Blutnacht
aufgegeben, drei Jungs aufgezogen und sich den Pflichten vorstädtischer Mutterschaft gewidmet hatte, nur um festzustellen, dass ihr ältester Sohn … anders wurde.
Jetzt war sie außer sich vor Sorge. Kevin hatte nicht zu Hause angerufen.
Petra sagte: »Es muss einfach beunruhigend sein, Ma’am. Niemand sagt, dass Kevin sich irgendwas hat zuschulden kommen lassen, er ist nur jemand, mit dem wir sprechen müssen. Er könnte in Gefahr sein. Denken Sie darüber nach: Ist er je zuvor auf diese Weise verschwunden? Halten Sie es nicht für wichtig, dass wir ihn finden?«
Terry Drummond biss sich auf die Unterlippe.» Ich habe nicht von ihm gehört, wie wollen Sie ihn also finden können?«
»Wie lange ist es her, Ma’am?«
Terry schüttelte den Kopf. »Das ist alles, was ich Ihnen sage.«
»Haben Sie eine Ahnung, warum wir an ihm interessiert sind?«
»Irgendwas mit einem Mord. Was lächerlich ist. Kevin ist sanftmütig.« Terrys Stimme wurde bei dem letzten Wort etwas höher, und sie zuckte zusammen. Petra hatte den Eindruck, dass jemand es in Bezug auf Kevin als Beleidigung benutzt hatte.
Der Sanftmütige.
»Ich bin überzeugt, dass er das ist, Mrs. Drummond.«
»Warum machen Sie dann Jagd auf uns?«
»Das tun wir gar nicht, Ma’am. Ich bin sicher, Sie kennen Kevin besser als irgendjemand sonst. Ihnen liegt er mehr am Herzen als sonst jemandem. Wenn er sich also bei Ihnen meldet, werden Sie ihm sicher einen guten Rat geben.«
Terry Drummond weinte. »Ich brauche das nicht, ich brauche das kein bisschen. Wenn mein dämlicher Schwager Kevin nicht angeschwärzt hätte, müsste ich mich hiermit nicht abgeben – warum schauen Sie sich ihn nicht näher an? Er hat bereits zwei Menschen umgebracht.«
»Randolph?«
»Seine Frau und sein Kind, der dreckige Säufer«, fauchte Terry. »Frank hat Randy immer gesagt, er solle mit dem Trinken aufhören. Er hat uns fast ruiniert – die ganzen Prozesse. Nur weil Frank so schlau ist, hat er es geschafft, wieder an die Spitze zu kommen. Sie können also sehen, warum Randy nicht gut auf uns zu sprechen ist.«
»Ihr Schwager hat nichts anderes gemacht als zu bestätigen, dass er Kevins Onkel ist«, erklärte Petra. »Und das hätten wir auch so herausgefunden.«
»Warum?«, fragte Terry. »Warum schikanieren Sie meinen Sohn? Er ist gut, er ist nett, er ist klug, er ist sanftmütig, er würde niemandem was zuleide tun.«
Der gesamte Körper der Frau hatte sich versteift, und Petra wechselte die Richtung.
»Hatte Kevin eine Freundin namens Erna Murphy?«
»Wie bitte?«
Petra wiederholte den Namen.
»Nie von ihr gehört. Kevin hatte nie irgendwelche – ich kenne seine Freunde nicht.«
Der ungesellige Kevin. Dieses Eingeständnis ließ Terry erbleichen, und sie versuchte den Eindruck zu verwischen: »Sie ziehen aus und gehen ihrer eigenen Wege. Besonders kreative Menschen brauchen ihren Raum.« Das klang wie eine eingeübte Rationalisierung für Kevins Merkwürdigkeit.
»Ja, das brauchen sie«, erwiderte Petra.
»Ich male«, erklärte Terry Drummond. »Ich habe angefangen, Kunstunterricht zu nehmen, und jetzt brauche ich meinen Raum.«
Petra nickte.
»Bitte«, sagte Terry. »Lassen Sie mich in Ruhe.«
»Hier ist meine Karte, Ma’am. Denken Sie darüber nach, was ich Ihnen gesagt habe. Um Kevins willen.«
Terry Drummond zögerte, dann nahm sie die Karte.
»Noch eine letzte Frage«, sagte Petra. »Könnten Sie mir vielleicht sagen, warum Kevin sich Yuri genannt hat?«
Terrys Lächeln war unvermittelt, strahlend, und es ließ sie phantastisch aussehen. Sie berührte ihre Brust, als ob sie sich daran erinnerte, was sie genährt hatte. »Er ist so süß. So klug. Ich erzähle es Ihnen, und dann werden Sie sehen, wie weit Sie danebenliegen. Vor vielen Jahren, als Kevin klein war – ein ganz kleiner Kerl, aber er war immer schon intelligent hat Frank ihm von dem Wettlauf im All erzählt. Vom Sputnik, der eine große Sache war, als Frank ein kleiner Kerl war. Die Russen waren als Erste dort und haben uns Amerikanern gezeigt, wie weich und träge wir geworden waren. Frank hat früher die ganze Zeit so mit Kevin gesprochen. Kevin war Franks Erstgeborener, und er hat wirklich viel Zeit mit ihm verbracht, hat ihn überallhin mitgenommen. In Museen, in Parks, sogar in die Kanzlei, jeder nannte Kevin einen kleinen Anwalt, weil er so toll geredet hat. Jedenfalls hat Frank Kevin von den Russen und dem Sputnik und diesem russischen Astronauten – wie nannten sie die noch
Weitere Kostenlose Bücher