Blutnacht
Reservierung«, sagte sie. »Mr. Kipper zieht einfache Lokale vor.«
»Geschäftsessen in einfachen Lokalen?«
»Mr. Kipper zieht es vor, allein zu essen.«
»Was ist mit den Leuten, mit denen er den ganzen Vormittag Besprechungen hatte?«
Die Empfangsdame biss sich auf die Unterlippe.
»Das ist okay«, sagte Milo. »Er zahlt Ihr Gehalt, und Sie müssen tun, was er Ihnen sagt. Die Stadt zahlt meins, und ich bin genauso fest entschlossen.«
»Es tut mir Leid«, sagte sie. »Es ist nur so …« »Dass er nicht mit uns reden will. Gibt es einen Grund?«
»Er hat keinen genannt. Er ist nun mal so.«
»Wie?«
»Er redet nicht viel.« Sie biss sich erneut auf die Unterlippe. »Bitte …«
»Ich verstehe«, sagte Milo. Und klang so, als meinte er es ernst.
Wir verließen das Büro, nahmen den Aufzug bis zum Erdgeschoss. Dunkel gekleidete Männer und Frauen strömten in das Gebäude und aus ihm heraus.
»Falls sie mit dem einfachen Lokal die Wahrheit gesagt hat«, erklärte er, »tippe ich auf einen der Imbissstände in der Century City Mall im nächsten Block. Das hieße, dass er wahrscheinlich zu Fuß gegangen ist und auf diesem Weg zurückkommen wird.«
Drei schwere Granittöpfe mit Gummibäumen standen auf dem Platz vor Kippers Bürogebäude. Wir suchten uns einen aus und setzten uns auf den Rand.
Zwanzig Minuten später erschien Everett Kipper, zu Fuß und allein. Diesmal hatte sein Anzug die Farbe eines brünierten Revolvers, war knapp geschnitten und hatte ebenfalls vier Knöpfe. Weißes Hemd, rosafarbene Krawatte, ein goldenes Blitzen an den Manschetten, während er mit diesem federnden Schritt auf das Gebäude zuging. Die Zahl der Leute davor hatte zugenommen, und er ging an uns vorbei, ohne uns zu bemerken.
Wir standen auf und liefen hinter ihm her. Milo sagte: »Mr. Kipper?«, und Kipper wirbelte mit der geübten Anspannung eines Mannes herum, der Kampfsporterfahrung gesammelt hatte.
»Was ist?«
»Noch ein paar Fragen, Sir.«
»Wozu?«
»Können wir uns oben in Ihrem Büro unterhalten?«
»Ich glaube nicht«, sagte Kipper. »Cops im Büro sind schlecht fürs Geschäft. Wie lange wird das dauern?«
»Nur ein paar Augenblicke.«
»Kommen Sie hier rüber.« Er führte uns hinter einen der Gummibäume. Die Pflanze warf löffelförmige Schatten auf sein rundes, glattes Gesicht. »Nun?«
Milo fragte: »Haben Sie jemals von einem Magazin namens GrooveRat gehört?«
»Nein. Warum?«
»Wir versuchen irgendwelche Artikel zu finden, die vielleicht über Julie geschrieben worden sind.«
»Und in diesem Magazin hat einer gestanden?« Kipper schüttelte den Kopf. »Julie hat es nie erwähnt. Warum ist das wichtig?«
»Wir führen eine sorgfältige Ermittlung durch«, erklärte Milo.
Kipper sagte: »Die Antwort ist immer noch nein. Nie davon gehört.«
»Ist Ihnen irgendwelche Publicity bekannt, die Julie in letzter Zeit erfahren hat?«
»Sie hat keine bekommen, und das hat sie gewurmt. Als sie damals in New York ihre Ausstellung bei Anthony hatte, ist viel über sie geschrieben worden. Die New York Times hat die Ausstellung in ihrem Kunstteil besprochen, und ich glaube, einige der anderen Zeitungen haben es auch getan. Unbekannt zu sein war ein Teil dessen, was danach schmerzlich für sie war.«
»Was war außerdem schmerzlich für sie?«
»Misserfolg.«
»Fand die Ausstellung bei Light and Space überhaupt keine öffentliche Beachtung?«
Kipper schüttelte den Kopf. »Sie erzählte mir, Light and Space hätte eine Ankündigung der Ausstellung an die L.A. Times geschickt, aber die Typen hätten sich nicht dazu herabgelassen, sie zu bringen … Einen Moment, es gab ein Magazin, das ein Interview haben wollte – nicht das, das Sie erwähnt haben. Nichts mit Rat im Titel … wie war das noch … Scheiße. Nicht dass es eine Rolle spielen würde. Julie war ziemlich aufgeregt deswegen, aber am Ende haben sie gekniffen.«
»Abgesagt?«
»Sie hat gewartet, aber der Journalist hat sie versetzt. Sie war alles andere als glücklich, hat den Herausgeber angerufen und sich beschwert. Schließlich haben sie doch einen Artikel gebracht – etwas Kurzes, wahrscheinlich um sie zu besänftigen.«
»Eine Kritik der Ausstellung?«, fragte ich.
»Nein, das war vor der Ausstellung, vielleicht ein Monat vorher. Julie hat versucht, für sich die Trommel zu rühren. Für ihr Comeback.« Kipper kniff sich in die Nase. »Sie glaubte wirklich, sie hätte eine Chance.«
»Sie hatte keine?«
Kipper sah aus, als
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