch die Studentinnen waren, die meine Stimmung hoben. Es war dieses Prickeln, die das ewige Jagdfieber auslösende Frage, ob aus dem Beinahekuss vor dem Hotel mehr werden würde. Während der letzten Jahre, in denen mein Liebesleben so aufregend wie ein

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