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Blutnacht

Blutnacht

Titel: Blutnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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Pit?«
    »Nein.«
    »Doch kein so großer Fan?«
    »Ich war im Whiskey – Präsentation einer Anzahl von neuen Bands – hey, was wollen Sie damit sagen?« Drummonds Stimme war noch höher geklettert, und jetzt hörte er sich an wie zwölf. Petra sah vor ihrem geistigen Auge eine von Akne geplagte Vogelscheuche in einem verlotterten Zimmer. Die Art von Widerling mit zu viel Freizeit, die den Supermarkt um die Ecke anruft, den Hörer mit schweißigen Händen umklammernd: »Entschuldigen Sie, haben Sie vielleicht Schweinsfüße?« »Ja, haben wir.« »Dann ziehen Sie Schuhe an, damit es niemand merkt. Ha ha ha.«
    Drummond sagte: »Falls ich gewusst hätte, was da passiert, wäre ich hingegangen. Auf jeden Fall.«
    »Wieso?«
    »Um seinen letzten Auftritt zu sehen. Wie nennt man das noch – einen Schwanengesang?«
    »Yuri«, sagte Petra. »Was ist das, russisch?«
    Drummond legte auf.
    Am Freitag kurz nach 18 Uhr wurde Petra von dem Beamten im Parterre angepiept. »Hier ist eine Ms. Castagna, die Sie sprechen möchte.«
    »Ich bin sofort unten«, sagte Petra.
    Als sie unten ankam, stand Robin allein in der Eingangshalle, wandte Petra den Rücken zu und starrte einige Fahndungsplakate an. Ihre Haare waren länger, als Petra sie in Erinnerung hatte, eine Flut rotbrauner Locken, die sich über ihren Rücken ergoss. Alex’ Haare waren auch lockig. Wenn die beiden sich fortgepflanzt hätten, hätten sie vielleicht eine weitere Shirley Temple gezeugt.
    Dann dachte Petra: all die Jahre zusammen, und doch hatten sie keine Kinder bekommen. Auch nie den Bund fürs Leben geschlossen. Aufgrund ihrer eigenen Situation kamen ihr häufiger solche Dinge in den Sinn.
    Sie ging auf Robin zu und registrierte deren Kleidung, wie es Frauen bei anderen Frauen tun. Ein schwarzer Cord-Overall über einem roten T-Shirt, Tennisschuhe aus schwarzem Wildleder. Ein rotes Taschentuch hing aus einer Gesäßtasche.
    Am falschen Körper könnte der Overall grauenhaft wirken; Robins Kurven ließen ihn gut aussehen.
    Als Petra bis auf wenige Schritte heran war, sagte sie: »Hallo.« Robin drehte sich um, und Petra sah, dass sie sich auf die Unterlippe gebissen hatte und ihre dunklen Augen feucht waren.
    »Petra«, sagte sie. Sie umarmten sich. »Ich bin gerade wieder hier angekommen und habe Ihre Nachricht heute Morgen abgehört. Ich musste zu einer Aufnahme nach Hollywood, also dachte ich mir, ich komme einfach schnell vorbei. Das ist eine schreckliche Geschichte.«
    »Tut mir Leid, es Ihnen auf diese Weise beizubringen, aber ich wusste nicht, wann Sie zurück sein würden.«
    Robin schüttelte den Kopf. »Ich hab gestern davon erfahren, in Vancouver.«
    »Haben die Zeitungen dort darüber berichtet?«
    »Weiß ich nicht«, erwiderte Robin. »Ich hab’s von der Backstagetruppe. Der Musiker-Nachrichtendienst. Ich war geschockt, wir waren alle geschockt. Ich hatte keine Ahnung, dass Sie damit zu tun haben.«
    »Das habe ich allerdings«, erklärte Petra. »Können Sie mir irgendwas über ihn erzählen?«
    »Was soll ich sagen? Er war ein Engel.« Robins Stimme begann zu zittern. Sie kämpfte mit den Tränen. »Ein großer, süßer Kerl und ein äußerst begabter Mann.«
    »Sonst irgendwelche Erkenntnisse vom Nachrichtendienst? Zum Beispiel, wer ihm so was antun könnte? Auch das fadenscheinigste Gerücht.«
    Robin schüttelte erneut den Kopf, strich über ihren glatten, braun gebrannten Arm. »Baby war der letzte Mensch, den ich mit einem Feind in Zusammenhang bringen würde, Petra. Jeder mochte ihn.«
    Nicht jeder, dachte Petra. »Wie ich in der Nachricht sagte, taucht Ihr Name in seinem Buch auf. Was war das, ein Termin zur Reparatur von Gitarren?«
    »Sie sind repariert. Er wollte sie abholen kommen.« Robin lächelte. »Ich bin überrascht, dass er das tatsächlich notiert hat. Zeit war ein ziemlich dehnbarer Begriff für Baby.«
    »Sie haben schon seit einiger Zeit an seinen Instrumenten gearbeitet?«
    »Seit Jahren. Und oft. Baby spielte so hart, dass seine Fingerspitzen Rillen im Bund hinterlassen haben. Ich hab immer wieder Bretter abgeschliffen, neue Bünde eingezogen, Hälse repariert. Diese beiden waren darüber hinaus, brauchten völlig neue Bretter.«
    »Eine Fender Telecaster. Und eine J-45«, sagte Petra. »Jemand hat mir gesagt, das wäre eine Gibson.«
    Robin lächelte. »Eine akustische Gibson. Ich hab ihr schon zweimal ein neues Finish gegeben, weil Baby sie zu trocken werden ließ und der Lack Risse bekam und abblätterte und sein

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