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Blutnebel

Blutnebel

Titel: Blutnebel Kostenlos Bücher Online Lesen
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Schnörkeln, um den Affront beinahe zu überdecken.
    »Mrs Pierson.« Eingedenk der Ermahnung seines Großvaters wahrte er einen freundlichen Tonfall. »Wie geht’s Ihrer Familie?«
    »Gut. Vielleicht interessiert es dich, dass Ira auch Schriftsteller ist. Ein richtiger Schriftsteller«, betonte sie. »Erst letzten Monat ist eine Kurzgeschichte von ihm in Country Home and Heart veröffentlicht worden.«
    Dev setzte ein unverbindliches Lächeln auf. »Da sind Sie sicher sehr stolz. Sagen Sie ihm einen schönen Gruß von mir.«
    Sie kniff fest die Lippen zusammen. »Ich habe leider alle Hände voll zu tun. Vielleicht kannst du ein andermal wiederkommen.«
    Da das Haus leer war und es nicht den Anschein hatte, als hätte die Frau etwas Anspruchsvolleres zu tun, als die Ausstellungsstücke abzustauben, wusste er, dass sie ihn loswerden wollte, und begriff einen kurzen Moment lang, wie sich Ramsey gefühlt haben musste, als Donnelle sie so ähnlich behandelt hatte.
    Unerschrocken blieb er stehen und sah sich im Raum um. »Ist schon recht, ich mache keine Umstände. Sagen Sie mir nur einfach, wo ich Informationen über den Stadtgründer finde, und schon sind Sie mich los.« Wenn sie ihre Lippen noch fester zusammenkniff, so sinnierte er insgeheim, würden sie komplett verschwinden.
    »Da kann ich dir leider nicht helfen.«
    »Okay.« Er ging auf den nächsten Raum zu. »Kümmern Sie sich gar nicht um mich. Ich arbeite mich einfach selbst durch.«
    »Ich kann nicht zulassen, dass du irgendwas anfasst«, fauchte sie und eilte hinter ihm her. »Die Richtlinien hier sind ziemlich streng. Besucher dürfen ohne Aufsicht nichts berühren.«
    Da blieb er stehen und wandte sich zu ihr um, während Ärger in ihm aufwallte. »Und was sagen die Richtlinien über ehrenamtliche Mitarbeiterinnen, die sich weigern, Stadtbewohnern zu helfen, wenn sie mit einem Anliegen hierherkommen?«
    Ihr Ton wurde hoheitsvoll. »Also, Devlin Stryker, diese Manieren hast du aber nicht von deiner Mama gelernt.«
    Die Anspielung war nicht zu überhören. »Nein, Ma’am, hab ich nicht. Ich muss sagen, dass ich im Lauf der Jahre nur sehr wenig von ihr gelernt habe.« Er bemühte sich nicht, seinen Verdruss zu verbergen. »Also, was jetzt die Informationen angeht …«
    Mit leisem Schnauben fegte Shirley an ihm vorbei und umhüllte ihn mit dem unverwechselbaren Duft von Chanel No. 5. Es war schwer zu sagen, wer von beiden über den Wortwechsel erboster war.
    Nachdem er zwei Stunden lang die winzigen handschriftlichen Eintragungen in den über hundert Jahre alten Aufzeichnungen studiert hatte, brannten ihm die Augen. Er hatte seine Brille nicht dabei, die er eigentlich zum Lesen brauchte, und nun fühlten sich seine Augen an, als hätte er die letzten Stunden in einem Sandsturm zugebracht.
    Mit einer Giftspritze im Rücken.
    Shirley war in den letzten Stunden nicht zuvorkommender geworden, doch sie hatte es schließlich aufgegeben, ihn zu überwachen, indem sie sich wieder ihren anderen Aufgaben zuwandte und ihn wenigstens zeitweise allein ließ. Er überflog lange Textpassagen, die bis ins kleinste Detail schilderten, wie das Alltagsleben in dieser Gegend vor hundert Jahren ausgesehen hatte. Wie man Kerzen und Seife herstellte. Wie man Tierhäute gerbte und Fleisch räucherte.
    Und es ging um Gebete. Seitenweise war die Rede von Gottesdiensten und »täglichen Andachten«, was auch immer das sein sollte.
    Dev lehnte sich zurück und konsultierte seine Notizen. Er hatte überlegt, ob er sein Diktiergerät benutzen sollte, doch da Shirley ständig um ihn herumschwirrte, hatte er sich lieber handschriftliche Notizen gemacht.
    Nach allem, was er bisher gelesen hatte, genoss Rufus Ashton bei den Verfassern der Chroniken einen fast gottgleichen Status. Angesichts dessen, dass jeder der betreffenden Verfasser ebenfalls den Namen Ashton getragen hatte, musste man aber wohl ein gewisses Maß an familiärer Voreingenommenheit einkalkulieren.
    Zu den erwähnten Errungenschaften des Mannes zählten die Gründung der ersten Kirche, des Steinbruchs, der ursprünglichen Bank der Stadt und des ersten Kramladens. Schon damals musste Ashton als eine Art Unternehmer gegolten haben. Dev fand allerdings keinerlei Hinweise auf den Herkunftsort des Mannes oder darüber, was ihn nach Buffalo Springs geführt hatte, doch er fand sein Todesdatum. Damit konnte er etwas anfangen.
    »Wir schließen samstags um Punkt drei Uhr«, erklärte Shirley hinter ihm streng. »Das sind noch

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