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Blutorangen

Blutorangen

Titel: Blutorangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noreen Ayres
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darüber nach und hatte Angst um sie, die ich aber nicht zeigen wollte. Es war ziemlich furchterregend. Einbrecher hinterlassen oft Spuren. Manchmal mitten im Bett, in der Küchenspüle, in der Unterwäsche. Wer kann schon die Menge an Haß messen, den es auf dieser Welt gibt? »Vielleicht stimmt etwas mit deinem Abfluß nicht«, bot ich an.
    »Du verstehst nicht«, sagte sie. »die Farbe ... die ... nein, es war kein, es war kein ... «
    Ich sagte: »Vielleicht ist es die Trockenheit. Vielleicht haben wir ein Wassermangelproblem und eine Talsperre ist ausgetrocknet oder so etwas.«
    »Ich glaube nicht, daß es das ist.«
    »Denkst du, es ist dieser Typ, mit dem du zusammen warst? Der, der dich eine Zeitlang nicht in Ruhe gelassen hat?«
    »Nein. Und ich habe auch kein Problem mit dem Abfluß. Die Toilette funktioniert einwandfrei. Die Geschirrspülmaschine auch. Alles ist in Ordnung.« Sie hörte sich etwas beleidigt an.
    »Gut«, sagte ich. »Das ist dann schon mal okay. Siehst du, das Leben ist doch nicht so schlecht. Und hast du irgend jemand Komisches in deiner Gegend herumhängen sehen? Fremde, meine ich?«
    Sie versicherte mir, daß sie das nicht hatte, und ich sagte ihr, sie solle sich doppelt vergewissern, daß sie alle Türen abschloß, wenn sie hinausging, auch wenn sie nur den Abfall wegbrachte. Dann machten wir langsam Witze darüber, so wie in der Schule. Ich bemerkte, daß ihre Stimme weicher wurde, wieder den entwaffnenden Melanie Griffith-Tonfall bekam. Dann sprachen wir darüber, Ende Februar zusammen Skifahren zu gehen, um die Zeit zwischen Weihnachten und Ostern zu verkürzen. Sie sagte, daß alle tollen Männer Ski fahren.
    Und dann, nachdem ich aufgelegt hatte, als ob ich auf diesen Moment immer gewartet hätte und es mir selbst nicht zugestehen wollte, nahm ich das Telefonbuch heraus und schlug »Tauchen« auf. So wie Tiefseetauchen. Ich hatte ein Telefonbuch von Los Angeles und eins von Orange County. Anzeigen verschiedener Firmen wiesen auf ihre Dienste hin, »Propellerentfernung«, »Unterwasserinspektion«, »Bergungen«, »technische Überprüfungen«. Ich schaute mir die anderen Rubriken an und dachte über die vielen einzigartigen und exotischen Jobs und auch über die gewöhnlichen nach. Darüber, wie ganz reale Menschen, die an unterschiedlichen Orten jeden Tag zur Arbeit gingen und über die Antworten unterschiedlicher Probleme nachdachten, wie, einen Graben auszuheben, oder automatische Geschirrspülmaschinen zu erfinden mit Riemen und Gängen und Pausen und dem Motor. Darüber zu brainstormen, wie man am besten 500 Pfund schwere Propeller befestigt und bewegt. Ich hatte vergessen, daß Schiffe Propeller hatten. Ich dachte, daß es schön wäre, einen Job zu haben, bei dem das Gegenüber leblos ist und auf einen wartet, emotionslos. In der langen Liste »Tauchen« suchte ich mir drei in San Pedro aus.
     
    Am nächsten Tag nahm ich mir den Nachmittag frei. Ich sagte, ich würde mich noch etwas schwach fühlen. Für gewöhnlich lüge ich nicht, aber ich habe vor langer Zeit gelernt, daß die Geschäftsleitung die Wahrheit nicht wissen will, weil sie dann wieder jemanden anlügen müssen und so weiter. Man sagt am besten, man sei krank.
    Auf dem Beifahrersitz meines Autos lag die Karte von Süd-Los Angeles mit dem Hafengebiet. Ich pappte ein gelbes Klebezettelchen mit meinen Notizen daran und fuhr von der 5 über die 22 auf die 405, auf die 705, auf den PCH, auf die 110 Süd und dann nach Gaffey. Hier war ich in Neuland. Ich brauchte Abwechselung. Patricia müßte jetzt bei mir sein. Ihr würden die Hafenarbeiter gefallen.
     

Die Vermittlung stellte mich zu Gary Svoboda durch. Ich stand mit offenem Fenster auf einer schrägen Nebenstraße in San Pedro, nicht weit von Gaffey entfernt. Über die Dächer von Lagerhäusern hinweg sah ich die Lastkräne an der Werft und noch dahinter Schiffe und Barkassen, die sich gegen einen zinnfarbenen Himmel abhoben. Gary war ziemlich fertig, denn er hatte noch vor zwei Stunden einen mutmaßlichen Juwelendieb auf dem Parkplatz der Westminster Mall gejagt. Seine Stimme war kräftig und gehetzt als er sprach, das Adrenalin tat noch seine Wirkung.
    »Was sind die letzten Neuigkeiten im Fall Dwyer?« fragte ich. »Hast du die Fotos dem Mexikaner bei El Cochino’s vorgelegt — Emilio - wie ist noch sein Nachname? Sandoval?«
    »Nein, habe ich nicht.«
    »Aber warum nicht, Gary? Ich dachte, du wärst ihnen auf der Spur, weil du sie für verdächtig

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