Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutorangen

Blutorangen

Titel: Blutorangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noreen Ayres
Vom Netzwerk:
von den Eukalyptusbäumen auf das mit Schindeln gedeckte Dach, und es formte das ganze Gelände vor dem Laden in ein großes Rechteck. Der Wind zerrte an den Baumschatten und der ganze dunkle Ausschnitt des Dwyer’s Kwik Stop bewegte sich wie ein bemaltes Tuch. Ich legte den Kopf zurück und machte die Augen zu.
    Einen Moment später hatte ich das Gefühl, daß jemand hinter mir sei, obschon mein Fenster einen Zentimeter offen war und ich jemanden, der herangegangen oder gefahren wäre, gehört hätte. Ich schaute in meinen Spiegel und dann nach links auf die Straße und sah einen Mann in einem Jeep, der kein Licht an hatte. War er schon dagewesen, als ich hineinfuhr? Der Mann nahm seine Hand hoch und trank aus einer Dose, aber der verschwommene Sulfatglanz der Straßenlichter verstärkte nur den verschleierten Glanz im Auto, so daß ich seine Gesichtszüge nicht sehen konnte. Die Dose glänzte ein bißchen, als er sie auf den Rücksitz warf.
    Ich blieb noch einen Moment zu ihm umgedreht sitzen, damit, wenn er mich sah, er auch wußte, daß ich ihn sah. Bald darauf ließ er den Motor an, machte das Licht an und fuhr die Einfahrt herunter und war weg. Ich schaute auf dem Ersatzreifen, der hinten am Wagen befestigt war, nach einem bockenden Pferd, konnte aber keins erkennen.
     

Am Montag erfuhr ich, daß der T-förmige Schraubenschlüssel, den Joe auf der Toilette gefunden hatte, untersucht worden und keine Ergebnisse gebracht hatte. Das heißt, sie hatten Fingerspuren gefunden, aber keine von Fingerspitzen, die einzigen, die wirklich wichtig sind. Ich fragte, ob sie auch von der Unterseite des Absperrbandes am Türschloß Abdrücke genommen hatten; eine neue Methode ermöglicht es gelegentlich, dort welche zu finden. Ja und nein — ja, sie hatten die Abdrücke genommen und nein, sie hatten nichts gefunden.
    Mein Vorgesetzter, Stu Hollings, machte diesen Job noch nicht lange und war ein zurückhaltender Typ, was auch heißen konnte, daß er nicht zu sehr eingespannt werden wollte. Er rief mich in sein Büro und gab mir Schreibkram, der sich auf eine Schießerei von Straßengangs bezog, deren Ermüdungen Bud Peterson leitete. Bud würde es toll finden, mich hin- und herzubeordern. Ich mußte mich um das korrekte Ausfüllen der Formulare kümmern, die Skizzen- und Fotoarbeiten koordinieren, die Ballistikberichte auswerten und eine Zusammenfassung schreiben: alles in allem dafür sorgen, daß alles reibungslos lief. Für die Journalisten war dieser Fall ein gefundenes Fressen, da die Opfer aus einer tapferen Familie kamen, deren Haus schon öfter Angriffspunkt gewesen war, nachdem derVater mehrmals sein Grundstück gegen die Angreifer verteidigt hatte. Diesmal war ein Junge im Unterbau eines Lastwagens, der neben dem Haus geparkt war, von einer Gewehrsalve aus einer Automatik getroffen worden, und der Mutter war ins s Bein geschossen worden, als sie Einkäufe ins Haus trug.
    Als ich die Straße zum Büro des Sheriffs überquerte, und ins Fotolabor kam, stand Billy Katchaturian neben einem Deputy und schaute sich Fotos eines anderen Verbrechens an. Ich wollte mit Billy nichts besprechen, aber ich wußte, daß ich diese Hürde nehmen mußte. Als ich hineinging, nahm er von mir überhaupt keine Notiz. Ich fragte mich, ob das gut oder schlecht war und entschied mich für gut. Er legte ein Foto von einer Frau auf den Tisch, die ein einstmals weißes Kleid trug. Sie sah aus, als ob sie schwanger wäre. Da ihr Kopf in einem komischen Winkel lag und bei der Menge Blut auf ihrem Kleid wußte ich, daß sie fast enthauptet dort lag. Wahrscheinlich hatte der Ehemann diese Tat begangen. Was Leute sich alles gegenseitig antun. Ich schaute mir ihren gewölbten Bauch an und fühlte mein Herz schwer werden.
    Billy sagte zu dem Deputy: »Die Hände.« Ich schaute auch hin und sah, daß beide rot waren wie verblühte Rosen an weißen Stielen. Er legte das Foto hin und nahm ein anderes hoch, daß vom gegenüberliegenden Blickwinkel aufgenommen worden war. Das dritte war eine Vergrößerung eines Handrückens auf weißem Hintergrund. Ich wußte, daß dieses Foto im Leichenschauhaus aufgenommen worden war, nachdem die Leichenstarre vorbei war, wegen des Papiers im Hintergrund. Die Hand war gespreizt, als ob man der Mutter einen Fingerabdruck machen wollte. Schwarzes Blut befand sich am Nagelrand und war in die Nagelhaut eingezogen. Die Nägel selbst waren lang, hatten eine perfekte Form und waren leuchtend Pink. »Sieh dir die Nägel an«,

Weitere Kostenlose Bücher