Blutnebel
vorbeigekommen?«
Er musste trotz allem grinsen und war unkonventionell genug, um ihren Sarkasmus charmant zu finden. »So ungefähr.«
Sie schüttelte den Kopf und biss noch einmal ab. »Ich bin nicht der Typ, der sich mit Pizza und ein paar Küssen einseifen lässt, Stryker.«
»Einseifen zu was?«
»Mit dir zu schlafen.«
Er verschluckte sich an einem Stück Kruste. Die Frau sprach so direkt, wie man es in diesen Breiten selten erlebte. Und eigentlich war es völlig unbegreiflich, warum ihn das dermaßen reizte.
»Ich kann mich nicht erinnern, dass ich das gefragt hätte.« Er wartete einen Moment, ehe er weitersprach. »Aber wo du es schon erwähnst …«
Ramsey musterte ihn wissend. »Dein Ruf eilt dir voraus. Hier in der Gegend mag ja jede Frau zwischen neun und neunzig eine Schwäche für dich haben, aber ich bin nicht auf der Suche nach einer Affäre. Ich brauche die Ablenkung nicht.«
Sie mochte nicht auf eine Affäre aus sein, sinnierte er, während er sich ein weiteres Stück Pizza nahm, doch er hatte noch nie eine Frau gesehen, die dringender eine gebraucht hätte. Ob sie ihn wohl je nah genug an sich heranlassen würde? »Ich hab gehört, du warst heute bei Doc Theisen.«
Ihre Hand mit der Pizza stoppte auf halbem Weg zu ihrem Mund.
Ohne ihre Reaktion zu kommentieren, fuhr er fort: »Ich bin ihm gestern Abend im Half Moon über den Weg gelaufen. Er hat große Töne gespuckt und behauptet, dass er dich verführen und mit dir nach Borneo durchbrennen würde.«
Sie entspannte sich wieder und aß weiter. »Er hat mir ein paar Fragen beantwortet. Und er ist nett.«
»Unübertrefflich. Anwesende ausgeschlossen.«
»Natürlich«, sagte sie mit gespielter Höflichkeit.
Sie aßen in kameradschaftlichem Schweigen weiter, während er wünschte, er hätte etwas zu trinken mitgebracht. Jetzt, wo er nicht mehr draußen sein musste, wirkte der Regen heimelig. Die Tropfen prasselten ans Fenster, und über ihnen grollte immer noch bedrohlich der Donner.
»Zählt das dann als unser gemeinsames Abendessen?«
Er schüttelte bedauernd den Kopf. »Ich hätte mir denken können, dass du versuchst, bei unserem Date zu kneifen.«
»Ich kneife nicht. Ich stelle eine Frage.«
»Nein, das hier zählt nicht als Abendessen. Alles, was man nach neun Uhr abends zu sich nimmt, zählt als Snack. Für ein richtiges Abendessen müssen wir vor acht essen.«
»Das wusste ich nicht.«
»Nach unserem Gespräch neulich abends bin ich übrigens wirklich ins Grübeln gekommen.« Er griff nach dem dicken Umschlag, den er mitgebracht hatte, und reichte ihn ihr. »Ich war heute auf der Polizeiwache und habe mir eine Kopie des Polizeiberichts aus der Nacht, als mein Daddy verhaftet wurde, besorgt.«
Sie sah ihn mit ernster Miene an, und er ließ sich einen Moment lang von den goldenen Sprenkeln in ihren Augen ablenken. Sie passten zu den Strähnen in ihrem kurzen braunen Haar, die ja laut ihrer Aussage nicht vom Friseur stammten. »Hat mich zwei Stunden Wartezeit und zehn Dollar fünfundzwanzig für Kopien nach dem Gesetz über Informationsfreiheit gekostet.« Es hatte ihm auch ein paar seltsame Blicke vonseiten der diensthabenden Beamten und von Zelda Pike eingebracht, der Büroassistentin, die ihm die Kopien gemacht hatte. Es war sonnenklar, dass sein Ansinnen bei Zeldas allwöchentlichem Kaffeeklatsch am kommenden Samstagmorgen Stoff für Spekulationen bieten würde.
»Bis jetzt hat mich zwar noch nichts daran speziell angesprungen, aber nachdem du neulich all diese Fragen gestellt hast, dachte ich, dir könnte vielleicht etwas auffallen, was ich übersehen habe.« Allmählich begann ihm ihr Schweigen zuzusetzen. Wenn er sie doch nur gut genug kennen würde, um zu wissen, was sie dachte.
»Ich schau’s mir mal an. Aber ich muss zugeben, dass ich nicht einmal auf die Idee gekommen bin, Buffalo Springs könnte eine eigene Polizeitruppe haben.«
»Nur eine kleine. Jahr für Jahr ist die Rede davon, sie aufzulösen, um der Stadt Geld zu sparen. Da es ja auch eine Sheriffbehörde gibt, halten es manche Leute für Verschwendung.« Er war froh über den Themenwechsel. Es hatte etwas leicht Voyeuristisches an sich, die in trockenem Polizeijargon verfassten Seiten durchzulesen und zu wissen, dass es um seinen Vater ging. Er hatte weit mehr als erwartet darum ringen müssen, sich persönlich zurückzunehmen, um eine gewisse Objektivität zu wahren.
»Den Rest des Nachmittags habe ich im Gericht verbracht.«
»Wegen …?«, hakte
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