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Blutnebel

Blutnebel

Titel: Blutnebel Kostenlos Bücher Online Lesen
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auf.
    »Ziehen Sie bitte mal die Laken beiseite?«
    Als der Beamte ihrem Wunsch entsprach, begann Ramsey die Lampe sorgfältig über jeden Quadratzentimeter des Spannbetttuchs zu führen. Sie wies auf jedes gefundene Haar hin, damit Matthews es mit der Spezialpinzette aufsammelte, in Seidenpapier wickelte und in eine Beweismitteltüte steckte. Bettdecke und Tagesdecke wurden ebenso behandelt. Doch nach vierzig Minuten stellte sie die Lampe aus und schob die Schutzbrille hoch. »Das Bettzeug kann eingepackt werden.« Wer auch immer Cassie Frost vergewaltigt hatte, er hatte es nicht auf diesem Bett getan.
    Als sie das Schlafzimmer verlassen wollte, stand Officer Dade in der Tür und grinste sie verlegen an. »Echt interessant, Ihnen beim Arbeiten zuzusehen. Wo sind Sie denn her, Miss Clark?«
    Sie lächelte höflich und machte Anstalten, an ihm vorbeizuwischen. »Mississippi.« Einen Moment lang erstarrte sie, entsetzt darüber, dass ihr die Wahrheit herausgerutscht war. Sie hatte das nie eingestanden, sondern sich nach Kräften darum bemüht, möglichst nicht mehr daran zu denken. »Ich war früher mal beim TBI. Aber seit ein paar Jahren lebe ich in Virginia.« Sie zwang sich zum Weitergehen.
    »Sie sind aus Mississippi? Mensch, ich bin auch aus Mississippi!«, dröhnten die begeisterten Worte des Officers hinter ihr her. »Ich bin aus Biloxi, dort geboren und aufgewachsen. Wo kommen Sie her?«
    »Cripolo.«
    Sie ging zum Sofa, machte die Speziallampe an, zog die Schutzbrille herunter und hoffte, er werde sich damit zufriedengeben. Doch der Mann kam ins Wohnzimmer geschlendert und stellte sich neben sie.
    »Cripolo? Das scheint ein richtig nettes Städtchen zu sein. Ich bin auf dem Weg zur Küste ein paarmal durchgefahren. Kommen Sie noch gelegentlich nach Mississippi?«
    »Eher nicht, nein.« Nie wieder, wenn es nach ihr ging.
    Matthews begann die Flächen in der Wohnung mit Pulver zu bestreuen, um Fingerabdrücke zu nehmen. Ramsey komplimentierte die Vermieterin auf den einzigen Stuhl im Raum und begann mit äußerster Sorgfalt die Speziallampe über das Sofa zu führen. Das Sofa war alt und abgenutzt und wies noch Flecken aus früheren Jahrzehnten auf. Als sie fertig war, wiederholte sie das Gleiche beim Teppich. Als Nächstes würden sie Fasern und Haare in Tüten stecken und dann sämtliche Räume abfotografieren.
    Doch sie hatte bereits jetzt das Gefühl, dass Cassie Frost nicht in ihrer Wohnung attackiert worden war.
    In dieser Nacht träumte sie von Mississippi. Die Erschöpfung hatte ihre Abwehrmechanismen geschwächt, die sie sonst stets in Alarmbereitschaft hielt, und die Bilder schlichen sich ein und verschmolzen Einzelheiten – manche beängstigend akkurat, andere merkwürdig verzerrt – zu einem nahtlosen Gewebe, wie es nur ein Traumzustand erzeugen kann.
    Ramsey wälzte sich ruhelos unter der Bettdecke. Irgendwo in diesem Zustand zwischen Dösen und den verlockenden Abgründen des Tiefschlafs kämpfte sie eine stumme Schlacht darum, aufzuwachen und den unbewussten mentalen Film anzuhalten, der in ihr ablief.
    Der Officer, den sie an diesem Tag kennengelernt hatte, kam darin vor. Sein Lächeln war breit und sympathisch. Sie sind aus Mississippi? Mensch, ich bin auch aus Mississippi! Doch dann wurde sein Gesicht an den Rändern unscharf und nahm eine andere Form an, während sein Mund Worte sprach, die von Personen geäußert worden waren, die er gar nicht kannte.
    Ich würde sagen, wir ficken sie jetzt. Was ist, wenn sie uns abhaut?
    Cripolo? Das scheint ein richtig nettes Städtchen zu sein.
    Der dunkle Wald, dessen finstere Schatten klafften wie ein Riesenmund, in dem die Bäume die Zähne darstellten, war von Sümpfen umgeben, in denen Alligatoren und Mokassinschlangen hausten. Ihr Körper erschauerte, als das Dilemma erneut in einer grauenhaft identischen Wiederholung ablief. Ein schrecklicher Tod lag vor ihr. Und ein entsetzliches Erlebnis hinter ihr.
    Verflucht, wo soll sie schon hin? In die Sümpfe? Es macht keinen Spaß, wenn sie nicht rennen können. Wir ficken sie später. Erst gehen wir jagen.
    Kommen Sie noch gelegentlich nach Mississippi?
    Ihre Hände mühten sich vergeblich, ihre Nacktheit zu bedecken. Und gegen die grausamen Finger anzukämpfen, die grapschten, zwickten und eindrangen.
    Lauf lieber los, du Fotze, es sei denn, du willst uns gleich einen blasen.
    Das Mädchen im Traum lief.
    Juu-huu!
    Das vertraute Echo hallte durch ihren Traum und jagte ihr kalte Schauer über den

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