Blutnacht
Achtzigerjahren, der mit Streichern und einer Harfe neu arrangiert worden war. Petra fühlte sich in einen Kaufhaus-Fahrstuhl versetzt. Dritter Stock, Damenoberbekleidung …
Ihre Notizen über Baby Boy lagen ausgebreitet vor ihr, und sie sammelte sie ein und ordnete sie wieder in die Mappe ein. Achtete darauf, dass jedes Blatt an seinen Platz kam. Man konnte nicht vorsichtig genug sein …
Was machte es für einen Unterschied? Dieser Fall würde nicht in unmittelbarer Zukunft abgeschlossen werden.
Ihr Telefon klingelte. »Connor.«
»Detective?«, sagte eine Männerstimme.
»Ja, hier ist Detective Connor.«
»Gut, hier ist Officer Saldinger. Ich bin drüben am Western Ecke Franklin, und wir könnten jemanden von euch gebrauchen.«
»Wo liegt das Problem?«, fragte Petra.
»Ihr Zuständigkeitsbereich«, sagte Saldinger. »Jede Menge Blut.«
8
Nach Robins Stippvisite beschränkte sich unser Kontakt auf höfliche Telefongespräche und weitergeleitete Post, die von noch höflicheren Notizen begleitet wurde. Falls sie über Baby Boy oder irgendetwas anderes von Bedeutung sprechen musste, hatte sie ein anderes Publikum gefunden. Ich dachte daran, Spike zu besuchen. Ich hatte ihn adoptiert, aber er verschmähte mich schließlich und buhlte um Robins Aufmerksamkeit. Kein Sorgerechtsstreit, ich kannte den Preis. Trotzdem vermisste ich dann und wann sein kleines Bulldoggengesicht, den komischen Egoismus, die Ehrfurcht gebietende Gefräßigkeit.
Vielleicht bald.
Ich hatte seit Petras erstem Anruf nichts von dem Mord gehört, und Wochen später stieß ich auf ihren Namen in der Zeitung.
Dreifacher Mord auf dem Parkplatz einer Diskothek am Franklin Boulevard. Um drei Uhr früh geriet eine Wagenladung armenischer Bandenmitglieder aus Glendale in den Hinterhalt einer rivalisierenden Bande aus East Hollywood. Petra und ein Partner, den ich nicht kannte, ein Detective namens Eric Stahl, hatten »nach langwierigen Ermittlungen« einen fünfzehnjährigen Schützen und einen sechzehnjährigen Fahrer verhaftet.
»Langwierig« hieß vermutlich, dass die Ermittlungen kurz nach Baby Boys Tod aufgenommen worden waren.
Hatte Petra ihre Zeit mit einem Fall verbracht, den sie nicht aufklären konnte?
Schon möglich, aber sie war eine Kämpfernatur; ein Versagen würde ihr keine Ruhe lassen.
In den nächsten Wochen beschränkte ich mich darauf, Zeit mit Allison zu verbringen, Kindern zu helfen, Geld auf meinem Konto anzusammeln. Eine Konsultation machte mir besonders zu schaffen: ein zweijähriges Mädchen, dem versehentlich von seinem vierjährigen Bruder ins Bein geschossen worden war. Viele familiäre Schwierigkeiten, keine leichten Lösungen, aber schließlich schien sich alles ein wenig zu beruhigen.
Ich überredete Allison, einige Zeit freizunehmen, und wir verbrachten ein verlängertes Wochenende auf der San Ysidro Ranch in Montecito, tankten Sonne und großartiges Essen. Als wir zurück nach L.A. fuhren, gelangte ich selbst zu der Überzeugung, dass ich an allen Fronten zufrieden stellende Fortschritte machte.
Am Tag nach meiner Rückkehr rief Milo an und sagte: »Hörst du dich aber fröhlich an.«
»Ich arbeite dran.«
»Übertreib’s nicht«, erwiderte er. »Ich fände es schade, wenn du die verdrießliche Untermauerung unserer Beziehung vergessen würdest.«
»Gott bewahre«, sagte ich. »Was liegt an?«
»Etwas entschieden Unfröhliches. Ich hab da einen schrägen Fall, also dachte ich naturgemäß an dich.«
»Schräg in welcher Hinsicht?«
»Anscheinend ohne Motiv, aber wir psychologisch gewitzten Typen wissen es besser, nicht wahr? Eine Künstlerin – eine Malerin –, die am Abend ihrer großen Vernissage ermordet wurde. Am letzten Samstag. Jemand hat sie erwürgt. Eine Strangulationsnarbe – dünn und gewellt, vermutlich ein gewundener Metalldraht.«
»Vergewaltigung?«
»Sie wurde in eine Art Pose gebracht, aber es gibt keinen Beweis für eine Vergewaltigung. Hast du Zeit?«
»Für dich immer.«
Er fragte mich, ob ich mich mit ihm zum Mittagessen im Café Moghul treffen könnte, einem indischen Restaurant am Santa Monica Boulevard, ein paar Häuserblocks vom Polizeirevier West L.A. entfernt. Das Lokal hatte ein großes Fenster, hinter dem goldgesprenkelte Madras-Vorhänge zugezogen waren. Ein nicht als Einsatzwagen erkennbarer Ford war in einer Ladezone in der Nähe des Eingangs geparkt, und eine billige Plastiksonnenbrille, die Milo gehörte, lag auf dem Armaturenbrett.
Das Lokal hatte
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