Blutnacht in Manhattan
worden ist. Terra pestem teneto – Salus hic maneto...«
Ein Schrei!
Das Licht!
Die Bewegungen der sieben Männer!
Und dann fielen die Schüsse!
***
Hier kam alles zusammen. Und es lief verdammt schnell ab. Ich war zwar der Initiator gewesen, konnte aber selbst nichts dagegen unternehmen, denn jetzt handelte mein Kreuz.
Die Bühne wurde in ein hellweißes und strahlendes Licht getaucht. Nichts verschwamm mehr, und ich sah die Gestalt der Sharon Lane vor mir wie einen Scherenschnitt.
Sie hielt das Messer noch fest, als die Strahlen sie erwischten und zurückschleuderten. Dabei beließen sie es nicht, denn sie drangen wie Lanzenspitzen in ihren Körper.
Jeder hörte ihren gellenden Schrei. Jeder sah, das sie über die Bühne taumelte und zurückwich, bis sie die Feuerwand erreichte. Ich hatte sie bisher nur als ein künstliches Ding erlebt, was sich nun änderte, denn plötzlich kam Leben in sie.
Sie fing an zu tanzen.
Sie zuckte, sie wehte von einer Seite zur anderen, und lange Flammenzungen griffen nach ihrem Opfer.
Ob sie es verbrannten oder ob die Frau durch die Kraft des Kreuzes erledigt wurde, war letztendlich egal. Ich sah wieder den Schatten, aber jetzt drehte er sich um die eigene Achse, und vor meinen Augen wurde er zerrissen.
Tierische Schreie malträtierten meine Ohren. Nur blieben sie nicht so laut, denn sie schwächten sich ab, je weiter diese Person aus unserer normalen Welt herausgerissen wurde und auch nicht mehr zurückkehren würde. Der Teufel hatte wieder mal aufs falsche Pferd gesetzt.
Ob Sharon Lane verbrannte oder verglühte, das war mir egal. Für mich zählte nur, dass sie nicht mehr zurückkehrte, um ihren unseligen Plan in die Tat umzusetzen.
Ich sah zuletzt von ihr nur eine schwarze, zerrissene Wolke, um die noch das letzte Licht meines Kreuzes herumtoste und für eine endgültige Auflösung sorgte.
Dann wurde ich wieder zurück in die mich umgebende Realität gezogen. Ich hörte die Schreie der Männer. Auch Schüsse waren zu vernehmen. Der Schrei eines Mannes ebenfalls. Ich glaubte, die Stimme meines Freundes Abe Douglas zu erkennen und sah die Männer geduckt über den Bühnenboden hetzen.
Um mich kümmerte sich keiner mehr. So wie sich die Typen bewegten, sah alles nach einer Flucht aus.
Sollten sie, ich würde sie nicht aufhalten können, aber ich wollte nicht mehr am Boden bleiben und setzte mich hin. Es fiel kein Schuss mehr.
»John, alles klar?«
Jetzt wusste ich, dass der G-Man Abe Douglas gesprochen hatte, und ich war verdammt froh darüber.
Seine Kugeln hatte die sieben Männer vertrieben. Wäre nicht geschossen worden, hätten sie es bestimmt noch geschafft, mir die Klingen in den Leib zu rammen...
***
Abe Douglas war noch immer angeschlagen. Deshalb kam er auch nicht normal auf die Bühne, sondern kroch auf Händen und Füßen die Treppe hoch. Der Niederschlag hatte ihn doch zu sehr geschwächt. Es gab kein Feuer mehr, auch kein künstliches. Wir mussten mit dem Licht auskommen, das uns zur Verfügung stand.
Auch wenn Abe Douglas es nicht wahrhaben wollte, er hatte mir das Leben gerettet. Er kniete, er winkte matt ab und schaute sich um so gut wie möglich.
Judith lag auf dem Rücken. Sie bewegte sich nicht mehr. So entsprang Abe’s Frage der Normalität.
»Lebt sie?«
»Ja, sie wurde gerettet.«
»Gut. Und die verfluchten Typen sind uns entkommen. Aber ich kann dir eines sagen, John, ich werde sie verfolgen. Einige Gesichter kenne ich, obwohl ich nicht weiß, wo ich die machtgierigen Kerle momentan hinstecken soll. Ich bin allerdings sicher, dass es mir wieder einfällt. Und dann wird abgerechnet.«
Das traute ich ihm zu. Wenn Abe Douglas sich mal auf die Spur gesetzt hatte, da glich seine Entschlossenheit der eines Vampirs, der das frische Blut eines Menschen gerochen hatte.
Wir wunderten uns darüber, als sich Judith meldete. »Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen«, sagte sie mit leiser Stimme. »Diese sieben Männer, die kenne ich.«
Der G-Man lachte. »Tatsächlich?«
»Ja.«
»Verdammt, ich könnte Sie küssen.« Abe grinste noch, bevor er sagte: »Später vielleicht, doch jetzt bin ich zu schwach.«
Wie um das zu demonstrieren, kippte er langsam zur Seite und blieb auf der Bühne liegen.
»Was ist denn jetzt los?«, fragte Judith.
Ich zuckte mit den Schultern. »So ist das nun mal mit den Männern von heute. Sie sind wirklich nichts mehr gewöhnt...«
ENDE
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