Blutnebel
schenk’s dir.«
Seltsam gerührt nahm sie das Buch von ihm entgegen. »Danke.« Selbst wenn sie freihatte, las sie meistens Fallstudien, Lehrbücher über Verfahrensweisen und True Crime, also alles in allem eigentlich nur eine Erweiterung ihres Jobs. Devs Buch würde eine willkommene Abwechslung darstellen. Vermutlich würde es ihr auch ein klareres Bild des Mannes vermitteln.
»Du willst weiter nichts als Ketchup auf deinen Burger?« Er griff nach einer Handvoll Chips und legte sie zu dem Berg von anderen Sachen auf seinem Teller.
»Warum den Geschmack zudecken?«, konterte sie. »Noch dazu mit irgendwelchem Zeug, das ich sowieso niemals anrühren würde.«
Belustigt musterte er sie über den Rand seines Weinglases hinweg und trank einen Schluck. »Deine Essgewohnheiten können sich mit denen einer Fünfjährigen messen«, sagte er, nachdem er das Glas abgesetzt hatte. »Wir werden etwas dagegen unternehmen …«
Ein Hämmern an der Hintertür unterbrach ihn. Er sah auf die Uhr. »Ich habe eine Überraschung für dich arrangiert, aber sie ist früher dran als erwartet.«
Sie? Ramseys Neugier war geweckt, während sich Dev erhob, um die Tür zu öffnen. Aus Neugier wurde Erstaunen, als sie Leanne Layton auf der hinteren Veranda stehen sah, die sich argwöhnisch umschaute.
»Ich hab sie in Tüten getan, um sie diskret rauszuschmuggeln. Aber du darfst sie selbst ins Haus tragen, weil sie tierisch schwer sind. Hi, Ramsey.« Leanne winkte ihr fröhlich zu. »Dann ist das erste Date neulich wohl gut gelaufen, was?«
»Ja, es war okay.« Sie stand auf, gesellte sich zu Leanne an der Tür und sah verwundert zu, wie Dev in den offenen Kofferraum von Leannes Auto fasste und zwei Einkaufstüten herausholte. Ramsey trat beiseite, damit er mit ihnen durch die Tür kam. Er schleppte sie ins Esszimmer und stellte sie geräuschvoll auf den Tisch, ehe er noch einmal hinausging.
»Was ist denn in den Tüten? Dev hat zwar von einer Überraschung gesprochen, aber er hat nicht gesagt, dass Sie sie vorbeibringen.«
»Tja, das ist typisch für ihn. Es hat ihm schon immer Spaß gemacht, die Leute vor vollendete Tatsachen zu stellen.« Und zu Dev sagte sie: »Jetzt fehlen nur noch die letzten zwei Tüten. Holst du sie und machst dann den Kofferraum zu?« Sie wandte sich wieder Ramsey zu. »Das sind natürlich die Jahrbücher. Aus dem Museum. Dev meinte, Sie hätten es ziemlich eilig damit, sie durchzusehen, und diese verkniffene Shirley Pierson war ihm überhaupt keine Hilfe, als er dort seine Recherchen anstellen wollte.« Sie lächelte, als ihr Dev die Schlüssel in die ausgestreckte Hand warf und mit den letzten beiden Tüten an ihr vorbeiging.
Ramsey begriff immer noch nichts. »Und die haben zugelassen, dass Sie die Sachen aus dem Museum einfach so ausleihen?«
Leanne lachte silberhell. »Nein, Dummerchen. Na ja, man könnte sagen, dass ich sie in Ihrem Namen ›ausgeliehen‹ habe. Ich bin ja so begeistert, dass ich Ihnen bei Ihren Ermittlungen helfen darf! Ich könnte platzen vor Aufregung!« Als wollte sie just das verhindern, schlang sie sich die Arme um den Oberkörper und machte einen kleinen Satz. »Das Museum hat heute nicht einmal offen. Ich hab einfach den Schlüssel genommen, den ich mir als Schülerin habe nachmachen lassen, und bin zum Hintereingang reingegangen.«
»Du hättest wenigstens warten sollen, bis es dunkel ist«, sagte Dev, der sich wieder zu ihnen in die Küche gesellt hatte. »Da ist die Gefahr geringer, dass dich jemand sieht.«
»Zufällig bin ich heute Abend ganz woanders, also ging das nicht. Aber ich war wirklich vorsichtig, und kein Mensch hat mich gesehen. Ich will sie morgen gleich in aller Herrgottsfrühe zurückbringen, also musst du dich gegen halb fünf hinter dem Museum mit mir treffen, Dev.«
Mit leidender Miene stimmte er zu. »Ich werde da sein.«
»Weiß Donnelle Bescheid?« Eigentlich kannte Ramsey die Antwort auf diese Frage bereits.
»Nein, und sie erfährt hoffentlich auch nie davon. Es wäre mir ganz schön unangenehm, wenn ich jetzt nach all den Jahren erklären müsste, woher ich den Schlüssel habe.«
»Leanne hat das Museum während der Highschool jahrelang als Treffpunkt zum Knutschen genutzt«, erklärte Dev grinsend. »Ich muss sagen, für manche der Typen, die sie dahin mitgenommen hat, war es wahrscheinlich das größte Bildungserlebnis aller Zeiten. Und zwar in mehrerlei Hinsicht.«
Leanne schienen die Enthüllungen nicht im Geringsten peinlich zu sein.
Weitere Kostenlose Bücher