Blutnacht
Heldentat zurück.
Er stellte sich vor, wie er Shull tötete: indem er ihm das Genick brach oder, falls Shull sich zur Wehr setzte, mit dem Messer.
Eric Stahl, der große Held, sorgte für einen Schlusspunkt.
Hässliches Wort, hässliches Konzept dahinter.
Gerechtigkeit war fast genauso hässlich. Er fragte sich, wie lange er diesen Job machen konnte.
Vielleicht für immer. Vielleicht bis morgen.
Die Lage des Hauses hatte drei positive Aspekte: Es befand sich am Ende einer Sackgasse, was bedeutete, dass es einen Weg hinein und einen Weg hinaus gab. Parken war auf der Westseite der Straße erlaubt, was es Stahl gestattete, sich einen unauffälligen Platz zwischen zwei anderen Fahrzeugen zu suchen.
Am allerbesten: Dies war eine abgelegene Straße, ohne Karte schwer zu finden, keine Bürgersteige, kein Grund für einen Fußgänger, hier vorbeizuschlendern.
Nett für einen bösen Jungen …
Um 21 Uhr 45 war er immer noch nicht sicher, ob Shull überhaupt zu Hause war. Der Typ hatte die Dienststunden eines Professors und, Sturgis zufolge, nicht viele davon. Shull hätte den ganzen Tag im Haus verbringen können und war nur noch nicht zum Vorschein gekommen. Oder der Mistkerl war noch nicht nach Hause gekommen, war irgendwo in Hollywood unterwegs.
Auf der Suche nach Kunst.
Seit Stahl angekommen war, waren nur zwei Autos aufgetaucht, und beide hatten deutlich unterhalb seines Beobachtungspostens angehalten. In beiden Fällen waren junge Frauen mit tollen Figuren aus den ausländischen Kompaktwagen ausgestiegen. Stahl sah zu, wie sie Lebensmittel zu ihren niedlichen kleinen Häusern am Berg trugen.
Nicht die beste Wohngegend für allein stehende Frauen. Zu isoliert, zu weit entfernt von Hilfe in Notfällen. Nicht, dass man in einer Menschenmenge sicher wäre …
Er fragte sich, wie die Frauen mit den schönen Körpern reagieren würden, wenn sie erführen, dass sie Nachbarn eines wirklich schlimmen Typen gewesen waren. Er malte sich die üblichen entsetzten Zitate in den Zeitungen aus: »Ich hatte keine Ahnung.« »Ich kann es einfach nicht glauben, er schien ein netter Mann zu sein.«
Glaubt es, Ladys. Alles ist möglich.
Der Nachthimmel gelierte und wurde glänzend – schwarzpurpurfarben, wie Brombeermarmelade. Schwarzes Napalm. Stahl aß ein Schinkensandwich, trank Espresso aus seiner Thermoskanne und riskierte zwei Ausflüge über die Straße, um in die Büsche zu pinkeln.
Dann wieder zurück in seinen Wagen, wo er die Augen nach einem der beiden auf Shull registrierten Fahrzeuge offen hielt: einen ein Jahr alten BMW und einen zwei Jahre alten Ford Expedition.
Der BMW war vermutlich Shulls fahrbarer Untersatz zum Angeben. Der Geländewagen wurde für Erkundungsfahrten benutzt. Kein Lieferwagen – Typen wie Shull liebten Lieferwagen, weil man sie leicht in ein Gefängnis auf Rädern verwandeln konnte. Aber ein schicker Typ wie Shull, der hier oben in den Hügeln wohnte, würde einen Lieferwagen als vulgär ansehen, und der übergroße Geländewagen hatte einige derselben Vorzüge: groß, unauffällig.
Viel Stauraum.
Hundert zu eins, dass Shull die Fenster schwarz getönt hatte.
Scheinwerfer erleuchteten Stahls Rückfenster und veranlassten ihn, sich zu ducken und den Kopf zu drehen.
Kleines Fahrzeug.
Ein dunkler Wagen – da war er, der BMW-Kühlergrill, wie er zum Ende der Sackgasse flitzte. Der BMW fuhr so schnell vorbei, dass Stahl den Fahrer in der Dunkelheit nicht erkennen konnte, aber als er vor dem gebleichten Tor anhielt, richtete Stahl sich auf und schaute hin.
Elektrisches Tor. Der Wagen fuhr hindurch. Exakt dreißig Sekunden später schloss sich das Tor wieder – eine Art zeitgesteuerter Mechanismus.
Stahl wartete bis 23 Uhr, bevor er aus dem Wagen stieg. Er nahm an, dass selbst ein cooler Typ wie Shull den Tag wahrscheinlich ausklingen ließ. War er allein gekommen? Oder hatte er jemanden mitgebracht?
Nachdem er die Straße überprüft und festgestellt hatte, dass niemand zu sehen war, überquerte Stahl wieder die Straße, pinkelte und ging weiter. Hielt sich nahe an den Sträuchern; falls jemand auftauchte, konnte er sich darin verstecken.
Er ging langsam weiter, fühlte sich locker; die Zen-Stimmung, die ihn stets auf seinen Streifzügen überkam, hatte eingesetzt. Gute Fährtensucher und Scharfschützen wurden damit geboren.
Eine derart abgelegene Wohngegend hätte still sein sollen, aber ein beständiges Summen stieg vom Fuß der Berge empor. Die Geräusche Hollywoods, des
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