Blutnächte - 2
erdrücken. Er sank auf die Knie. Seine Finger glitten über den Boden. Wie ein Hund krümmte er sich zusammen. Sogar ein Hecheln kam über seine Lippen. Er vermisste seine Macht und konnte nicht verstehen, warum sie ihn ausgerechnet in diesem Moment im Stich gelassen hatte. Vermutlich hätte er nun gut daran getan, den Kontakt zu Andrew zu suchen. Wer sonst würde ihm beistehen? Ihm aus der Klemme helfen?
Pascal rappelte sich auf.
Nein! Er brauchte Andrew nicht. Derart jämmerlich wollte er nicht sein. Er würde es alleine schaffen.
~~~
„Und du kommst wirklich alleine klar?“ Die Besorgnis zeichnete sich noch immer deutlich auf Louisas Gesicht ab. Sie hatte viele Stunden damit verbracht, auf Isabella aufzupassen und ihr einzureden, dass sie demnächst vorsichtiger sein musste. Ihre Anstrengungen waren schon beinahe mütterlich. Aber sie fruchteten nur bedingt.
Isabella hörte ihrer Freundin nicht richtig zu. In Gedanken befand sie sich in den dunklen Räumen des „Club Noir“. Kerzenschein tanzte in sanften Schatten um ihren Körper. Sie sehnte sich nach den eindringlichen Berührungen des Blonden. Ihr wurde gleichzeitig heiß und kalt, denn sie glaubte, seine Gegenwart zu spüren. Sie fühlte sich zu ihm hingezogen, obwohl sie ihn nicht einmal kannte und ihn für das, was er getan hatte, verfluchen sollte.
„Was ist mit deiner Schicht heute im Café?“, unterbrauch Louisa ihre Fantasien.
Isabella erstarrte. Seit ihrem Besuch im „Club Noir“ hatte sie keinen Gedanken mehr an ihren Nebenjob verschwendet.
„Ich übernehme sie“, entschied Louisa.
„Nein, das kann ich unmöglich annehmen!“
„Doch. Natürlich kannst du das.“ Louisa stand auf. „Du solltest dich lieber ausruhen. Ich schaffe das schon. Außerdem bist du auf das Geld doch gar nicht angewiesen. Ich verstehe nicht, warum du immer noch arbeiten gehst, anstatt dich voll und ganz auf das Studium zu konzentrieren.“
Isabella blickte betroffen zu Boden. Im Gegensatz zu ihrer Freundin Louisa musste sie nicht für ihren Lebensunterhalt arbeiteten. Sie besaß genügend finanzielle Mittel, um sich eine sorgenfreie Studienzeit leisten zu können. Ihre Eltern, die sie niemals kennengelernt hatte, hatten dafür gesorgt. Aber Isabella wollte sich darauf nicht ausruhen. Sie ging, genau wie Louisa, nebenbei arbeiten. Die hatte gerade vorgehabt zu gehen. Doch als sie die betroffene Miene ihrer Freundin bemerkte, blieb sie stehen.
„Soll ich doch lieber hierbleiben?“
„Nein. Schon gut. Ich komme klar.“ Isabellas Worte klangen dabei allerdings eher halbherzig. Sie schob Louisa in Richtung Tür, denn sie wollte endlich alleine sein, um noch einmal über die vergangenen Erlebnisse nachzudenken. Vielleicht ein Bad nehmen. – Das war eine ausgesprochen gute Idee, entschied sie.
„Hör mal“, beharrte Louisa, „ich kann hierbleiben. Du musst es nur sagen.“
„Nein, wirklich, mach dir nicht so viele Sorgen. Immerhin bin ich schon ein großes Mädchen.“ Mit einem Zwinkern öffnete Isabella ihre Wohnungstür. Auf sehr elegante Weise bedeutete sie ihrer Freundin, dass sie nun besser gehen sollte.
„Bitte!“ Sie seufzte, als Louisa sich nicht vom Fleck bewegte. „Ich schaffe das schon.“
„Na gut.“ Endlich gab sich Louisa geschlagen. „Aber versprich mir, dass du mich sofort anrufst, wenn etwas ist.“
„Was soll schon sein?“
„Du weißt schon. Entzugserscheinungen oder so.“
Isabella kam sich vor, als würde ihre Freundin sie für vollkommen durchgedreht halten. Einen kurzen Moment lang war sie versucht, sich heftig dagegen zu wehren. Dann besann sie sich jedoch. Sollte Louisa denken, was sie wollte.
„Ja.“ Sie nickte. „Ich rufe dich sofort an.“
Als sie kurz darauf die Tür wieder schloss, atmete sie auf.
Allein.
Sie lauschte Louisas Schritten nach, die allmählich verhallten, bis schließlich eine gespenstische Stille einkehrte. Gerade noch hatte sie sich genau das gewünscht. Doch nun keimten in ihr schon die ersten Zweifel, ob sie wirklich derart verlassen sein wollte. Die Wände des Flures schienen bedrohlich auf sie zuzukommen.
Panisch riss sie sich los.
„Nein, nicht durchdrehen!“, sagte sie sich wieder und wieder. „Es ist alles in Ordnung.“
Zögernd lehnte sie sich mit dem Rücken gegen die Wand. Sie hatte Angst, in ein tiefes schwarzes Loch zu fallen. Sich in ihren verrückten Fantasien zu verlieren – den Vorstellungen, die sie selbst nicht verstand. Denn alles, woran sie denken konnte,
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