Blutorangen
nur einen Raum streicht, nicht wahr?«
Phillip sagte etwas, das ich nicht verstand. Da Svoboda so schwer atmete, hörte ich den Rest fast auch nicht. Dann sagte er: »Ich sagte schon, daß ich Arbeit gefunden habe. Ich habe zwei Jobs.«
Svoboda sagte fast in mein Ohr: »Schuldig bis zum geht- nicht-mehr. Wenn er denkt, daß er hier in die Mangel genommen wird, dann soll er mal abwarten, bis ich mit ihm fertig bin. « Er schaute Patricia an, aber ihr Blick wich nicht von dem gutaussehenden Typ hinter der Scheibe.
Ich flüsterte: »Was ist los? Habt ihr die schon vorher mal festgenommen?«
»Er ist ein Lügner, ein doppelter Lügner. Er ist seit seinem fünften Schuljahr ein Krimineller. Ich hab’ ihm Unterschlupf bei Theo Lacey für ein Jahr besorgt. Ich hab’ ihn wegen zwei Überfällen festgenagelt. Bei einem zog er einer älteren Frau die Perücke vom Kopf und zog sie um den Laden an ihrem eigenen Haar, genau hier.« Er zeigte auf die Spitze seines Kragens. »Dann trat er sie. Sie fiel, brach sich die Hüfte und starb zwei Monate später. Der Staatsanwalt wollte aber gegen ihn keine Mordanklage erheben, weil das Arschloch schon wegen etwas anderem saß und seine Zeit noch nicht um war.« Sein Mund zuckte vor Verachtung, und dann legte er die Arme auf seine Beine.
Patricia sah jetzt zu mir herüber. Sie hatte vorher schon herübergeschaut, uns zugehört und dem zugehört, was sich vor uns abspielte, als ob sie etwas Neues über mich lernen würde. Ich fragte mich, wie ich ihr beibringen sollte, daß ich noch dieselbe war. Es passieren immer schlimme Dinge, nette Menschen räumen den Mist weg, und die meisten von uns führen ein normales Leben.
Während Svoboda sprach, hörten wir nicht, was im anderen Raum gesagt wurde, und dann sagte der kahlköpfige Detective: »Du kennst die Namen der Auftraggeber nicht und du weißt nicht, was für Jobs du hattest. Wie kannst du von uns erwarten, daß wir dich nett behandeln, wenn du uns verarschst, Phillip?«
Philip war eine Zeitlang still, dann sagte er: »Ich erinnere mich nicht.«
»Wo hast du die Jobs her?«
»Von einem schwarzen Brett.«
»Von einem schwarzen Brett, richtig. Wo ist das schwarze Brett?«
»Ich erinnere mich nicht.«
Roland Gene schlug sich auf die Schenkel und sagte: »Himmel nochmal, ich verhungere fast und ich habe Kopfschmerzen. Eßt ihr nie? Ich will, verdammt nochmal, einen Anwalt. Ich will den verdammten Richter sehen, wenn ihr uns noch länger hier festhaltet. Meinem Bruder tut der Rücken weh — das sagte er bereits — sein Rücken. Phil sitzt hier heldenhaft, und die Schmerzen kriechen seine Wirbelsäule hoch. Aber was kümmert euch das? Laßt uns verdammt nochmal raus oder locht uns ein. Seid fair, Kameraden.« Er ließ seinen Stuhl mit einem lauten Knall wieder nach vorne fallen und sah den Glatzkopf eindringlich an, dessen Gewicht auf seinen Unterarmen ruhte, während eine Hand über die andere strich und das Grinsen in seinem Gesicht wich.
Phillip sagte: »Ich habe seit längerem Alkoholprobleme.«
Der kahlköpfige Detective nickte gedankenverloren und wiederholte, was Phillip gesagt hatte, dann sagte er: »Du kotzt mich an, Phillip.«
Roland sagte wieder: »Ach, Scheiße. Der Mann hat es nicht leicht. Ich sagte doch schon, wir waren gestern nicht in Costa Mesa. Wir waren in L.A. und haben nach unserer Mutter gesehen. Der Verkehr war schlimm und wir haben sie nicht einmal gefunden. Und dann kommt ihr Jungs und macht uns das Leben schwer, nur so zum Spaß. Was ist überhaupt los mit euch? Habt ihr nicht genug zu tun?«
»Du hast nicht etwa ein Gewehr, Roland, oder?« sagte der Detective mit dem rosa Hemd.
»Arschloch.« Roland ließ seine Arme zwischen seine Beine fallen. »Warum bestellt ihr keine Pizza? Herrgott nochmal. Ich habe Schwierigkeiten mit meinen Blutzuckerwerten.«
Ich sah, wie der Mann im rosa Hemd, der immer noch stand, dem Detective mit der Glatze zunickte; dann ging er zum Ende des Tisches und spielte mit etwas in seiner Tasche. Er blieb stehen, als ob er über etwas nachdächte und sagte dann: »Pizza klingt gut. Ihr wart zwar nicht so kooperativ, wir ihr hättet sein können, aber für heute ist Schluß.«
Roland lachte laut auf. Man hätte denken können, er hätte gerade im Poker gewonnen. Er stand auf und machte eine Bewegung, als ob er einen Kamm aus seiner Hosentasche ziehen wollte, dann besann er sich, ließ seine Hände fallen und ging zum Spiegelfenster. Er blieb in der Ecke, wo ich saß, stehen
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