Blutorangen
mir ein Rätsel, und ich weiß gar nicht genau warum. Sogar Janetta im Büro des Gerichtsmediziners. Mein Trost sind Frauen wie Jeri Landsforth, die Anthropologin, und die Pathologin Dr. Schafer-White, eine Mutter, die ihrer Tochter am gleichen Tag Samtkleidchen anzieht, an dem sie mit einem Skalpell in Lebern genau unter den Rippen herumstochert, und das Thermometer hineinsticht, um den genauen Zeitpunkt des Todes festzustellen. Wenn ich an die beiden denke, dann denke ich, ich bin nicht alleine. Außerdem mögen mich Raymond und Joe so wie ich bin.
»Der Mörder brachte sie mit einem Schuß um«, sagte gtu, und führte seinen Daumen an die Stelle zwischen den Augenbrauen. »Westminster hat unsere Unterstützung angefordert. Sie wollen jemand, der sich auskennt. Das bist du. Genau genommen hat Joe Sanders von dort aus angerufen und nach dir verlangt.«
Wir waren an seinem Büro angekommen und gingen hinein.
Ich sagte: »Wenn Sie damit einverstanden sind, möchte ich gerne in Zukunft über meine nächsten Projekte mit Ihnen reden. Ich habe bisher alles außer DNA gemacht und Johnson hat das alles an sich gerissen. Ich möchte wirklich gerne auch etwas anderes machen; wissen Sie, ein paar Kurse besuchen. Über fleischfressende Insekten zum Beispiel. Es gibt da einen Kurs in Fullerton — «
Er hatte die Doughnuts auf den Tisch gestellt, hängte seine Jacke an seine Tür und schaute dabei aus der Tür, als ob er sehen wollte, wer sonst noch an der Arbeit war oder auch nicht. »Haben Sie ein Problem, Smokey? Haben Sie nur an Tatorten gearbeitet, seit Sie zurück sind?«
Er war vor einem Jahr aus Indianapolis zu uns gekommen. Stu war ungefähr so alt wie Joe und war ein großer, gewöhnlich aussehender Mann, der genaugenommen Reifen verkaufen könnte, oder Geschichte unterrichten, oder den Leuten bei Sears an der Rolltreppe Kühlschränke andrehen. Sein Kopf war eiförmig mit glänzender Stirn, und er trug dicke, runde Brillengläser. Er war okay, aber ich Wußte noch nicht, wo ich mit ihm dran war, hatte noch nicht herausgefunden, wer er war, ich wußte nur, daß er Abläufe gut überwachte. Er war jemand, der sich für seinen Job einsetzte. Das ist etwas, das ich mochte und gleichzeitig nicht mochte. Ich mag es, wenn Menschen ernsthaft bei der Sache sind und Regeln befolgen, aber trotzdem kreativ genug sind, um sie zu brechen. So bin ich: schwer zufriedenzustellen.
»Wenn Sie denken, daß ich ungeduldig bin, dann irren Sie sich.«
»Haben sie Probleme mit irgendwelchen Kollegen?«
»Nein.«
Als er mir diese Fragen stellte, zitterten seine Augen wie in einem Krampf. Das passiert bei einigen Leuten, wenn sie sich konzentrieren, als ob sie eine Seite von links nach rechts lesen wollen und es gelingt ihnen nie. Er ging hinter seinen Schreibtisch und sagte: »Bei dem Fall in Mission Viejo, mit dem Jungen in den Bergen, hat der Bulle das Hemd in der Sonne getrocknet«, Stu schüttelte seinen Kopf. »Können Sie sich das vorstellen? Auf einem Zweig in der Sonne.« Er schloß seinen Schreibtisch auf, fingerte an ein paar Unterlagen herum und riß ein Kalenderblatt ab. »Dann faltet der Idiot das Hemd direkt über den Löchern der Wunde. Wer bildet diese Leute eigentlich aus?« Er schaute mich fragend an.
»Eigentlich wird im Labor unter — «
»Wir haben viele Mediziner, die am Schreibtisch sitzen. Dieses Spektrum ist erschöpft. Die Abteilung für Alkoholkontrollen hat viel zu tun, aber ich brauche Sie woanders.«
»Bei allem Respekt, Stu. Ich kann nicht überall sein.«
Er sah mich forschend an. »Habe ich einen Fall vergessen, an dem Sie gerade arbeiten?«
»Ich helfe überall aus, und das ist gut so. Ich mag die Abwechslung.«
Er stand immer noch und las ein Papier auf seinem Tisch. Dann hob er den Kopf und sagte: »Ich dachte immer, daß jeder Außeneinsätze am liebsten hätte.«
»Ich mag Außeneinsätze.«
»Mögen Sie die Arbeitszeiten nicht? Mögen Sie lieber geregelte Arbeitszeiten? Macht Ihr Freund Probleme?«
»Stu, ich habe gesagt, daß ich Außeneinsätze mag.« Ich hasse es, wenn Leute darauf anspielten, daß persönliche Dinge das Berufsleben beeinflussen. Oder daß man als Frau nicht so interessiert sei wie Männer. Diese Unterhaltung trieb mich in die Enge. Tatsache war, daß mein Widerstand, nach Westminster zu fahren, gebrochen war, genau aus dem Grund, weil ich eine Frau war und Joe ein Mann. Das machte mich wütender als ich wollte, denn ohne diese Spannung hätte ich diese alberne
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