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Blutnacht

Blutnacht

Titel: Blutnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Presseorgane hätten nicht weniger interessiert sein können. Nicht mal ein Telefonanruf der Times trotz einhellig guter Kritiken von Baby Boys Musik, auf die Petra beim Surfen im Internet stieß. Sie hinterließ für den Musikkritiker der Zeitung auf die unbestimmte Hoffnung hin eine Nachricht, dass etwas in Baby Boys Vergangenheit ihren Ermittlungen eine neue Richtung geben könnte. Der Armleuchter rief nicht zurück.
    Sie wurde allerdings von einer Hand voll selbst ernannter »Rock-Journalisten« belästigt, Typen, die sich jung anhörten und behaupteten, Blätter mit Namen wie Guitar Buzz, Guitar Universe und Twenty-first-Century Guitar zu vertreten, und allesamt Einzelheiten für den Nachruf haben wollten. Alle waren sie des Lobes voll über Lees Spiel. Das Wort »phrasieren« fiel immer wieder – Alex hatte den Ausdruck benutzt –, und Petra nahm an, das bedeutete, wie man Noten und Rhythmus miteinander verband.
    Ihre Phrasierung in diesem Fall war miserabel.
    Die Rockschreiberlinge verloren das Interesse, als sie Fragen stellte anstatt ihre zu beantworten. Außer einem Typen, der sie weiter nach Einzelheiten ausquetschte, ein Vogel namens Yuri Drummond, Herausgeber einer lokalen Zeitschrift mit dem Titel GrooveRat, die im vergangenen Jahr ein Porträt von Baby Boy gebracht hatte.
    Drummond stieß Petra sofort vor den Kopf, indem er sie mit dem Vornamen ansprach, und vergrößerte ihren Ärger noch dadurch, dass er rüde nach gerichtsmedizinischen Details verlangte. »Wie viele Stichwunden? Wie viel Blut hat er eigentlich verloren?«
    Der Typ hatte die makabre Neugier und die nasale Stimme eines hormonell gefluteten Teenagers, und Petra fragte sich schon, ob es sich bei dem Anruf um einen Streich handelte. Aber als er sie fragte, ob irgendetwas auf die Mauer in der Gasse geschmiert worden wäre, erstarrte sie.
    »Warum fragen Sie das?«
    »Nun ja, wissen Sie«, sagte Drummond. »wie bei den Manson-Morden – Helter Skelter.«
    »Warum sollten die Manson-Morde etwas mit dem Mord an Mr. Lee zu tun haben?«
    »Ich weiß nicht. Ich dachte bloß …«
    »Haben Sie irgendwas über den Mord an Mr. Lee gehört, Mr. Drummond?«
    »Nein.« Die Tonlage von Drummonds Stimme stieg an. »Was weiß ich schon?«
    »Wann haben Sie Mr. Lee interviewt?«
    »Nein, nein, ich habe ihn nie persönlich kennen gelernt.«
    »Sie sagten doch, Sie hätten ein Porträt von ihm gebracht.«
    »Wir haben ein ausführliches Porträt gebracht und seine Diskographie aufgelistet.«
    »Sie haben ihn eingehend porträtiert, ohne ihn kennen zu lernen?«
    »Genau.« Drummond klang großspurig. »Darum geht’s doch gerade.«
    »Worum?«
    »GrooveRat interessiert sich für die psychobiosoziale Essenz von Kunst und Musik, nicht für den Persönlichkeitskult.«
    »Psycho-bio-sozial«, sagte Petra.
    »In einfachen Worten«, erwiderte Drummond herablassend, »es kümmert uns nicht, wen jemand vögelt, nur der Groove, den er produziert.«
    »Daher der Titel Ihrer Zeitschrift.«
    Schweigen.
    Petra fragte: »Haben Sie Informationen darüber, wen Baby Boy vögelte?«
    »Wollen Sie sagen, der Mord hat eine sexuelle Di–«
    »Mr. Drummond, was genau stand im Mittelpunkt dieses Porträts?«
    »Die Musik«, verkündete der kleine Frechdachs.
    »Baby Boys Phrasierungen«, sagte Petra.
    »Baby Boys gesamter Groove – die Mentalität, in die er sich hineinversetzte, um den Sound zu bekommen, den er erzeugte.«
    »Sie glaubten nicht, mit ihm zu reden würde dazu beitragen?« Petra ließ nicht locker, wobei sie sich fragte, warum sie ihre Zeit mit diesem Verlierer vergeudete. Und kannte die traurige Antwort: Sie hatte nichts Besseres zu tun.
    »Nein«, antwortete Drummond.
    »Hat Baby Boy ein Interview mit Ihnen abgelehnt?«
    »Nein, wir haben ihn nie darum gebeten. Nun sagen Sie schon, von was für einer Art Klinge reden wir –«
    »Was war Baby Boys Groove?«, fragte Petra.
    »Schmerz«, antwortete Drummond. »Das ist der Grund, warum die Tatsache, dass er ermordet wurde, so – es passt einfach. Was können Sie mir dazu sagen, wie es sich abgespielt hat?«
    Petra fragte: »Sie wollen blutige Details?«
    »Richtig«, erwiderte Drummond.
    »Haben Sie eine Ahnung, wer ihn umgebracht hat?«
    »Wieso sollte ich? Hören Sie, Sie sollten uns wirklich helfen. Die Öffentlichkeit hat ein Recht auf Information, und wir sind der beste Überbringer.«
    »Inwiefern, Mr. Drummond?«
    »Weil wir ihn verstanden haben.«
    »Waren Sie am Samstagabend im Snake

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