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Blutnacht

Blutnacht

Titel: Blutnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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sollten sich was schämen, eine so genannte Vertreterin des so genannten Gesetzes, mir zu drohen. Ich sollte Sie anzeigen. Vielleicht tu ich’s auch.« Olive verschränkte die Arme vor ihrem Busen, aber sie machte einen Schritt zurück, als rechnete sie mit einem Schlag.
    »Von welcher Drohung reden wir?«, erwiderte Petra.
    »Ah ja«, sagte Olive. »Überfüllung. Dinge ändern sich.«
    »Ich höre da keine Drohung, Ma’am, aber wenn Sie sich bei jemandem über mich beschweren wollen, tun Sie sich keinen Zwang an.« Petra klappte ihren Ausweis auf. »Hier ist meine Nummer.«
    Olive beäugte einen Kugelschreiber, bewegte sich aber nicht in seine Richtung.
    »Was für einen Namen hat Ihnen der Typ genannt?«, fragte Petra.
    »Ich erinnere mich nicht – irgendein Russenname. Aber er war keiner. Ich hab ihn für einen Irren gehalten.«
    »Hat er sich wie ein Irrer benommen?«
    »Klar«, erwiderte Olive. »Er kam hier sabbernd und zitternd rein und hat Marsmenschen gesehen.«
    Petra wartete.
    »Er war ein verrückter Typ«, sagte Olive. »Kapiert? Was ist, soll ich jetzt noch so ’ne Art Psychiaterin sein? Er war ein Homofreak, hat nicht viel gesagt, hat den Kopf gesenkt gehalten. Was mir durchaus recht war. Zahl die Miete, hol deine schmutzigen kleinen Geheimnisse ab, mach, dass du hier rauskommst.«
    »Wie hat er gezahlt?«
    »Bar. Wie die meisten.«
    »Monatlich?«
    »Auf keinen Fall«, sagte Olive. »Ich habe ein Platzproblem. Wenn man einen Platz haben will, garantiert man mir drei Monate. Das ist also das Mindeste, was ich von ihm bekommen habe.«
    »Das Mindeste?«
    »Bei manchen verlange ich mehr.«
    »Bei wem?«
    »Bei denen, wo ich glaube, ich kann mehr bekommen.«
    »War er einer von denen?«
    »Wahrscheinlich.«
    »Wie lange hatte er das Postfach?« »Lange. Ein paar Jahre.«
    »Wie oft ist er reingekommen?«
    »Ich hab ihn fast nie gesehen. Wir haben rund um die Uhr geöffnet. Er ist nachts gekommen.«
    »Haben Sie keine Angst, es könnte was gestohlen werden?«
    »Ich mache die Kasse leer, schließe alles ab. Wenn sie ein paar Stifte stehlen wollen, bitte sehr. Wenn zu viel geklaut wird, erhöhe ich die Mietgebühren, und das wissen sie. Also benehmen sie sich. Das ist Kapitalismus.«
    Henry Gilwhites transsexuelle Begegnung hatte spät in der Nacht stattgefunden. Petra stellte sich Olive zu Hause in Palmdale in dem extrabreiten Wohnmobil vor. Was für eine Geschichte hatte Henry ihr wohl als Vorwand erzählt? Dass er ein Bier in der Kneipe um die Ecke trinken wollte?
    Auf einmal tat ihr die Frau Leid.
    »Ich will Sie nicht länger aufhalten -*
    »Sie haben mich schon lange genug aufgehalten.«
    ›- war der Russenname Yuri?«
    »Ja, das war er«, sagte Olive. »Yuri. Klingt so ähnlich wie Urin. Was hat er getan, Sie angepisst?« Sie kicherte, schlug mit der flachen Hand auf den Schalter. Ihr verschleimtes Lachen verwandelte sich in einen unkontrollierbaren Hustenanfall.
    Scheußlich klingendes Keuchen begleitete Petra, als sie die Postfachagentur verließ.

26
    Um vier Uhr früh, zwei Tage, nachdem er mit der Überwachung von Kevin Drummonds Mietshaus begonnen hatte, verließ Eric Stahl seinen Lieferwagen und schlich sich auf die Rückseite des Gebäudes. Die Nacht war düster, gepeitscht von flüchtigen, schneidenden Windstößen aus dem Osten. Der Neonschein im Norden – der Schein Hollywoods – lag unter einem Schleier.
    In Drummonds Block war bereits seit einiger Zeit alles ruhig. Fast zwei Stunden blieben noch bis zum Sonnenaufgang.
    Stahl hatte lange darüber nachgedacht, bevor er beschloss, dass es das Richtige war. Seit beinahe fünfzig Stunden hatte er nichts anderes getan, als dazusitzen und nachzudenken. Er hatte über das Mobiltelefon dreimal mit Connor gesprochen. Sie hatte nichts in Erfahrung gebracht.
    Während der fünfzig Stunden hatte Stahl viele Leute kommen und gehen sehen, einschließlich eines Hundeprüglers, den er gern bestraft hätte, eines verschlagen dreinblickenden Typen, der ein Auge auf einen fast neuwertigen, einen halben Block entfernt abgestellten Toyota geworfen hatte – den hätte er gemeldet, aber der Kerl überlegte es sich noch mal anders und ging und ein paar verstohlene Rendezvous zwischen Drogendealern und ihren Kunden.
    Der Dealer, der am meisten zu tun hatte, wohnte in dem Haus nördlich von Drummonds Haus. Stahl notierte seine Adresse für eine spätere Meldung beim Rauschgiftdezernat. Ein anonymer Tipp; das wäre am einfachsten.
    Die meisten Nachbarn

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