Blutnacht
sagte Lynnette.
»Ich lüg nich«, erwiderte Devana Moore ohne eine Spur von Groll. Eher wie ein Kind, das seine Unschuld beteuert. Petra war keine Expertin, aber sie war bereit zu wetten, dass der IQ dieser Frau eine katastrophale Zeugin aus ihr machen würde. Trotzdem, man musste mit dem arbeiten, was man hatte …
Lynnette kicherte.
Devana Moore sagte: »Mädchen, tät ich lügen, könnt ich fliegen.«
»Wann haben Sie diesen Mann zum letzten Mal mit Erna gesehen, Ms. Moore?«, fragte Petra.
»Mizz Moore«, sagte Lynnette und lachte meckernd.
Diane Petrello sagte: »Komm mit, Lynnette. Trinken wir eine Tasse Kaffee.«
Lynnette wich nicht vom Fleck. Die alte Frau schnarchte laut. Devana Moore starrte Petra an.
Petra wiederholte die Frage, und Moore sagte: »Muss … ein paar Tage her sein.«
»Wie viele Tage?«
Schweigen.
»Ungefähr«, sagte Petra.
»Weiß nich – vielleicht … weiß nich.«
»Die nehmen dich fest, weil du gelogen hast, Mizz Moore«, sagte Lynnette. An Petra gewandt: »Sie ist zurückgeblieben.«
Moore ließ die Schultern hängen und zog einen Schmollmund, und Petra dachte, sie würde in Tränen ausbrechen. Stattdessen machte sie einen Satz auf Lynnette zu, und die beiden Frauen schlugen wild und ohne Wirkung um sich, bis Petra zwischen sie trat und rief: »Hört sofort auf!«
Schweigen. Gesenkte Blicke. Lynnette meckerte wieder, und Diane Petrello führte sie aus dem Zimmer. Devana Moore weinte tatsächlich. »Sie will nur gemein sein«, sagte Petra. »Ich weiß, dass Sie mir die Wahrheit sagen.«
Schniefen. Moore schaute zu Boden.
»Sie helfen mir wirklich, Ms. Moore. Ich weiß das zu schätzen.« »Verhaften Sie mich nich«, sagte Moore. »Bitte.«
»Warum sollte ich Sie verhaften?«
Moore trat sich selbst gegen den Knöchel. »Manchmal hure ich. Es ist ’ne Sünde, und ich will es nich, aber manchmal tu ich’s.«
»Das ist Ihre Sache, Ms. Moore«, sagte Petra. »Ich bin beim Morddezernat, nicht bei der Sitte.«
»Wer ist ermordet worden?«, fragte Devana.
»Erna.«
»Yeah«, sagte Devana. »Das stimmt.« Sie entspannte sich, als ob die Bestätigung Petras Glaubwürdigkeit erhöhte. Sie blinzelte, kratzte sich am Kopf, zeigte auf Shulls Bild. »Hat er Erna umgebracht?«
»Vielleicht. Wo haben Sie ihn und Erna gesehen?«
»Ähm … ähm … es war drüben an der Highland.«
»Highland und wo?«
»Sunset.«
»Im Norden oder Süden vom Sunset?«
»Diese Richtung.« Devana presste ihre Hand gegen die Brust, was Petras Vermutung nach Süden bedeuten sollte. Zwei weitere Versuche zur genaueren Ortsbestimmung schlugen fehl.
Egal welche Richtung, Highland und Sunset ergab einen Sinn. In unmittelbarer Nähe der Praxis von Ernas Ärztin – Hannah Gold. »Was haben sie gemacht, Ms. Moore?«
»Geredet.«
»Wütend geredet?«
»Nein, nur geredet – fragen Sie das, weil er Erna umgebracht hat?«
»Vielleicht«, erwiderte Petra. »Was können Sie mir sonst noch über ihn sagen, Ms. Moore?«
»Das war’s«, antwortete Devana. Sie bekreuzigte sich. »Wenn er Erna umgebracht hat, ist er ein sündhafter Mann.«
Petra kam um 4 Uhr früh ins Revier zurück. Stahls Schreibtisch war nicht besetzt. Er überwachte immer noch Shull; er hatte direkt nach Einbruch der Dunkelheit damit begonnen. All diese Stunden dort zu sitzen. Der Kerl hatte eine tolle Konzentrationsspanne, so viel stand fest.
Sie überprüfte ihre Mailbox. Stahl hatte nicht angerufen. Das tat er selten.
Das bedeutete: keine Fortschritte. Wie hielt er diese Untätigkeit nur aus?
Sie vermutete, Stahls Bereitwilligkeit, sich nicht vom Fleck zu rühren, machte ihn zum perfekten Partner für diesen Fall. Wie es bei Fällen aussah, die mehr Teamarbeit erforderten, war eine andere Sache … Es hatte keinen Sinn, ; darüber nachzudenken, sie musste sich unbedingt auf das Hier und Jetzt konzentrieren.
Vier Uhr früh war keine Zeit, einen Freund zu stören, also rief sie in Milos Büro in West L.A. an und hinterließ eine Nachricht. Sie wusste, dass er sie wahrscheinlich wecken würde, wenn er zurückkam, aber das war okay. Sie wollte ihn informieren, dass Shull ein regelmäßiger Besucher des Snake Pit war. Gerne hinter die Kulissen ging.
Sie war durstig, stand auf und goss sich grässlichen Polizeikaffee ein und trank ihn, während sie allein in der Ecke des Großraumbüros der Detectives stand. Und über Shull nachdachte.
Stammgast der Nachtszene in Hollywood.
Der Professor.
Zu dumm, dass keiner der beiden
Weitere Kostenlose Bücher