Blutnebel
Lake. »Das hat Rollins auch gesagt. Aber es klingt ganz danach, als hätte Cassie weder mit Sanders noch mit ihrer Schwester viel zu tun gehabt, nachdem er ihre Hochzeit abgesagt hatte. Dummerweise haben wir ihr Mobiltelefon nicht, daher können wir uns nicht sicher sein. Aber es dürfte nicht mehr lange dauern, bis wir die Verbindungsliste dafür kriegen.«
»Ein, zwei Tage«, sagte Powell. Sie hatten die Daten am Vortag beantragt und keinerlei Schwierigkeiten dabei gehabt, die Unterschrift eines Richters zu erhalten. Powell knüllte das Einwickelpapier seines Sandwichs zusammen und warf es in den Abfalleimer. »Was gibt’s Neues über die Ergebnisse der Tests, die euer Mann in Arbeit hat?«
Ramsey kaute zu Ende, ehe sie antwortete, und schob ihr Pizzastück weiter aus Matthews’ Reichweite. Der gierige Blick in seinen Augen behagte ihr nicht. »Jonesy hat herausgefunden, dass die Substanz in ihrem Magen von einer Wurzel stammt. Viele Menschen experimentieren mit Pflanzenteilen, die einen irgendwie high machen. Aber was auch immer sie im Magen hatte, ist bei keiner der vorgenommenen toxikologischen Untersuchungen festgestellt worden, also wirkt es offensichtlich nicht als Rauschdroge.« Sie biss noch einmal von dem Pizzastück ab und kaute nachdenklich. »Es könnte sich lohnen, einheimische Heilkundler danach zu befragen. Als ich beim TBI war, habe ich massenhaft Geschichten über Leute gehört, die behauptet haben, alle möglichen Leiden und Gebrechen mit Kräutern und Pflanzen und dergleichen heilen zu können.«
»Im Obduktionsbericht war aber nicht die Rede von irgendwelchen Krankheitsanzeichen«, gab Matthews zu bedenken.
»Ach, die Leute stellen sich doch andauernd Eigendiagnosen und probieren Naturheilmittel gegen alles Mögliche aus, von Kopfschmerzen bis hin zu Menstruationsbeschwerden. Wenn wir eine Liste von den Dingen bekommen könnten, die die Leute hier in der Gegend bevorzugt nehmen, können wir Jonesy Proben besorgen, damit er sie mit dem Mageninhalt des Opfers vergleicht.« Ihr fiel noch etwas anderes ein, was der Wissenschaftler erwähnt hatte. »Er hat sich auch deutlicher als der Rechtsmediziner darüber geäußert, wann das Wurzelstück gegessen wurde. Es gibt keine Anzeichen dafür, dass sich bereits Magensäuren mit dem Wurzelteil vermengt hätten. Daher glaubt er, dass es erst kurz bevor sie erwürgt wurde gegessen wurde. Vielleicht nur wenige Minuten zuvor.«
»Was praktisch heißt, dass ihr Mörder es ihr gegeben haben muss.«
Ramsey aß ihr Pizzastück auf, wischte sich die Hände an einer Serviette ab und studierte die Wandanschläge, die als eine Art Fallakte fungierten. Ihre Ermittlungsergebnisse aus den letzten vierundzwanzig Stunden hatten dort allerdings noch keinen Eingang gefunden. In der Begeisterung darüber, neuen Anhaltspunkten nachgehen zu können, opferte man nur ungern die Zeit dafür, die relevanten Daten einzufügen, doch es musste gemacht werden, um ein vollständiges Bild zu erhalten.
»Die Leute zerreißen sich den Mund über diesen Selbstmord.« Matthews stand auf und streckte sich. »Labern Blödsinn über die Legende und Todesfälle im Dreierpack und so was.«
»Weiter ist es ja nichts«, erklärte Powell und erhob sich ebenfalls. »Der reine Aberglauben. Aber das macht es uns schwerer, von den Leuten hier in der Gegend Antworten zu kriegen.«
»Ich habe heute einen Crashkurs über die Legende bekommen.« Ramsey stand auf, entsorgte den Pizzakarton und wischte den Tisch mit einer unbenutzten Serviette. »Ich dachte mir, es kann nur hilfreich sein zu wissen, mit welcher Art von Aberglauben wir es zu tun haben.«
»Wer hat Ihnen den Crashkurs verabreicht? Stryker?«
Sie sah zu Matthews hinüber. Sein anzüglicher Blick missfiel ihr. »Er war dabei«, antwortete sie leichthin. »Eine Frau vom Historischen Museum hat uns beide im Eilverfahren über die lokalen Legenden informiert. Ich musste aber früher weg und zur Rechtsmedizin fahren, weil Sarah Frost gekommen war.«
»Ich hätte eigentlich angenommen, dass er Sie selbst darüber ins Bild setzen könnte«, sagte Matthews, nachdem Powell erklärt hatte, dass er nun schlafen ginge, und den Raum verlassen hatte. »Im weitesten Sinne hat er ja sogar etwas mit dem letzten sogenannten Roter-Nebel-Mord zu tun. Soweit ich gehört habe, musste Strykers Vater dafür ins Gefängnis …«
9. Kapitel
»Ihr Licht war an.«
Verlegen machte sich Ramsey bewusst, dass das kein besonders guter Vorwand war, um abends
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