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Blutmusik

Blutmusik

Titel: Blutmusik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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übriggeblieben ist.
Ich bin nicht krank geworden.« Sie stand am Tisch, einen Apfel
in der Hand, und kaute gedankenvoll. »Warum?« fragte
sie.
    »Weil«, antwortete sie und wirbelte herum, daß
kein verwunschener Winkel in der Küche ihrem Blick entgehen
konnte, »weil ich so schön bin, und der Teufel mich zu
seiner Frau machen möchte.«

 
21
     
    »In den vergangenen vier Tagen«, sagte Paulsen-Fuchs,
»sind die meisten Verbindungen mit dem nordamerikanischen
Kontinent unterbrochen worden. Die Etiologie der Krankheit ist nicht
genau bekannt, aber sie scheint jeden Vektor zu passieren, der den
Epidemiologen bekannt ist, geht aber darüber hinaus. Mr.
Bernards Unterlagen lassen erkennen, daß die Erreger oder
Komponenten der Krankheit selbst intelligent und gelenkter Aktion
fähig sind.«
    Die Besucher im Vorführraum – Vorstandsmitglieder der
Pharmek und Abgesandte von vier europäischen Ländern –
saßen mit undurchdringlichen Mienen auf ihren
Klappstühlen. Paulsen-Fuchs stand mit dem Rücken zum
Fenster, den Delegierten Frankreichs und Dänemarks
gegenüber. Er wandte sich um und zeigte zu Bernard, der in
seiner Isolierkammer am Schreibtisch saß und mit einer Hand,
die von weißlichen Schwielen gezeichnet war, auf die
Tischplatte klopfte.
    »Mr. Bernard ist unter Inkaufnahme großer Risiken und
nicht ohne Tollkühnheit nach Europa gekommen, um sich als
Versuchsperson für unsere Experimente zur Verfügung zu
stellen. Wie Sie sehen können, sind wir hier gut
ausgerüstet, um Mr. Bernard sicher in Quarantäne zu halten,
und es besteht keine Notwendigkeit, ihn zu einem anderen Laboratorium
oder Krankenhaus zu verlegen. Solch ein Transport könnte
tatsächlich sehr gefährlich sein. Wir sind jedoch durchaus
bereit, Anregungen zur wissenschaftlichen Verfahrensweise anzunehmen
und zu befolgen.
    Offen gesagt, wissen wir noch nicht, welche Art von Experimenten
wir durchführen sollen. Gewebeproben von Mr. Bernard lassen
erkennen, daß die Krankheit – wenn wir das Phänomen
so nennen wollen – sich rasch durch seinen Körper
ausbreitet, die Funktionen jedoch in keiner Weise
beeinträchtigt. Tatsächlich behauptete er, daß er
sich mit Ausnahme gewisser Symptome, auf die wir noch zu sprechen
kommen werden, niemals in seinem Leben besser gefühlt habe. Und
es hat den Anschein, daß seine Anatomie von Grund auf
verändert wird.«
    »Warum ist Mr. Bernard nicht vollständig umgewandelt
worden?« fragte der Vertreter Dänemarks, ein jugendlich
aussehender, dicklicher Mann in einem schwarzen Anzug, dessen Haar
wie kurzgeschnittenes Fell aussah. »Unsere wenigen Informationen
aus den Vereinigten Staaten zeigen, daß Transformation und
Auflösung innerhalb einer Woche nach Infektion
stattfinden.«
    »Ich weiß es nicht«, sagte Bernard, dessen Stimme
durch Lautsprecher übertragen wurde. »Meine
Lebensumstände unterscheiden sich von jenen der Opfer in einer
natürlichen Umgebung. Vielleicht ist den Organismen in meinem
Körper bewußt, daß es ihnen nicht guttun würde,
die Umwandlung zu vollenden.«
    Die Bestürzung in ihren Gesichtern zeigte, daß sie das
Konzept der Noozyten noch nicht gewohnt waren. Oder vielleicht
glaubten sie einfach nicht daran.
    Paulsen-Fuchs setzte die Diskussion fort, aber Bernard
schloß die Augen und versuchte, die Besucher
auszuschließen. Es war schlimmer, als er sich vorgestellt
hatte; in nur vier Tagen war er – sehr höflich, und mit
großer Fürsorglichkeit – vierzehn solcher
Zusammenkünfte ausgesetzt worden, hatte eine Serie von Versuchen
über sich ergehen lassen, die auf indirektem Wege vorgenommen
worden waren, hatte Fragen nach beinahe jedem Aspekt seines Lebens,
seiner Vergangenheit, Gegenwart, seiner privaten und
öffentlichen Funktionen beantwortet. Er war der Mittelpunkt
einer sekundären Schockwelle, die um die Welt ging – die
Welle der Reaktion auf das Geschehen in Nordamerika.
    Er war eben noch rechtzeitig herausgekommen. Die Etiologie der
Seuche hatte sich drastisch verändert und folgte nun mehreren
Mustern, oder vielleicht überhaupt keinem Muster; es war
denkbar, daß die Organismen auf ihre jeweilige Umgebung
reagierten und ihre Methoden dementsprechend veränderten. So
waren die großen Städte beinahe sofort zum Schweigen
gebracht worden; die meisten oder alle ihrer Bewohner wurden
innerhalb von achtundvierzig Stunden infiziert und umgewandelt.
Abgelegenere Kleinstädte und ländliche Gegenden waren
weniger rasch betroffen worden, vielleicht wegen des

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