Blutorangen
Unterhaltung mit Stu Hollings nicht. Ich sagte: »Um diese Zeit müßte ich es in etwa dreißig Minuten schaffen.«
»Gut«, sagte Stu, machte das Band seiner Doughnutschachtel mit dem Fingernagel auf und hob den Deckel. »Möchten Sie einen?«
»Nein, danke.«
»Auf Diät, was?« Er lachte mich an und schaute dann wieder auf die Berge Zuckerguß und Schokolade. Sein Hemd spannte sich über seinem Bauch, seine Ärmel waren hochgerollt, weil seine Armgelenke zu dick waren.
Ich sagte: »Ich gebe Ihnen später mehr Informationen über den Kurs über fleischfressende Insekten, den ich erwähnte, okay? Können wir dann darüber sprechen?«
»Tun Sie das«, sagte er und legte eine Papierserviette für die Doughnuts auf seinen Tisch.
An meinem Tisch nahm ich meine Ausrüstung für die Spurensicherung mit und legte sie nach oben, damit ich alle Vorräte überprüfen konnte. Joe würde die meiste Arbeit schon getan haben. Das Blut wäre bis jetzt geronnen und wieder flüssig geworden, er würde gute Proben nehmen können, und er wußte, was er tat. Ich wußte nicht, warum er mich brauchte. Ich überprüfte meinen Vorrat an Filterpapier. Ich brauchte mehr Handschuhe. Der elastische Riemen meines Augenschutzes wurde locker. Ich mußte ihn irgendwann auswechseln. Tupfer, Spritzen, Beruhigungsmittel. Rasierklingen, Pinzetten, Salzlösung. Ein Gefäß, kleine Schläuche. Joe würde Trockeneis haben. Thermometer und Barometer. Tüten für Beweismaterial — viele davon. Klebeband, um Fingerabdrücke aufzunehmen.
Billy K. war wahrscheinlich da, aber ich sollte wohl auch einen Film für meine Kamera mitnehmen, einen, den ich im Kofferraum hatte und der mir in der Sommerhitze hoffentlich nicht geschmolzen war. Ich wühlte in meiner obersten Schublade herum und fand keine. Dann öffnete ich die große Schublade links, in die ich zuerst die Dwyer-Metallzwinge gelegt hatte, bevor ich zur Besinnung kam und sie zur Asservatenkammer gebracht hatte oder vielleicht war es auch gar nicht so gut, weil ich es nicht von Anfang an richtig gemacht hatte und es jetzt niemand mehr beachtete. Dort schaute ich jetzt nach und dachte daran, wieviel Zeit seit dem Fall Dwyer schon vergangen war. Ich dachte an die Dugdales und daran, was mit meiner verrückten Freundin Patricia passiert, die die Lage nicht mehr überblickte. Ich war wütend über mich selbst, weil ich zu lange mit meinen eigenen kleinen emotionalen Problemen mit Joe-Landon-Schätzchen-Sander beschäftigt war, während all das passierte.
»Ich sage dir, es ist Fliegendreck.«
»Es ist Farbe.«
»Nein.«
»Warum nicht?«
Ich sagte: »Was für ein Bild ergibt es hier? Was soll das sein? Keine Stachelbeeren.« Ich drückte mit einem Radiergummi in der Ecke, wo der Rahmen und das Fenster zusammenkamen, die Metalltür auf, die von der Küche in den Eßbereich führte. Wir hatten uns die Flecken an dem Fenster der Tür angesehen.
»Es waren Fliegen«, sagte ich.
»Was macht dich so sicher?« fragte Joe.
»Die Art, wie sie angeordnet sind.«
»Im Dezember gibt es keine Fliegen.«
Ich hielt inne, er lächelte ein wenig. Er testete mich wie früher, als ich noch ein Anfänger war, um zu sehen, wie sehr ich meinen Vermutungen traute.
Ich sagte: »Es ist mir egal, welche Jahreszeit wir haben, unter bestimmten Bedingungen gibt es Fliegen. Hier ...« Ich ging zurück. Er folgte mir nicht. Ich sagte, »Die Ränder. Komm und schau es dir an.«
Er bewegte sich nicht. Er hob die Augenbrauen und stützte beide Hände in die Hüften. Was hatte ich denn jetzt schon wieder falsch gemacht?
Endlich kam er herüber. Durch die Fenstertür konnte ich den Polizisten aus Westminster sehen, dessen Schultern einem die weitere Sicht nahmen. Die Beine und Füße einer Frau lagen ausgestreckt vor ihm auf dem Boden, wie kleine außerirdische Beine, die aus seiner Schulter wuchsen. Sie trug schwarze Mokassins und weder Strümpfe noch Strumpfhose. Die Beine hatten große Flecken, so, als ob sie geschlagen worden wären.
Ich sagte: »Wir sollten Abdrücke von den Beinen entnehmen.« Die geschwollenen Gelenke bedeuteten, daß das Fleisch fest war. Oft inspizieren Untersuchungsbeamte die Oberflächen nicht, wenn sie denken, daß man keine Abdrücke nehmen kann, oder sie wissen nicht, was wir mit unserer Technik anfangen können. Einmal haben wir ganz saubere Fingerabdrücke auf jedem Unterarm eines Opfers, das vergewaltigt und dann ermordet worden war, gefunden, nachdem es sich gerade nach dem Duschen
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