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Blutnacht

Blutnacht

Titel: Blutnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Rausschmeißer seine Anwesenheit in der Nacht des Mordes an Baby Boy bestätigen konnte. Vielleicht würde sie ihre Zeugenliste noch einmal durchgehen, die meisten von ihnen noch einmal mit dem Foto aufsuchen und feststellen, ob sich irgendjemand an ihn erinnerte.
    Ja, das würde sie machen müssen. Die ganz große Langeweile. Der harte Kern der Detektiv-Arbeit.
    Da Shull unter Beobachtung stand, konnte das bis morgen warten. Sie war erschöpft, musste sich duschen und ausstrecken und ein paar Stunden traumlos schlafen. Warum schüttete sie dann so viel Koffein in sich hinein?
    Sie goss die trübe Brühe aus, kehrte an ihren Schreibtisch zurück, nahm sich ihre Jacke. Blieb erneut stehen. Stellte sich bildlich vor, wie es vermutlich zwischen Shull und Baby Boy abgelaufen war.
    Shull zahlt seinen Eintritt, bestellt genug Getränke, um sich einen schönen, dunklen Platz hinten im Lokal zu sichern. Er konzentriert sich auf die Darbietung, beobachtet, hört zu.
    Applaudiert.
    Der Beifall gilt eher ihm selbst als Baby Boy.
    Baby Boy beendet seinen zweiten Set und geht hinaus. Shull hat ihn früher beobachtet, weiß um seine Gewohnheit, durch den Hintereingang auf die Gasse zu gehen, um zu rauchen.
    Er bleibt noch einen Moment sitzen, trinkt einen Schluck, plant, überzeugt sich, dass niemand hinsieht, während er heimlich den Club verlässt.
    Linus Brophy hatte gesagt, der Mörder habe einen langen, dunklen Mantel getragen. Shull trug gewohnheitsmäßig nur Schwarz auf seinen nächtlichen Streifzügen.
    Ein langer schwarzer Mantel wäre perfekt geeignet, ein langes, scharfes Messer zu verstecken.
    Bereit für sein Vorhaben, macht sich Shull auf den Weg zu der Gasse und verbirgt sich in den Schatten.
    Wartet.
    Baby Boy taucht auf, zündet sich eine Zigarette an. Shull studiert ihn, lässt sich Zeit.
    Genießt den Augenblick.
    Schließlich nähert er sich Baby Boy. Ist sich Brophys Anwesenheit nicht bewusst, aber der Penner stellt sich als irrelevant heraus.
    Baby Boy schöpft keinen Verdacht. Ein netter Mann, ein herzlicher Mann. Er ist an die Bewunderung von Fans gewohnt, und hier ist noch einer. Shulls Verhalten untermauert die Täuschung: Mit breitem Lächeln gibt er das aufrichtige Lob des wahren Fans von sich.
    Der Professor. Schmeichelt sich ein, wie er es schon bei vielen Künstlern getan hat.
    Von denen keiner weiß, dass er sich selber für den ultimativen Künstler hält.
    Ein Verlierer im wirklichen Leben, eine Legende in seiner Vorstellung. Wie Alex gesagt hatte, psychischer Kannibalismus.
    Wenn du sie nicht schlagen kannst, friss sie auf.
    Petra schauderte.
    Baby Boy, ein argloser Mann, ein naiver Mann, erwidert das Lächeln.
    Beide lächeln sie, als Shull mit dem Messer zustößt.
    Sie zog ihre Jacke an und ging.
    Als sie zu Hause ankam, war eine Nachricht von Milo auf ihrem Anrufbeantworter. »Rufen Sie mich an, ich bin wach.«
    Sie erreichte ihn auf seinem Handy. »Sie sind spät auf.«
    »Die bösen Jungs schlafen nicht, warum sollte ich es dann tun. Was ist los?«
    Sie gab ihm einen Bericht über ihre Fortschritte.
    »Gute Arbeit«, sagte Milo, »sehr gut. Wir ziehen das Netz allmählich zu.«
    »Soll heißen?«
    »Soll heißen, dass Sie Ihren Schlaf verdient haben, und ich bin um neun morgen früh am Gericht und stelle fest, ob Richter Davison ein wenig aufgeschlossener ist.« »Sagen Sie mir Bescheid.« »Auf jeden Fall. Danke, Kleine.« »Gern geschehen. Paps.«

43
    Sobald Eric Stahl das Haus sah, wusste er, dass es keine ideale Situation war.
    Von der Straße aus war nicht mehr sichtbar als ein von gemauerten Pfosten flankiertes Tor aus gebleichtem Holz. Jenseits der Pfosten befand sich eine ein Meter achtzig hohe, efeubedeckte Mauer. Hinter der Mauer ragten Wacholderbäume und Zypressen empor, und dazwischen wucherte irgendein Rebengewächs.
    Ein hübsches Anwesen. Shull hatte Geld.
    Es kam immer aufs Geld an.
    Nachdem er seine Position auf der leicht ansteigenden Straße bezogen hatte, gab sich Stahl einem kurzen Wachtraum hin: Er stieg über die Mauer, brach ins Haus ein, traf Shull an, wie er irgendetwas Schlimmes tat, und erledigte den Mistkerl auf die Weise, wie solche Mistkerle verdientermaßen erledigt wurden.
    Netter Film. Die Realität sah so aus, dass er hier saß und beobachtete und wartete.
    In dieser Nacht wurde aus irgendeinem Grund seine Begabung für das Nichtstun auf eine harte Probe gestellt. Um 21 Uhr 30 – zwei Stunden nach seiner Ankunft – kehrte die Phantasie seiner

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