Blutnacht
reichen Dad kann es eine Stufe höher heben.«
21
Als wir wieder in den Wagen stiegen, zwitscherte Milos Mobiltelefon die ersten sieben Noten von Für Elise. Er klatschte es an sein Ohr, grunzte und sagte: »Yeah, ich bin so schnell wie möglich da, sei nett zu ihr.«
Zu mir: »Vassily Levitchs Mutter ist letzte Nacht aus New York hergeflogen und wartet im Revier auf mich. Vielleicht weiß sie etwas, das Levitch mit Drummond über ›E. Murphy« hinaus verbindet – was hat es bloß damit auf sich? Benutzt Drummond Pseudonyme? Und wenn er sein eigenes Magazin hat, warum soll er dann Sachen zu Patti und Todd schicken?«
»Der Artikel über Bernet ist geschrieben worden, bevor GrooveRat aus der Taufe gehoben wurde – falls Kevin ihn geschrieben hat, war er im zweiten Jahr auf dem College. Vielleicht hat er die beiden anderen geschickt, weil Patti und Todd Verbreitung fanden und er nicht.«
»Das Bedürfnis nach Publicity«, sagte er. »Jede Menge Sex in der Prosa. Er will sie vögeln.«
»Er will sie besitzen «, sagte ich. »Und er ist zu diesem Zweck herumgereist. Levitchs Konzert war in Santa Barbara. Angelique Bernet wurde in L.A. besprochen, aber in Boston ermordet. Wenn du seine Anwesenheit in Boston verifizieren könntest, hättest du eine Begründung für einen Gerichtsbeschluss.«
»Ja«, sagte er, »aber wie verifiziere ich ohne einen Gerichtsbeschluss? Die Fluggesellschaften haben ihre Anforderungen extrem verschärft, und Kevins Familie wird die entsprechenden Informationen nicht freiwillig rausrücken.«
Wir fuhren auf dem Santa Monica Boulevard nach Westen. Als er die Doheny erreichte, sagte ich: »Wenn Drummond als freier Mitarbeiter für SeldomScene geschrieben hat, dann könnte er auch anderen Magazinen Beiträge geschickt haben.«
Milos Hände umklammerten das Lenkrad fester. »Was ist, wenn der Mistkerl ein Dutzend Pseudonyme benutzt? Was soll ich tun – einen Experten finden, der bei allen abseitigen Magazinen im ganzen Land eine linguistische Analyse vornimmt?«
»Ich würde mit Faithful Scrivener und E. Murphy anfangen und sehen, wie weit ich damit komme.«
»Lesen in der Freizeit. In der Zwischenzeit wartet eine trauernde Mutter.«
Ein paar Querstraßen weiter fragte er: »Irgendwelche anderen Einsichten? In Bezug auf diese merkwürdige Sprache?«
»Es ist die Sorte aufgeblähter Prosa, der man in Referaten auf dem College begegnet. Schreiben, um zu beeindrucken. Falls es Kevin ist, mit dem wir’s zu tun haben: Er bekam keine Streicheleinheiten zu Hause, hat seine Energie in Projekte kanalisiert, sah sich schließlich als Kenner der Kunstszene. Ich würde seine College-Zeitung nach Kritiken durchsuchen und nachsehen, ob der Stil derselbe ist.«
»»Falls es Kevin ist.‹ Das sagst du häufiger.«
»Etwas beunruhigt mich«, gab ich zu. »Selbst mit vierundzwanzig kommt Kevin mir jung für diese Morde vor. Falls Angelique Bernet auf sein Konto geht, hat er das im Alter von einundzwanzig getan. Bei Bernet gibt es Details, die zu einem Anfänger passen: zahlreiche Stichwunden, die auf einen blitzartigen Überfall schließen lassen, die Leiche blieb im Freien liegen. Aber dreitausend Meilen von dem Bereich wegzufahren, in dem er sich wohl fühlt, kommt mir merkwürdig vor.«
»Wie wär’s damit«, sagte er. »Er sieht Bernet in New York tanzen, ist von ihr begeistert, schreibt die Kritik, sieht sich den Reiseplan der Balletttruppe an und macht einen Trip nach Boston. Vielleicht weiß er nicht mal genau, warum. Alle möglichen Gefühle schwirren in seinem Kopf herum. Dann verfolgt er sie, stellt den Kontakt zwischen ihnen her – er könnte sie sogar angemacht haben, und sie weist ihn zurück. Er dreht durch und bringt sie um. Fliegt nach Hause. Sitzt da und denkt darüber nach – begreift, was er getan hat. Dass er damit durchgekommen ist. Endlich hat er mit etwas Erfolg gehabt. Dreizehn Monate danach verschwindet China. Der Mörder nimmt sich die Zeit, sie zu verbergen, und man findet sie erst nach Monaten. Weil er jetzt sorgfältig vorgeht. Die Sache plant. Und er ist nicht weit von zu Hause weg. Ergibt das einen Sinn?«
»Falls er ein begabter Junge ist.«
»Ein leicht erregbarer Junge«, sagte er. »Wie in diesem Song von Warren Zevon.«
»Die jüngsten Morde passen gut zu gestiegenem Selbstvertrauen«, erklärte ich. »Alle drei sind direkt an den Veranstaltungsorten begangen worden. In Baby Boys und Levitchs Fall noch bei Anwesenheit des Publikums, bei Julie, während
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