Blutnächte - 2
Überblick. Er benutzte die ungewöhnlichen Kräfte, als wären sie etwas vollkommen Selbstverständliches.
Einige Gäste, vor allem spärlich bekleidete Mädchen, waren bereits jetzt in den Club gekommen. Sie warteten auf die Vampire. Pascal amüsierte sich über sie. Er lachte innerlich. Doch ohne dass es ihm bewusst wurde, suchte er weiter – nach einem ganz bestimmten Gesicht. Er brauchte einen Moment, ehe er die plötzliche Leere in seinem Inneren spürte und sich zum Aufhören zwang. Die Club-Geschäfte warteten auf ihn. Nichts würde ihn abhalten, diese mit bester Gewissenhaftigkeit wieder aufzunehmen.
Nur einen Augenblick später drohte seine Sicherheit allerdings zu bröckeln. Die Tür schwang auf. Herein trat Pierre – ein siegesgewisses Grinsen auf den Lippen. Ohne etwas zu sagen durchschritt er den Raum. Er sah sich um, als besäße er ein Recht dazu.
Pascal verschränkte die Arme vor der Brust. Es widerte ihn an, diesem Vampir Freundlichkeit entgegenzubringen.
„Was verschafft mir die Ehre deines Besuchs?“
Pierre strich mit dem rechten kleinen Finger erst die eine und dann die andere Augenbraue entlang. Er vermittelte einen derart überlegenen Eindruck, dass Pascal alle Mühe hatte, nicht sofort auf Angriff überzugehen.
„Ich wollte nur sehen, wie es unserer hübschen, kleinen Gefangenen heute geht. Nichts weiter.“ Pierre ging ins Schlafzimmer. Wie selbstverständlich sah er sich um. Nicht einmal vor der zerwühlten Bettwäsche machte er halt. Seine Hände griffen zielstrebig nach der Decke. Er riss sie an sich und roch an dem Stoff. Ein belustigter Zug umschmeichelte seine Mundwinkel.
„Und – hast du es ihr so richtig besorgt?“
Pascal ballte die Hände zu Fäusten. Die Art, wie Pierre herablassend über Isabella sprach, brachte ihn zur Weißglut. Niemand durfte so über sie reden!
„Mir ist entgangen, dass dich das etwas angeht.“
„Oh.“ Pierre zuckte mit den Schultern. Er warf die Decke lässig wieder zurück aufs Bett und musterte Pascal. „Es geht mich etwas an. Chantal hat sich schon so sehr auf ihr neues Spielzeug gefreut. Jetzt möchte sie nicht mehr darauf verzichten. Und du kannst dir sicher vorstellen, wie ungehalten sie wird, wenn sie nicht das bekommt, was sie will … Frauen!“ Er lachte auf und gab sich für einen kurzen Moment kumpelhaft. Dann verdunkelten sich seine Züge jedoch. „Also, tu uns allen einen Gefallen und gib mir dieses Flittchen zurück!“
„Auf keinen Fall.“
Pierre legte den Kopf schief.
„Hast du etwa noch nicht genug von der kleinen Schlampe? Willst du es noch eine Nacht mit ihr treiben?“ Er lachte kurz auf, bevor seine Augen gefährlich aufblitzten. „Wo ist sie? Im Badezimmer? Oder hast du sie eingeschlossen? Gefesselt und geknebelt“, sinnierte er. „Ja, das würde zu dir passen. Diese Fesselspielchen machen dich geil.“
Allmählich verwandelte sich Pascals Zorn in unbändige Wut. Aber er durfte ganz einfach nicht auf Pierres Provokationen eingehen. Er musste dem überlegen sein. Mit scheinbarer Gelassenheit beobachtete er, wie Pierre als nächstes das Badezimmer inspizierte. Als er Isabella auch dort nicht vorfand, ging er auf Pascal zu und packte ihn am Kragen.
„Sag schon! Wo ist sie?“
„In Sicherheit.“ Seine Gesichtszüge wirkten hart – wie in Stein gemeißelt.
Pierre schnaufte. „Hältst du mich zum Narren? Ich will sie wiederhaben!“
„Es ist mir egal, was du willst.“
„Muss ich erst deutlicher werden?“
In Pierres Augen schienen plötzlich Flammen zu lodern. Seine Gestalt wuchs dämonengleich in Höhe und Breite. In seiner Aura spiegelte sich nicht nur die gewöhnliche Dunkelheit eines Vampirs wider. Es lag eine Bedrohung darin, der Pascal nicht standhalten konnte.
Wo war die Macht geblieben, die er bei seinem Erwachen gespürt hatte? Seine Glieder gehorchten ihm nicht. Nicht ein winziger Funke seiner Kräfte stand ihm zur Verfügung. Wie schaffte Pierre es nur, dass er sich mit einem Mal derartig klein und unbedeutend vorkam? Hilflos ergab er sich dem festen Griff seines Kontrahenten. Er war nicht in der Lage, sich zu widersetzen.
„Also“, setzte Pierre an, „ich sagte, ich will sie wiederhaben. Hol sie! Bring sie zurück in den Club – oder ich werde dich beim nächsten Mal zerquetschen.“
Halb besinnungslos taumelte Pascal ein paar Schritte rückwärts. Er bemerkte, dass Pierre von ihm abgelassen hatte und den Raum verließ. Alles drehte sich um ihn. Die Wände drohten ihn zu
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