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Blutmusik

Blutmusik

Titel: Blutmusik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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fragte Edward. Plötzlich kam
ihm ein anderer Gedanke und hinterließ ein flaues Gefühl
im Magen.
    »Nein«, sagte Vergil. »Es kommt von meiner Haut.
Sie sagen mir nicht alles, aber ich bin der Meinung, daß sie
Kundschafter aussenden. He! Astronauten! Ja. Sie verlassen die
Heimatgalaxis.« Er blickte mit einem Ausdruck zu Edward auf, der
nicht ganz in Besorgnis überging; eher wie Neugierde, was Edward
dazu sagen würde.
    Edwards Magen zog sich zusammen, als warte er auf einen zweiten
Schlag. Er hatte die Möglichkeit bisher niemals ernsthaft in
Betracht gezogen, jedenfalls nicht bewußt. Vielleicht weil er
sich allzu sehr auf die Frage der Akzeptanz und mehr unmittelbare
Probleme konzentriert hatte. »Ist dies das erste Mal?«
    Vergil bejahte lachend. »Ich habe gute Lust, die kleinen
Teufel durch den Abfluß zu lassen. Sollen sie nur herausfinden,
wie die Welt wirklich beschaffen ist.«
    »Sie würden sich überall ausbreiten«, sagte
Edward.
    »Sicherlich.«
    Edward nickte. Sicherlich. »Du hast mich nie mit Candice
bekannt gemacht«, sagte er.
    Vergil schüttelte den Kopf. »Ja, das stimmt.« Mehr
nicht.
    »Wie… wie fühlst du dich?«
    »Gerade jetzt fühle ich mich ziemlich gut. Müssen
Milliarden von ihnen im Badewasser sein.« Wieder platschte er
mit den Händen. »Was meinst du? Sollte ich die kleinen
Schwerenöter hinauslassen?«
    »Ich brauche was zu trinken«, sagte Edward.
    »Candice hat etwas Whiskey im Küchenschrank.«
    Edward kniete neben der Badewanne nieder. Vergil betrachtete ihn
neugierig. »Was sollen wir tun?« fragte Edward.
    Vergils Gesichtsausdruck wechselte mit erschreckender
Plötzlichkeit von wachem Interesse zu einer Trauermaske.
»Mein Gott, Edward, meine Mutter – weißt du, sie
kommen, mich zurückzuholen, aber sie sagte… ich sollte sie
anrufen. Mit ihr reden.« Tränen kullerten über die
Schwielen und Beulen, die seine Wangen deformierten. »Sie sagte
mir, ich solle zu ihr zurückkommen, wenn… wenn es Zeit sei.
Ist es Zeit, Edward?«
    »Ja«, sagte Edward. Er fühlte sich wie
aufgehängt in einer von Funken durchschossenen Wolke. »Ich
glaube, es muß sein.« Seine Finger schlossen sich um das
Kabel der Quarzlampe und folgten seiner Länge bis zum
Stecker.
    Vergil hatte Türklinken elektrisiert, seiner Kommilitonen
Urin blau gefärbt, tausend handfeste Streiche verübt und
war dabei nie erwachsen geworden, nie ausreichend gereift, um zu
verstehen, wie brillant er war, was er bewirken konnte und welche
Verantwortlichkeit ihm damit zufiel.
    Vergil streckte die Hand zur Kette des Badewannenstöpsels
aus. »Weißt du, Edward, ich…«
    Weiter kam er nicht. Edward hatte den Stecker in den
Wandanschluß gesteckt. Nun nahm er die Lampe, schaltete sie ein
und warf sie ins Badewasser. Er sprang vor dem Blitz, dem Dampf und
dem Funkenregen zurück. Die Deckenbeleuchtung erlosch. Vergil
schrie und schlug um sich und zuckte, und dann war alles still, bis
auf das leise gleichmäßige Zischen und den Rauch, der von
seinem Haar aufstieg. Licht von der kleinen
Entlüftungsöffnung durchschnitt in mattem Strahl den
übelriechenden Dunst.
    Edward hob den Toilettendeckel und übergab sich. Dann hielt
er sich die Nase zu und stolperte hinaus ins Wohnzimmer. Seine Beine
gaben nach, und er fiel auf die Couch.
    Aber er hatte keine Zeit. Schwankend stand er auf,
überwältigt von erneuerter Übelkeit, und tappte in die
Küche. Er fand die Flasche Jack Daniels und kehrte zurück
zum Badezimmer. Er schraubte die Kappe ab und schüttete den
Inhalt der Flasche ins Badewasser, bemüht, Vergil nicht direkt
anzusehen. Aber das war nicht genug. Zu einer wirksamen Desinfektion
würde er Bleichmittel und Ammoniak benötigen, und dann
würde er gehen müssen.
    Er war nahe daran, Vergil zu fragen, wo der Chlorkalk und das
Ammoniak seien, besann sich aber noch rechtzeitig. Vergil war tot.
Edwards Magen begann wieder zu rebellieren, und er lehnte sich im
Korridor an die Wand, die Wange an den Wandanstrich gedrückt.
Wann hatte der Realitätsverlust eingesetzt?
    Als Vergil ins Medizinische Zentrum Mount Vernon gekommen war. Das
war wieder einer von Vergils Scherzen. Ha. Färbe dein ganzes
Leben mitternachtsblau, Edward; vergiß niemals einen
Freund!
    Er schaute in den Wäscheschrank, sah aber nur Handtücher
und Laken. Auch im Kleiderschrank fand er nicht das Gesuchte. Zum
Schlafzimmer gehörte ein zweites Bad, und von der Stelle am
Fuß des ungemachten Bettes, wo er stand, konnte er dort einen
niedrigen weißen

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