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Blutorangen

Blutorangen

Titel: Blutorangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noreen Ayres
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Getränk stieg mir in den Kopf und ich war glücklich, daß meine beiden Freunde bei mir waren. Ich schaute mir den gutaussehenden Raymond an und dachte, daß es nett wäre, mal wieder mit Polizisten Seite an Seite zu arbeiten. Manchmal wird man in der Gerichtsmedizin zum Rad in der Maschinerie, wie Gary Svoboda sagen würde.
    Einmal bat ich Joe L. Sanders um Rat. Ich sagte ihm, daß Raymond sagte, ich solle wieder in den Polizeidienst ein- treten. Er sagte: »Keiner kann dir raten, was zu tun ist. Aber wir würden nicht gerne auf dich verzichten.« Diese Aussage machte mich eine ganze Zeitlang froh. Orange County hat seinen Bedarf an weiblichen Polizisten gedeckt. Sie brauchen mich nicht. Okay, sie werden nicht von allen geliebt, aber wo werden wir das schon?
    Der Grund, warum ich keine Polizistin mehr bin, ist der, daß ich einmal in Berkeley angeschossen wurde. Es war meine Schuld, weil ich nicht aufgepaßt hatte. Die Frau zückte einen Minirevolver. So ein kleines Mistding, das man erst gar nicht sieht. Wir durchsuchten das Haus nach Rauschgift. Ich sah sie in einem Schlafzimmer. Sie kam heraus. Ich sagte ihr, daß sie sich auf den Boden legen und die Hände hinter dem Kopf verschränken sollte. Sie sah etwas dicklich aus, aber jung und ich dachte, sie sieht aus wie die Frau des Anführers. Ich war in Gedanken mehr bei ihm und seinem Freund im Vorzimmer, zwei kaputte, fleischige Typen mit dicken Bäuchen unter ihren T-Shirts. Ich drehte mich um, um etwas zu meinem Partner zu sagen und Paff. Sie schoß auf mich. Die eine Kugel ging direkt an meiner Taille vorbei. Eine andere traf mich in der Schulter und drang bis zu meinem fünften Wirbel ein. Sie sprang aus dem Fenster. Ich verfolgte sie, aber ich spürte, daß ich doch schwer verletzt war. Mein Rücken wurde taub. Ich setzte mich auf den Bürgersteig und dachte, daß ich mich kaum noch bewegen konnte.
    Mein Partner lief an mir vorbei und sie ließ die Waffe fallen, als er ihr mit einer 38er in den Oberschenkel schoß. Weiterhin behandelte er sie nicht sehr zaghaft.
    Später erfuhr ich, daß die Waffe der Frau eine Freedom-Arms-Boot-Pistole war, die kleinste, die je hergestellt wurde und so weit schießt wie eine 22er. Wenn man dann die Geschwindigkeit dazu rechnet — circa zweihundertsiebzig Meter pro Sekunde — bei einer Miniwaffe mit einem Griff, der so groß wie ein Vogelkopf ist, dann ist ihr die Pistole direkt aus der Hand gesprungen, sonst hätte sie wahrscheinlich nochmal auf mich geschossen.
    Später, als ich wieder arbeitete, versuchte ich, die Geschichte mit einem John-Wayne-Verhalten zu überwinden. Viele Polizisten machen das durch, wenn sie einen schlimmen Einsatz hatten. Man ist mit Verdächtigen besonders streng und meine Partner haben sich auch nicht daran gestört. Mein Vorgesetzter jedoch rief mich zur Ordnung. Mein Mann, Bill, sagte, daß ich darüber hinweg käme, daß ich den Verweis ignorieren und einfach tun sollte, was ich zu tun hatte. Er hatte recht. Mit der Zeit schwand aber meine John-Wayne-Einstellung. Aber es machte mir zu schaffen, daß ich so dumm gewesen war. Ich hätte einen Kollegen in Gefahr bringen können. Jemanden wie Raymond, jemanden wie Gary Svoboda, einen guten, ehrlichen Mann.
    Sechs Monate später starb Bill, und ich hatte keine Härte mehr in mir. Nicht diese Form von Härte jedenfalls. Ich will niemanden bevormunden. Ich will keine Gewalt anwenden. Man muß das manchmal, aber nicht ich.
    Und als ich dann Raymond sah, wie er sich durch die Menge drängte und die Getränke über seinen Kopf hielt, da dachte ich: >Toll, Raymond, daß du das getan hast, daß du uns wie ein Kellner die Getränke geholt hast. Es ist gut, daß du da bist, und daß du mich in die Polizeiarbeit miteinbeziehst und mir die Neuigkeiten von den Dugdales berichtest< Ich fühle mich immer überschwenglich, wenn ich trinke. Ich wollte noch mehr trinken, damit ich mich weiter warm und gut fühlen konnte, anstatt traurig und einsam. Dann sagte Raymond, »Rate mal, wer da ist?«
    »Nicht Joe Sanders.«
    »Dein Freund, Billy Katchaturian.«
    »Oh, Billy ist nicht so übel«, sagte ich. »Ich bin manchmal etwas kritisch. Er macht seinen Job schon gut.«
    »Du mußt betrunken sein«, sagte Raymond. »Trudy spricht gerade mit ihm. Sie sagt, du sollst mal zu ihr kommen, sie muß dir etwas sagen.«
    »Über den Fall Dwyer?«
    »Ich weiß nicht. Irgend etwas.«
    Es war ein Wunder, daß er überhaupt wußte, was er sagte, denn er hielt seinen Kopf schief,

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